Über den Kamm

Bild zeigt Alf Glocker
von Alf Glocker

Schau nach links und schau nach rechts,
du siehst nur Opfer des Gefechts!
Da liegen stapelweise Leichen,
die bei Nacht durch Träume schleichen
und dich selbst zum Tod erschrecken …
Da helfen keine warmen Decken,
da hilft kein körperwarmes Wesen –
denn wenn wir morgens Zeitung lesen,
dann bricht gleich alles wieder auf:
Umsonst erscheint der Lebenslauf,
der uns bizarre Pfade zeigt,
worin das Glück sich so verzweigt,
daß man nicht davon sprechen kann …
daß man als Mensch, mal irgendwann
erkennt: „Da vorne könnte Zukunft sein.“
Im Gegenteil – man steht allein
und denkt – auf weiter Flur –
„Ich bin ein Schandfleck der Natur“,
weil man mich hasst, verleumdet, stresst,
weil niemand ab vom Wahnsinn lässt,
der drohend und verdammt „normal“ der Welt,
so wie er ist sehr gut gefällt,
daß dies schon fast als Lehrsatz gilt:
Präsentier dich, Mensch, nackt, ohne Schild,
sofern du noch zum Guten taugst!
Wenn du dir nicht aus Fingern saugst
was absolut verlogen glänzt,
Vernunft und Wahrheit stets verschwänzt,
dann bist du überflüssig wie ein Kropf.
Drum neige deinen Stolz, den Kopf,
vor allem, was dich sehr betrübt –
und wenn man deinen Abgang übt,
durch täglich stures Exerzieren,
dann lerne alles zu verlieren,
was je gezählt hat und was nützt,
was Staat und Rechte pflegt und stützt …
dann geh und schweige wie ein Lamm!
So schert man alles über einen Kamm!

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