Und plötzlich dringt dieses Lied an dein Ohr:
ohne Vorwarnung, mitten in der Stadt
geheime Akkorde einer E-Gitarre
neben dem Marzipan-Café … wow!
Der Sound steigt dir zu Kopf
trägt dich wie auf einer Sänfte durch die Menge
Du kämpfst vergeblich dagegen an
schwebst wie auf Wolken
Der Nachmittag – ausgestreckt
zu deinen Füßen
Die Quarte, die Quinte
Moll runter, Dur rauf*
Halleluja –
O Lied, das niemals verklingen soll ...
Und dann siehst den, der dein Lied singt:
abgehackt, verfremdet, ohne Stimme
Du bleibst stehn
starrst wie gebannt auf seine Hände
zupfen die Saiten der Gitarre
die angespannten Sehnen
neben den Tatoos auf seinem Hals
Die Quarte, die Quinte
Moll runter, Dur rauf
Halleluja –
O Lied, das dich gefangen hält ...
Wirfst einen Blick in die Runde:
Gesichter ohne Hingabe –
dein verrücktes Herz öffnet sämtliche Pforten
Alles, was aus Liebe geschieht, darf geschehen
Du bist Eva, die um Kain trauert
bist erschlagen worden wie Abel
verteilst Flugblätter wie Sophie
treibst im Landwehrkanal wie ..., ach
Ein Baum spaziert durch die Straßen
eine weiße Wolke lässt sich neben dem
Alten auf der Bank vor dem Rathaus nieder
lauscht der Gitarre:
Die Quarte, die Quinte
Moll runter, Dur rauf
Halleluja –
O Lied, darin Feuer schwelt
Verdammt, ich möchte ihm den Mund verbieten
er soll gefälligst aufhören zu singen
schräge falsche Töne
mit denen er Sehnsucht erzeugt
Das macht mich fertig
an diesem heißen Tag
Kain hat mich erschlagen
Ein Sarg mit Rädern rollt vorüber
Der Baum der Erkenntnis, der Tod,
spaziert durch die Straßen
zwinkert mir zu
Jene weiße Wolke weint ...
Ich bete für Abel:
Die Quarte, die Quinte
Moll runter, Dur rauf
Stehe einfach nur da
und rühre mich nicht vom Fleck
Halleluja –
O Lied, das mich zu Grabe trägt
*"Die Quarte, die Quinte, Moll runter, Dur rauf" stammt aus einer Übersetzung des gleichnamigen Liedes von Leonard Cohen
Kommentare
Leben im Gedicht -
Es singt und spricht ...
LG Axel
Dank, Axel, dir, für deinen Kommentar.
Niemand wird dieses Lied je so gut singen können,
wie Leonard es gesungen hat.
LG Annelie
Annelie, wer kennt das nicht - eine Melodie aus längst vergangenen Zeiten taucht unvermutet auf, und man ist gerührt, weil sie Erinnerungen weckt ... nur schade, dass der Typ dein Lied misshandelt hat.
Liebe Grüße - Marie
Danke, liebe Marie. Du spielst Geige. - Ein paar Meter weiter stand ein Typ, der seine Geige gequält hat. Sonst spielt er nicht schlecht, eher gut, aber an jenem Tag hättest du das Weite gesucht. Möglicherweise war es auch ein anderer Geiger. Ich war damals dermaßen durch den Wind, dass ich nicht darauf geachtet habe.
Liebe Grüße zu dir,
Annelie
So mitreißend! Ein Wahnsinn ist Dein Gedicht. Führt mich geradewegs ins Halleluja! Ich liebe es. Höre die Musik, den ergreifenden Gesang. Bin gefangen in der Atemlosigkeit dieser Worte, Deiner Worte, liebe Annelie. Dies Gedicht ist wundervoll. Merci!
LG Monika
Ehrlich jetzt, liebe Moni? - Ich bin längst noch nicht zufrieden mit diesem Gedicht, freue mich aber selbstverständlich sehr, dass es dir jetzt schon so gut gefällt. Ich hoffe, deine Nube hat nicht genervt dazwischengejault, während du Leonards Gesang gelauscht hat oder kamen die Worte nebst musikalischer Begleitung aus deiner Seele?
Dein Lob hat mir jetzt echt diesen dank Ohropax stillen, öden, arbeitsreichen Tag verschönt, Moni, und dafür danke ich dir sehr.
Ganz liebe Grüße zu dir und Nube,
Annelie
Ja, liebe Annelie, es waren Deine Zeilen, die den zarten, wunderschönen Klang in mir wachgerufen haben. Also Seelengesang!
Dir wünschen wir noch einen stressfreien, angenehmen Tag,
Nube (momentan kränkelnd - Magen-Darmprobleme) & Monika
Arme Nube. Gute Besserung wünsche ich ihr - hoffentlich hat sie nicht diese versifften Eier gefressen.
Liebe Grüße,
Annelie
Lieben Dank, Annelie. Es war nur ein versiffter Teich mit Kanadagänsen. Sie wollte nur baden und trinken. Ich konnte das nicht verhindern. Aber alles wird gut. Wir waren bei der Tierärztin.
Dir noch einen schönen Abend,
Monika + Nube
Der Windhund ist robust und stark -
Er trotzt dem Schmuddel-Teich im Park!
(Wie immer hatte Krause recht:
Baden und Wasser - beides schlecht ...)
LG Axel
Krause ist ne kluge Frau,
sie kennt den Schmutzteich
ganz genau.
Ein Lob von Nube
Liebe Annelie, Dein Text ist sehr gefühlvoll… dieses Lied höre ich öfter auf der Straße, besonders berührt hat es mich aber in Paris vorm Montmartre. Leonard Cohn, der Vater von „hallelujah“ bleibt unvergesslich, doch die Version von dem früh verstorbenen ( † 05.1997) 31jährigen Jeff Buckley, geht mir noch mehr ans Herz…
Liebe Grüße in deinen Abend
Soléa
Danke, liebe Soléa, für deinen Kommentar. Diesen Jeff Buckley kenne ich gar nicht. Ich werde ihn morgen googeln. Heute bin ich vorerst geschafft vom vielen Schreiben und will nur noch - lesen.
Liebe Grüße und einen schönen Abend,
Annelie
Jeff Buckleys CD hat einen Ehrenplatz -
Für mich ist sie ein wahrer Schatz ...
LG Axel
Danke, lieber Axel - für deine bekräftigende Information. Sicher werde ich nachher feststellen, dass du Recht hast.
Liebe Grüße,
Annelie