Ich verfasste ihm ein Schreiben, schickte dieses an die Stelle
wo vor Jahren wir uns trafen, am Fluss Lachlan irgendwo,
Schafen scherte er die Felle, so ich sandte ihm mein Schreiben
auf gut Glück an die Adresse: "Clancy, of The Overflow".
Antwort kam ganz unverzüglich, doch sie war nicht so vergnüglich,
(und ich glaub, sie war geschrieben mit dem Finger, voll mit Teer).
Sein Kollege sie mir schickte, ich zitiere ihn hier wörtlich:
"Clancy ging in Richtung Queensland, leider wissen wir nicht mehr."
Und fantastisch schöne Bilder tauchten auf in mir von Clancy
auf dem Trieb entlang dem "Cooper", wo die "Western"-Treiber gehn.
Clancys Herde ging gemächlich, singend ritt er hinter dieser,
denn ein Treiber, der hat Freuden, die die Städter nicht verstehn.
Und im Busch trifft er viel' Freunde, ihre Stimmen ihn begleiten
mit dem Rauschen von den Winden und des Wassers in dem Bach.
Und er sieht das Bild so glänzend, diese sonnenhellen Weiten,
und des nachts das ewig Leuchten aus dem fernen Sternendach.
Und ich sitz in meiner kleinen, tristen Praxis, wo ein dürftig,
schwaches Taglicht kämpft verzweifelt in der trüben Häuserflucht.
Und die Luft so staubig, stinkend, aus der Stadt so dunkel, düster,
durch das offne Fenster strömend zu mir leitet ihren Schmutz.
Anstatt Muhen von den Kühen hör ich höllisches Geratter
von den Bahnen und den Bussen auf den Straßen wie verrückt.
Und das ungebetne Schnattern, Kinderzanken und Geplapper,
dringt nur schwach durch alle Laute, von Getrampel unterdrückt.
Diese Unruhe erschreckt mich, blasse Städter mich bedrücken,
da sie dicht an dicht stets laufen, eilen rund in wilder Hast,
mit so ruhelosen Augen, ganz verkümmert und so schmächtig,
keine Zeit für sie zu wachsen, keine Zeit für eine Rast.
Ich dagegen würde tauschen, liebend gerne mit dem Clancy,
und für ihn die Kühe treiben, dort in diesem Nirgendwo,
während er dreht meine Runden zwischen Haupt- und Kassenbuch.
Doch ich glaub er würd' nicht tauschen, Clancy of The Overflow.
© Willi Grigor, 2015
Übersetzung aus dem Australischen:
"Clancy of The Overflow" von Andrew Barton "Banjo" Paterson (1864-1941)
Dieses Gedicht (publiziert 1895) basiert auf einer wahren Begebenheit. Paterson arbeitete in einer Anwaltskanzlei und jemand bat ihn, ein Schreiben an einen Mann namens Thomas Gerald Clancy zu schicken um ihn zu bewegen, eine Geldschuld zu begleichen. Banjo sandte den Brief "auf gut Glück" an die Schaffarm "The Overflow", 100 Kilometer südwestlich der Stadt Nyngan im australischen Bundesstaat New South Wales. Unerwartet schnell kam die kurze Antwort:
"Clancy's gone to Queensland droving and we don't know where he ar."
("Clancy ging in Richtung Queensland, leider wissen wir nicht mehr.")
Die Buchstaben sahen aus, als wurden sie mit einem in Teer getauchten Daumennagel geschrieben. Dieser Satz gab Banjo Paterson die Inspiration zu dem Gedicht. Er übernahm auch dessen Metrum (Versmaß).
Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Clancy of the Overflow