Dem Dämon verschrieben - Page 2

Bild von Tilly Boesche-Zacharow
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singe,
die raunt ein Geist mir zu,
wenn ich zur Höh' mich schwinge.
Sie sind mein zweites Du.

Sie finden nie ein Ende,
sie fallen nie herab .
Wenn ich schon selbst Legende,
sie sinken in kein Grab.

13.
Weil sie nicht denken wollen,
drum lästern sie voll Wut,
dass nur die Gnadenvollen
verspüren in sich Glut.

Nie konnten sie verstehen,
dass er daneben trat.
Er sollt' mit ihnen gehen
längst ausgetret 'nen Pfad

Doch es zog ihn zur Seite,
brach den Gemeinschaftsbann.
Es lockte stets die Weite,
wo ihm das Licht begann ..

So zogen erst die Götter,
drauf Teufel ihn zum Reih'n ...
Dann labten ihn im Wetter
die Musen reich mit Wein.

14.
Er hört die Geiferzungen,
die es ihm nie verzieh' n,
dass er, yom Licht durchdrungen,
ihr Dunkel wollte fliehn.

Er spürt ihr böses Höhnen,
mit dem sie nach ihm sehn,
und daß sie ihren Söhnen
verbieten, mitzugehn.

Doch kommen die in Scharen,
es zwingt sein bloßes Sein.
Er hat es oft erfahren
voll Freud, manchmal voll Pein.

Sein Wort ist ihnen teuer,
wohl, weil sie' s nicht verstehn.
Und täglich ist's ein Neuer,
den er kann lauschend sehn ...

15.
Er achtet nicht der Welten
mit ihrem Sein und Schein.
Was kann ihr Reichtum gelten
gen einen Dichterreim?

Wie mußt' ein Nero ringen
und bracht' doch nicht zustand
ein Lied von sich zu singen,
eh Rom in Flammen stand ..

Sein Vorbild ist gewesen,
kaum, dass sein Sinn erwacht,
Villon, von dem zu lesen
ihn heut noch süchtig macht.

Gäb es den Seelenwandel,
er wäre drauf und dran,
vom Tod in einem Handel
dess` Seele zu empfahn.

16.
Es wird von selbst nie regen
sich Gottes Hand dir zu,
du mußt allein bewegen
dich ohne Rast und Ruh.

Es wird zwar jedes Leben
gelenkt von Gottes Kraft.
Doch erst des Menschen Streben
hat sich ein Ziel geschafft ...

Jedwedes Sein und Wollen
erhält man nur bedingt.
Man muß sich selbst verzollen,
dass frei der Geist sich ringt.

War es ein großer Frevel,
wenn dann der Sieg gelang
und durch den Bund mit Schwefel
der Wehen Ruhm man zwang?

17.
Den Mantel umgeschlagen,
der mir die Macht verleiht
zu zwingen und zu sagen:
Ich bin zum Dienst bereit!

Es lockt der Reiz der Ferne,
es zieht mich weit hinaus.
Ich höre, sehe, lerne
und lach dann alle aus.

Ich acht' kein Band der Rechte,
ich fühle kein Begehr.
Die andern sind nur Knechte,
ich bin mein freier Herr!

Ich schöpfe aus den Tiefen,
die in mir Zeit sich schuf.
Derweil die andem schliefen,
hör ich den geist' gen Ruf.

18.
In meinem Auge blinket
des Satans Urgestalt.
Wer aus dem Becher trinket,
erhält Dämons Gewalt.

Er darf die FesseIn sprengen,
die man Gesellschaft nennt,
darf sie zu Asche sengen,
bis er den Weg erkennt.

Den Weg zum ew´gen Leben,
zu Ruhm, Unsterblichkeit,
bis er sich ohne beben
dem Todesbräutchen weiht.

Und stürb´ ich im Palaste,
am grauen Straßenrain,
im Tod mich noch erfaßte
der Rausch - ein Dichter sein!

19.
Oh, eingesargte Mythe -
tief in ihm zerflossen.
Du trägst die schönste Blüte,
eh du dich ganz erschlossen.

Der Menschheit ganzes Wissen,
ihr Wille, Wunsch und Geist
hat sein Gefühl zerrissen,
Gefühl - das Liebe heißt.

lst er der Welt verloren,
die höhnisch nach ihm zeigt?
Er wurd aus Geist geboren,
der sich ihm gnädig neigt.

Es zeigt sich jüngst ein Wesen -
es küßte ihn im Traum -
"Mein Gott, an dem genesen!?"
das fasst er selbst noch kaum.

20.
Oh Sehnsucht, dich zu lassen,
wenngleich die Erde springt.
Ich kann es noch nicht fassen:
in mir die Sehnsucht singt.

Du bist das Beste, das mir ist
nunmehr von Gott verliehn,
wenn auch Vergänglichkeit zerfrißt
die Blumen, die da blühn.

So kämpf ich ringend um dich.
Mir ist, ich soll vergehn!
Oh, armes Leben brich -
Nur Sehnsucht bleib bestehn.

Oh Traum, ich will dir danken
für jene kurze Stund,
als Wirklichkeiten sanken
und du mir küsst' den Mund.

21.
Was war es, was er fühlte,
nach all dem losen Sang,
was ihm das Herz durchspülte
und ihn mit Macht bezwang?

Er dachte an die Träume,
die er bisher gehabt.
Sie waren leere Räume,
durch die er rastlos trabt.

Doch was ihn nun bezwungen
mit so viel süßem Charme,
davon ward er durchdrungen,
das macht das Herz ihm warm.

Das Herz, das so gefroren
trotz aller Kunst und Geist,
dem er sich einst verschworen,
wodurch er Dichter heißt.

22.
Heb auf mit starken Schwingen
den, der voll Sehnsucht ist,
dess´ Herz ein ewig Klingen,
dess´ Lied man nie verigißt.

Laß ihn vom Weine trinken
und schenk ihm Trunkenheit.
Laß ihn ins Lichtmeer sinken,
dass er von Pein befreit.

Dann wird die Seele ringen
im Schrei der großen Macht,
bis er sein Lied darf singen,
das Weltschmerz überdacht.

Oh, großer Geist der Sehnsucht,
du weißt, was Schwermut ist.
Nicht immer hilft noch Flucht,
bis man die Welt vergißt.

23.
0h Sehnsucht, alle Kronen
schenk deinem armen Knecht,
um ihn einst zu belohnen.
Er kämpft ja für dein Recht.

Er wollte dich bezwingen,
bis du dich huldvoll neigst.
Er will dir Lieder singen,
bis du ihm Dank bezeugst.

0h Sehnsucht, deine Strahlen,
wind' sie ihm um das Haupt.
Er litt um dich viel Qualen
und hat an dich geglaubt.

Er achtet keine Töne,
er beuget nie das Knie;
verlockten selbst ihn Thröne -
er dient Frau Fantasie.

24.
Es wand einst ihre Blüten
die Kunst mir für das Haupt.
Es mocht die Welt auch wüten,
sie hat an mich geglaubt.

Durch ihre herbe Liebe
wurd mir ein neuer Wahn,
auf dass des Lebens Trübe
mir nicht die Träume nahm.

Ich seh am Ziel sie winken,
wenn siegreich ich ihm nah.
Das Dichten und das Trinken
sind - Kunst - nur für dich da.

Dann wird der Dämon lieben,
wie

Veröffentlicht / Quelle: 
erstellt und herausgegeben 2006; Mathilde u. Norbert Boesche Verlag Berlin - Haifa Bindung: Moshe Trubnik

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