Story XIII: Luzifers Schatten und Dackelsches Fußabdruck - Page 4

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spät zu kommen. Den Gruß seines Kommilitonen ignorierend betrat er hastig den Seminarraum, während Martin seinen Abgang sowohl ärgerlich wie auch überrascht beobachtete. Von einem solch üblen Omen beeindruckt, beschloss Sanktus der Vernunft zu gehorchen und das Seminar sausen zu lassen, um seinen Kater ordentlich auszuschlafen. Derweil fand der Pünktlichkeitsfanatiker die beiden Grazien mitten in der beschriebenen Konversation. Sabine beendete wohl gerade einen Bericht von ihrer letzten Party.
‚…dann haben die Drei eine Strichliste geführt und wer am meisten konnte, durfte dann ohne Gummi.‘
‚Sabinchen, das ist ja nichts! Heute vernaschen mich fünf Kerle und die machen es ohne Kondom; das wird herrlich! Ach übrigens, Deine Frage mit diesem Schwachmaten: Ich glaube nicht, dass Hiobsknecht viel in der Hose hat, aber ich habe Mitleid mit dieser armen Sau und das wird bestimmt lustig!‘
‚Das musst Du mir aber hinterher alles erzählen!‘
‚Klar, in allen Details!‘
‚Messalina, Du bist schon ne ganz schöne Bitch!‘
Fast gleichzeitig erblickten die plaudernden Freundinnen den mit offenem Mund dastehenden und debil dreinblickenden Casanova auf dem Höllentrip. Die Folge bestand in einem hämischen Gelächter, das -mit wenigen Ausnahmen- auch den Rest der Anwesenden erfasste (…)
Kürzen wir auch hier den dieses Mal weniger erfreulichen Verlauf der Handlung ab:
Durch die vorhergehenden Ereignisse völlig verstört und von seinen Sprachstörungen gehemmt, gelang es Claudio nicht wirklich, sein Referat in nachvollziehbarer Form vorzutragen. Das wiederum veranlasste Seneca seinen Hassgefühlen freien Lauf zu lassen und den offensichtlich überschätzten ‚Kleinbürger‘ mit höhnischen Bemerkungen -eingerahmt von einem geradezu sardonischem Gesichtsausdruck- zum Gaudium des größten Teils der Anwesenden den Rest zu geben. Dieses Erlebnis warf den Delinquenten dermaßen aus der Bahn, dass er dem Alkohol verfiel und sein Studium abbrach.
Die Partie geht an Dackelsche, aber Luzifer bereitet die nächste Attacke vor.
*
‚Nehmen Sie doch bitte Platz, meine Herrschaften!‘
Dr. Friedemann von Jungfreud betrachtete Willi und Krimhilde Hiobsknecht an diesem Sommertag des Jahres 1991 mit gut verhohlener Verachtung an, während sein Gesicht in gewohnt unoffener Manier ein joviales Lächeln erbrach. Diese beiden unscheinbaren, spießigen Gestalten entsprachen so fabelhaft dem Bild, das er sich nach den vorhergegangenen Therapiesitzungen von Claudios Eltern gemalt hatte, dass der selbstbewusste Psychiater sich einmal mehr so vorkam wie Picasso nach der Erfindung des Kubismus. Als Chefarzt an der ‚Klinik für mentale Störungen Knappenschreck‘ besaß ‚Doktor Pillemann‘, wie ihn liebevoll seine Untergebenen wegen seiner intensiven Kontakte zur Pharmaindustrie und der etwas einseitigen Fixierung auf den Genitalbereich von ihm betreuter Patienten nannten, reichlich Erfahrungen mit dieser gängigen Art von Zeitgenossen in- und außerhalb seiner Einrichtung.
‚Herzlichen Dank, Herr Doktor!‘
Das chefärztliche Lächeln völlig missdeutend, setzte sich das etwas zu kurz geratene Familienoberhaupt auf einen der beiden dargebotenen, leicht abgewetzten Plastikschalenstühle, die sich vor dem antiken Schreibtisch im Empirestil -übrigens eine milde Gabe dankbarer Pillendreher- der Koryphäe psychiatrischer Gelehrsamkeit befanden.
‚Hilde, Du setzt Dich dorthin.‘
Gehorsam platzierte sich das getreue Eheweib auf das freigebliebene Plastikmöbel.
Mit gespielter Unkenntnis warf der mentale Heiler dem Fanal einer partnerschaftlichen Ehegemeinschaft einen aufmunternden Blick zu.
‚Also Herr, ähm, Kioskknecht, was ist denn Ihr Begehr?‘
‚Entschuldigung, Herr Doktor, es heißt: Hiobsknecht! Also mein schwachsinniger Sohn wurde in Ihr Irrenhaus eingewiesen! Das kann ich zwar verstehen, weil der schon immer ein bekloppter Spinner war, aber ich kann den unmöglich in Ihrer Irrenanstalt lassen! Sie wissen schon, die Nachbarn…‘
Krimhilde, die sich in ihrer heiligen Einfalt nicht länger bezähmen konnte, unterbrach leicht schrill die in verwegener Unterwürfigkeit vorgetragene Rede ihres Gatten.
