„Sitte“ – Themen-Gedanken der „Künstlergruppe 14 Zoll“ im Januar 2021

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von Heide Nöchel (noé)

SITTE bitte!
(Axel C. Englert)

Zu „Sitte“ (m)ein Gedicht?
WER kennt den(n) Sitte – nicht?
War Architekt, in Wien:
„Stadtplaner“ hieß man ihn.

(Ja: „Camillo“ – ohne
„Don“, „und“(,) den „Peppone“ …)
[Plural wär wohl „SITTEN“?
„SION“ – unbestritten …]

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Anstandslos
(noé)

Wer „Sitte“ hört, denkt: „POLIZEI!! …
(bin Gott-sei-Dank nicht selbst betroffen …
war zwar bei manchem schon dabei ;o))) …
und gelte auch als ziemlich offen …,
hab aber nie ,dazugehört’ …,
auch deshalb wurd’ ich nie gestört …)“

Ehemals gab es Zeiten, da –
als die „Moral“ noch Pate stand –
gab „Sitte“ mit „Anstand“ ein Paar …
in einem anderen Zeiten-Land.
Doch das gilt heute als „verklemmt“,
weil man „Moral“ so kaum noch kennt.

Bis in die höchsten Ränge gilt,
es kommt nur vorwärts, wer was wagt,
„moralisch handeln“ hat verspielt,
„Anstand“ ist nicht mehr viel gefragt.
Weshalb wohl hinten runterfällt,
was man zur „Sitte“ einst gezählt.

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Das Sitten-Los
(Alf Glocker)

Die Sitte ist ein Mantel über
Allem, was das Tier so Macht –
Als Regelwerk streng angedacht,
So, daß jeder liebe Schieber
Sich bescheide in der Nacht
Und am Tag nichts Schlimmes dämmert.
Macher ist dabei behämmert!

Engelschor:
Lass los, lass los, du bist es wohl,
Gemein, sadistisch und frivol –
Doch merken darf man es halt nicht …
Führ die andern hinters Licht!

Die Sitte ist auch oft pervers,
Indem sie Bräuche praktiziert,
Bei denen man das Recht verliert,
Durch manchen heil’gen Vers,
Der Tölpel in der Seele rührt,
Für die der ganze Mist erfunden –
Die Menschenwürde ist verschwunden!

Engelschor:
Lass los, lass los, du bist so klein.
Ein Mensch soll ständig offen sein,
Für wahre Werte, die er schuf …
Mach dir das Denken zum Beruf!

Wer sittenlos ist, braucht ein Wissen,
Das ihn aus freiem Herzen lenkt –
Dadurch wird vieles eingerenkt
Und weniges wird man vermissen,
Wo reiner Wein uns eingeschenkt,
Denn eine Seele, die sich kennt …
Scheint nie vom wahren Sein getrennt!

Engelschor:
Greif zu, greif zu, die Welt ist groß,
Sie liebt vom Scheitel bis zum Schoß,
Und wenn du sie nicht voll genießt …
Erliegst du der gemeinen List!

Ja, ein Korsett, für Traum und Wille,
Erstrebt der Philosoph nicht gern –
Denn alles Böse liegt ihm fern,
Und er begreift in aller Stille:
Dies hier ist ein vertrackter Stern,
Der jeden plagt, wenn er nichts kann …
Verschieb nur nichts aufs Irgendwann!

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Der Rezitator
(Ralf Risse)

Er wohnte bei Cindy,
fraß Hirse und tschilpte.
Er hörte, er lernte,
bis er schließlich silbte ...
Der Sittich

Sie sprach mit den Männern ...
Mal lauter, mal leiser.
Er wiegte im Käfig
den Kopf immer weiser.
Der Sittich.

Die Worte sortieren,
in Spreu und in Weizen
und beim Rezitieren
mit Anstand nicht geizen:
der Sittlich.

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Die hübsche Schwester
(Ralf Risse)

Als guter Geist vom alten Schlage
beflügelst du den blinden Flug.
Dem Chaos malst du einen Zaun,
der just verschwindet Zug um Zug.

Fährst dem Gewissen durch die Haare,
bis Glatze du polieren musst ...
Im Allgemeinen schwellt besonders
schön der Zeitgeist dir die Brust.

Was du hier als üblich stempelst,
muss im Dort nicht stimmig sein ...
Auch die Mode fordert Opfer,
Dekadenz stützt Augenschein.

Grad für Schichten gelten Regeln,
jedem Stand sein eignes Schicklich.
Im Korsett der ersten Klasse
schwimmen Egos überbrücklich.

Wo Instinkte Triebe leben,
dem Erhalt der Art zu schulden,
wird man dir das Ohr verwehren.
Deine Existenz nicht dulden.

Du bist menschlich,
wandelbar.

Die hübsche Schwester der Moral.

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Die Sitten der Zukunft
(Angélique Duvier)

Statt Sand wird uns Schönheit
in die Augen gestreut,
niemand hat nichts bereut.
Sitte, Anstand und Moral
sind uns sicher bald egal.
Die Wolken der Vergangenheit
verschwinden in Vergessenheit.
Es kommen andere Tage,
glaube mir, wenn ich es sage,
und fällt es dir auch noch so schwer,
das Wort Sitte gibt es bald nicht mehr.

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Sittsam
(Sigrid Hartmann)

Sittsam saß das Fräulein Krause,
denn es war aus gutem Hause,
auf dem Stuhl, gesenkt der Blick –
man verhandelte ihr Glück.

Das Gespräch führt der Papa,
stumm dabei saß die Mama,
reicht Gebäck zum Tässchen Tee,
dem Herrn Bräutigam in spe,

der vom Alter zu IHR passt –
wie sie diese Sitte hasst,
nach der Geld und guter Stand
die Liebe aus der Eh verbannt!

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Die streitenden Ritter
(Corinna Herntier)

Zwei Ritter, die sich nicht gelitten,
die stritten sich dereinst inmitten
des Hofstaats – was war'n das für Sitten?!
Da half nicht Flehen und nicht Bitten
von unbeteiligt stehenden Dritten.
Das Brüllen der Ritter, wie Gewittern,
ließ Wände und das Volk erzittern!
Da kamen Knappen frech geritten
auf Ritters Rappen, was umstritten.
Sie ließen, auf den lauten Rittern,
ein jeder eine Axt zersplittern!
Das half! Seitdem, wer weiß das nicht (?)
man heut noch von der Streitaxt spricht!

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Das Copyright zu obigen Texten liegt beim jeweiligen Gruppenmitglied;
die Veröffentlichung hier als Gruppengedicht erfolgt mit dem Einverständnis des Autors/der Autorin.

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