Dem Dämon verschrieben - Page 4

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von Tilly Boesche-Zacharow

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sein Herr.

Du bist die erste Seele,
die ich mir hab verschafft,
damit ich' s nicht verhehle,
dass mir durch dich wird Kraft.

37.
Ich bin als Mensch geboren,
wie alle andern sind,
nur hab ich mich verschworen
der Freiheit und dem Wind.

Ich bin ein Mensch geworden,
und viel hätt nicht gefehlt,
dass Rauben ich und Morden
zum Handwerk mir gewählt.

Drum lobe ich die Götter,
die in mir sich erbaut
ein Heiligtum als Retter:
sie haben mir vertraut.

So bin ich in den Horden,
die man hier Menschheit nennt,
ein Narrenfürst geworden,
der an sich selbst verbrennt.

38.
Ich kann nicht lange werben,
mein Kind, ich sagt' s vorhin.
Müßt ich selbst darum sterben,
ich nähm 's gelassen hin

Laß doch das lange Zaudern.
Wie nüchtern wir doch sind.
Die Zeiten, da wir plaudern,
die kommen noch, mein Kind.

Sieh diese hohe Eiche,
sieh an das Sternenmeer.
Sag nicht: "Oh Teufe, weiche!"
Ich käm nie wieder her.

Ach Kind, aus meinen Küssen
schöpfst du der Welten Sein.
Du wirst erst alles wissen,
wenn du geworden mein.

39.
Ich werde dich zerschmettern,
weil du zu trotzen wagst.
Nicht mit dem Fluch von Göttern,
mit dem du leben magst.

Nicht mit des Satans Ränken,
sie sind dir keine Pein.
Nein, nur mit bloßem Denken:
es könnte anders sein!

Du schienst mir zu verfallen
in dem, was kommen wird;
doch hab ich mich in allem
und dir gar sehr geirrt.

Es schien dein ganzes Wesen
sich meinem Ich zu weihn.
Doch du steckst voll von Thesen
und mußt dich erst befrein.

40.
Sagt., kennt ihr nur dies Leben,
das ihr voll Ruhe führt?
Wie wollt ihr vorwärts streben,
wenn ihr euch niemals rührt?

Ich will euch leben lehren,
mein Geist ist ausgereift.
Davon kann ich schon zehren,
bis mich das Dunkel streift.

Ihr müßt den Wein bloß trinken,
den ich euch hiermit bot.
Ihr werdet erst versinken,
doch dann zwingt ihr den Tod.

Ihr wollt kein Opfer bringen?
Wie arm ist euer Mut.
Ich kann euch ja nicht zwingen.
Doch glaubt, ihr tut nicht gut!

41.
Ich hab noch nie gefunden
ein Wesen, das mir gleicht.
Könnt´s sein in diesen Stunden,
dass Gleiches mich erreicht?

Ich war so groß alleine,
und niemand reicht gleich mir
zum hohen Himmelsschreine
dank Geistes Pracht und Zier.

Doch jetzt fühl ich zur Lende
den winzig kleinen Tor ...
Ich reich ihm meine Hände
und hebe ihn empor.

Ich bin allein gewesen -
doch nun denk ich' s mir schön,
mit einem zweiten Wesen
vereint so hoch zu stehn.

42.
Ich zeig dir nun die Weiten ...
doch schauen mußt du selbst .
Vom Geiste laß dich leiten,
dem du dich unterstellst.

Ich bin das Abbild dessen,
dem du dich heut gelobt,
Von dem Dämon besessen,
der deine Brust durchtobt.

Zerfetzend wird die Seele
vom Brande angefacht,
dass sie sich ihm vermähle
in einer wilden Nacht.

Weshalb soll denn im Leben
der Leib entscheidend sein?
Die Seele hinzugeben,
erfüllt viel mehr mit Schein.

43.
Du Geber aller Gaben,
die ich für kostbar hah,
würd dich mit Weinen laben,
gewännst du nur Gestalt.

Würd meine Hände füllen
und dir zur Seite gehen
mit allem Mut und Willen,
womit du mich versehn.

Ich will dich auch nicht fragen,
ob du der Hölle Fürst.
Ich möcht es mit dir wagen
wenn du mein Liebster wirst.

Du Dämon aus der Mythe,
ich werde dich verstehn.
Wie schnell kann doch die Blüte -
die Frucht darf nie vergehn.