‚Diese Schande, mein Sohn ein Irrer. Wie der Bekloppte in ‚Psycho‘…‘
Hierzu sollte dem geneigten Leser bekannt sein, dass Hilde Filme mit ‚Psychopathen‘ überaus liebte; vermutlich, weil die sie irgendwie an ihre bessere Hälfte erinnerten. Der treusorgende Vater wiederum überschlug sich ob der unwillkommenen Störung nicht gerade vor Begeisterung und bedachte die geliebte Frau mit einem Blick, den vermutlich auch Genghis Khan besonders gehassten Feinden vor deren Exekution schenkte. Diese visuelle Aufmerksamkeit ließ dann auch das Muttertier abrupt schweigen.
‚Darf ich jetzt weiterreden? Danke! Ich will Sie nicht länger stören Herr Doktor, deshalb fasse ich mich kurz. Ich möchte Sie um einen Riesengefallen bitten. Sie müssen entschuldigen, aber bitte übergeben Sie mir den Lausebengel in meine strenge, aber gerechte Aufsicht. Ich schwöre Ihnen, Herr Doktor, ich werde dem Kerl die Flausen schon austreiben. Sie können sich nicht vorstellen, was ich dem für eine Abreibung verpassen werde!‘
Leger lehnte sich der experimentierfreudige Freund spendabler pharmazeutischer Hersteller in seinem großzügig gespendeten, krokodilledernen Chefsessel zurück.
‚Ich würde ja so gerne Ihrer Bitte entsprechen, Herr Hiobsdreck! Leider, leider sind mir doch die Hände gebunden. Sie müssen wissen: Ihr Sohn hat versucht Suizid zu begehen!‘
Ihr müsst wissen, dass der letzte Satz mit einer schmierenmäßigen Theatralik hervorgestoßen wurde, die vermutlich auch ausgezeichnet zu einem billigen Bühnenstück über die Untaten eines viktorianischen Unholdes namens Jack passte.
‚Ich wusste es! Jetzt fängt der kleine Drecksack an, Frauen zu belästigen! Das werde ich aus dem herausprügeln!‘
Den Zornesausbruch des verständigen Vaters zur Kenntnis nehmend, konnte auch die holde Krimhilde ihre Emotionen trotz drohender, häuslicher Gewaltexzesse nicht länger beherrschen.
‚Diese Schande, ein Sittenstrolch. Wie in Psycho…‘
Zunächst überfiel unseren psychiatrischen Laiendarsteller eine gewisse Sprachlosigkeit hinsichtlich der zelebrierten Unkenntnis der liebevollen Eltern, aber die war bei Dr. Pillemann nie von langer Dauer.
‚Meine Herrschaften, beruhigen Sie sich doch! Ich habe mich vielleicht falsch ausgedrückt: Ihr Sohn hat versucht Selbstmord zu begehen!‘
‚Ach so, das ist typisch für diesen Schwächling. Wissen Sie, Herr Doktor, seine Mutter hat den zu sehr verzärtelt, aber der werde ich das nachher auch noch austreiben. Händigen Sie mir nur diesen Schlappschwanz aus, Herr Doktor, den werde ich schon zu einem Mann erziehen!‘
Allmählich überkam von Jungfreud das Gefühl, dass die anwesende Elternschaft vermutlich noch durchgeknallter war als sein unglücklicher Patient. Das mit dem Suizidversuch verfehlte offensichtlich knapp die beabsichtigte Wirkung, aber unser Friedemann kannte seine Pappenheimer.
Wir sollten hier vielleicht kurz auf die Geschehnisse eingehen, die unseren wenig vom Glück begünstigten und derweil von Sozialhilfe lebenden Claudio den Aufenthalt in besagter Klinik unter der gewinnorientieren Ägide Pillemanns bescherte. Der hatte nämlich in seinem verwahrlosten ‚Apartment‘ im Souterrain im Alkoholrausch in einem verzweifelten Wutausbruch mit dem rechten Arm eine Bierflasche zertrümmert und versuchte anschließend dem Delirium nahe bei einer benachbarten Pommesbude Nachschub zu holen. Trotz des Blutverlustes und natürlich ordentlich durch den Alkoholpegel betäubt, schaffte es unser kleiner

Pünktlich zum Juni und zu eurem Vergnügen. Eigentlich keine richtige SF, aber hoffentlich trotzdem unterhaltsam.
Cheerio
Euer
Q.A:

Veröffentlicht / Quelle: 
Nonsense 2_D

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Kommentare

01. Jun 2019

Lange Texte haben's schwer -
Hier lohnt das Lesen freilich sehr!

LG Axel

02. Jun 2019

Du bist ein Wortmagier. Sei nicht zu stolz drauf, sonst öffnen sich die Portale
und deine Ungeister kommen dich besuchen.
HG. Olaf
Lucifer würde ohnehin sagen: Du gleichst dem Geist, den du begreifst. Nicht mir !!!

03. Jun 2019

Hoffen wir, dass meine Magie kein fauler Zauber eines Lehrlings ist und man die Geister auch wieder loswird.
LG
QA

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