Auf Chios wollte ich Urlaub machen,
faulenzen, flirten, tanzen, lachen.
Nun steh’ ich bedrückt vor dem Maschendrahtzaun
und traue mich kaum, hindurchzuschau’n ...
Hilflos fühle ich mich, allein
und denke, das kann doch wohl nicht sein,
sind wir nicht das christliche Abendland
für unsere Nächstenliebe bekannt?
Mit Zuversicht kamen sie übers Meer.
Der Weg war lebensgefährlich schwer.
Sie sind auf der Flucht vor Terror und Krieg,
ihr Land ist zerstört, keine Hoffnung auf Sieg.
Sie kommen mit Kindern an der Hand,
auf der Suche nach einem sicheren Land.
Da wollen sie arbeiten, um zu leben,
und um dem Nachwuchs Zukunft zu geben.
Freiheit und Frieden suchen sie dort
und Brüderlichkeit an jenem Ort.
Menschen sind sie wie ich und du.
Sie wollen wie wir oft nur ihre Ruh’.
Jetzt sind sie auf dieser Insel gelandet
und sitzen dort fest. Sie sind gestrandet.
Eingeschlossen vom Maschendrahtzaun
scheint erst einmal beendet ihr Traum.
Man sieht sie beieinander steh’n
gebeugt auf ihre Smartphones seh’n.
Sie trauern um verlorenes Glück
und sehnen sich in die Heimat zurück.
Zu viele Menschen jung und alt
auf kleinstem Raum nun zusammengeballt.
In der Enge regt sich Zank und Streit,
denn nicht alle sind zu teilen bereit.
Sie haben zu essen, doch wenig zu tun.
Was soll aus uns werden, das fühlen sie nun.
Aus dem Frust entwickelt sich Hass und Wut,
das tut dem nötigen Frieden nicht gut.
Die Geflüchteten haben wenig Glück,
sie sind ein Spielball der Politik.
Auf der Insel sind sie nicht aufgehoben,
werden bald zu Herrn Erdogan abgeschoben.
Den Menschen dort geht es wirklich schlecht,
das Abkommen wird ihnen nicht gerecht.
Auch uns hilft der Deal mit den Türken nicht viel.
Da ist so viel Scheinheiligkeit im Spiel ...
Zukünftig muss ich mich viel mehr trauen,
und endlich aufhören, wegzuschauen.