44.
Er hob sie auf den Rücken
des Pferdes Pegasus.
Sie fand aus freien Stücken
den Rausch in seinem Kuß.

Die Zügel in den Händen
trab frisch, mein Kind, voran.
Wird einst dein Leben enden,
gib kund, was du getan!

Wenn wir uns wiederfinden,
dann halte dich bereit.
Du mußt es laut verkünden,
wem du dich einst geweiht.

Dem Dämnon aller Weiten,
der ew' gen Teufelsnacht.
Doch nein, du sollst mich leiten
zum Thron von Gottes Macht.

45.
Ach, ich bin unvollendet!
Ich sage euch den Grund:
weil ich mich hab verschwendet
ans Weib zu einem Bund.

Ich spüre, wie sie bebet,
komm ich in ihre Näh
und wie sie dennoch strebet,
dass ich es nur nicht seh.

Sie gab die Glut der Seelen
an ihres Leibes statt,
wollt zum Patron mich wählen
trotz meinem guten Rat.

DerTeufel ließ abzählen,
denn beides gab es nicht.
Ich griff, den Leib zu quälen
und wollt die Seele nicht.

46.
Man solI Genie nicht nennen
mich winz 'gen Staub voll Sucht,
Unsterblichkeit zu kennen -
auf steter Hast und Flucht.

Wie schwer war zu erringen,
was heut die Hand mir füllt.
Mein Geist wußt' hart zu zwingen,
was andern stets verhüllt.

Auch du bist angerühret
von des Dämons Gewalt.
Doch rasch - kaum, daß man' s spüret
der zarte Hauch verhallt.

Drum eile, wie ich sage
und lass die Kraft nicht flieh' n,
denn ohne Müh und Plage
wird nie ein Garten blühn.

47.
Du Kind wirst nicht ergründen
die Macht, die in mir wohnt.
Wenn wir uns zwei verbünden,
ob sich das wirklich lohnt?

Es brennt in mir ein Feuer,
das oftmals fern und kalt.
Doch mir wird' s zum Befreier,
gewinnt es erst Gestalt.

Dann ist zu unterscheiden
der Mensch nicht mehr vom Geist,
denn eines wurd aus beiden,
das man nun Dämon heißt.

Drum Kind, laß deine Fragen
und schau mich nicht so an.
Ich hab so schwer zu tragen,
wie ich nicht sagen kann.

48.
Es treiben dunkle Mächte
in mir ihr grausam Spiel,
weil sich der Satan rächte,
dass er vom Himmel fiel.

Ich kann mich nicht bezwingen,
wenn ich es gleichwohl wollt;
in mir die Geister ringen
und kämpfen um den Sold.

Vom Dämon angetrieben,
bin ich ihm treuer Knecht.
Wer sollt mich sonst wohl lieben,
da ich es gar nicht möcht.

Ein treuer Diener seiner,
dem ich mich mal verschrieb,
weil er und sonsten keiner
alleine treu mir blieb.

49.
Was wusste sie von Siegen,
die er bisher errang?
Was ahnte sie von Kriegen,
wenn ihn der Teufel zwang?

Sie hatte Illusionen,
voll Phantasie ein Bild.
Er mußt' in Höllen wohnen
und war von Glut erfüllt.

Sein Geist fand niemals Frieden,
nach dem er doch so ächzt.
Ihm war das Los beschieden,
dass er voll Sehnsucht lechzt.

Er wollte einmal träumen,
zum lichten Wahne fliehn.
Doch nein, nie durft er säumen,
musst' wie Ahasver ziehn.

50.
Es rasen rote Brände
durch Hirn und Geist und Sinn -
wie zu der Wehen Wende,
wie zu des Menschs Beginn.

Es hält mich in den Krallen
und schüttelt mich mit Macht.
Ich wollt in Tiefen fallen
und hab ' s mir schön gedacht.

Ich wollt zu Höhen steigen,
die vorher niemand schaut',
mich schwingen in dem Reigen
mit einem Stern als Braut.

Doch blieb ich nur ein Wesen,
von dem Dämon benützt.
Nie werd ich mehr genesen
weil mich mein Gott nicht schützt.

51.
Ich habe sie verdorben,
die ich zu lieben wähnt' .
Das Bräutlein ist gestorben!
Glaubt nicht, mein Auge tränt.

Es waren Regentropfen,
die mein Gesicht genäßt -
und meines Herzens Klopfen
wird nur durch Sturm erpresst.

Wie sollte ich bereuen,
was ich im Wahne tat?
Es war nichts mit uns Zweien,
wie sie es sich erbat.

Zurück blieb ich alleine.
Bin ich ein armer Tor?
Ich glaub fast doch, ich weine
um das, was ich verlor.

52.
Ich hab mein ganzes Leben
dem einen Ziel geweiht.
Das war mein einzig Streben,
doch schien es fern und weit.

Ich mußte kämpfend ringen
und war dem Tod oft nah.
Es schien, das Ziel zu zwingen,
wär´ Frevel und nie da.

Ich bin den Pfad gegangen,
der dornig, wüst und hart.
Ich war so voll Verlangen,
bis mir Erfüllung ward.

Jetzt ist das Ziel zur Nähe,
doch ist mein Herz nicht leicht.
Ich wollte wehe - wehe -
ich hätt es nie erreicht.

53.
Er durfte lange Zeiten
gleich Faust durchs Weltall gehn,
ließ sich durch nichts verleiten
und fand das Leben schön.

Doch als die Zeit verflossen
der Chef kam um den Lohn:
,,Du hast die Macht genossen,
nun zahle auch, mein Sohn!"

Da faßte ihn der Schauer.
Er wurde fortgeführt.
Er war voll Furcht, voll Trauer
und schien vom Schmerz verwirrt.

Es sprach der Teufel leise:
"Wie stolz ich auf dich bin.
Du warst sehr klug und weise
zu deiner Seel Gewinn!"

54.
Die Seele, die der Teufel
hohnlachend mit sich nahm,
sie war, ganz ohne Zweifel,
die er dereinst bekam

im Tausch von jener Elfe,
die sie ihm liebend bot,
auf dass sie ihm verhelfe
aus aller Höllennot.

Es durfte seine steigen,
nachdem das Mädchen starb.
Der ihren wird sich zeigen
der ganzen Hölle Arg.

Was er verstieß mit Füßen -
das liebend zarte Ding,
das musste für ihn büßen,
weil seine Welt verging.

55.
Zwei fanden einst am Raine
ein ausgeschaufelt' Grab,
und der gewälzt die Steine
hing längelangs hinab.

Sie taten Sand darüber
und häuften manche Schicht.
Für ihn wurd es so trüber -
den andem blieb es licht.

Nun war ganz ausgeblasen
das Leben und das Glück.
Man sollte nie veraasen,
was niemals kehrt zurück.

Die beiden gingen weiter
und nickten sich kurz zu.
Sie wurden wieder heiter.
Der Dichter hatte Ruh.

56.
War dies ein Dichter, sage,
wie ihn die Welt gebraucht,
dieweil nach diesem Tage
sein Ich im Nichts verraucht?

Er schuf nicht für den Kühlen,
dess´ Hirn ihn nie begreift.
Doch konnt er selbst nicht fühlen,
wie wenig er gereift.

Dichterfürst und Narr zu sein
bringt immer Helles nicht.
Oftmals trügt der gold 'ne Schein
und hinterlässt kein Licht.

Drum stell ich jetzt die Frage
an euch und an das All,
dass einer mir es sage:
Ist Echo bloß ein Schall?

57.
Ein Tor im Bettlerkleide,
ein Fanttrotz eig'ner Macht,
jetzt stehst du da im Leide,
und um dich steht die Nacht.

Du Narr warst reines Feuer,
aus Gottes Hauch geschweißt,
die Liebe wird Befreier
dem weltentfernten Geist.

Die Stunde ist nicht ferne,
bis dich das Wesen grüßt,
das du dereinsten gerne
auf ird 'sche Art geküßt.

Dein Werk wurd daher trächtig
voll stiller Ewigkeit -
es blieb durch Liebe mächtig.

Drum überstand 's die Zeit.

Entnommen aus:

Sonderdruck
erstellt und herausgegeben
2006
© Mathilde u. Norbert Boesche
Verlag Berlin - Haifa
Bindung: Moshe Trubnik

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erstellt und herausgegeben 2006; Mathilde u. Norbert Boesche Verlag Berlin - Haifa Bindung: Moshe Trubnik

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