Ein guter Mensch liebt die Welt. Er liebt die Welt auch dann oder dort, wo sie schlecht ist. Er verzeiht, er gibt sich hin, er lässt sich auf die eine Wange schlagen und hält dann die andere hin. So ist der gute Mensch!
Wie aber ist die Welt? Die Welt ist schlecht und böse, denn nur so kann sie überleben … die Spinne betäubt ihre Opfer und saugt sie lebendig aus, die Löwin jagt und tötet – und sie gibt ihren Kindern angeschlagene Opfer zum Spielen, damit sie stark und böse werden … damit sie überleben können.
Und hier beginnt das Dilemma des „Guten“! Einer, der nun hergeht und die Löwenkinder am Spiel hindert, ist nicht gut, weil er das scheinbar Böse verhindert, sondern böse, weil er sich dem Überleben in den Weg stellt.
Denn wenn die Löwen das Jagen verlernen, nehmen die Gnus überhand – sie fressen die Erde kahl. Dann hat keiner mehr etwas zum Futtern! Die Vegetarier werden sich so sprunghaft vermehren, daß Tier- und Pflanzenarten nichts anderes übrig bleibt als auszusterben. Welch Elend?!
Ja, auch die Vegetarier sind böse, denn sie können nicht verhindern, daß sie auf lebender Materie herumtrampeln und lebende Pflanzen essen …denn auch sie vertilgen Lebendiges, nur um selbst am Leben zu bleiben.
Für kompromisslos gute Menschen nahezu unverständlich ist der Kreislauf des Lebens, aus dem sich keiner entfernen kann, ohne untergehen zu müssen! Denn nur ein toter Irgendwas ist ein guter Irgendwas. Nur Tote richten keinen Schaden mehr an, sie verbreiten jedoch auch keinen Nutzen.
Die Einsicht allein, wie alles funktioniert und man es am ehesten noch human gestalten kann, ohne die eigenen, berechtigten Interessen zu gefährden, ist weder gut noch böse, also logisch. Sich einfach zu opfern ist keine Lösung!
Wer solches liebt, wer sich selbst liebt und seinen Nächsten wie sich selbst, der ist böse, denn er toleriert das Böse! Er lässt zu, das andere Gute daran sterben, daß etwas Gutes durch das Böse zu Tode kommt. Wer wissentlich oder unwissentlich ein Verbrechen unterstützt, der ist selbst ein Verbrecher!
Aber, trösten wir uns – auf die eine oder andere Weise siegt das Böse immer auf der Welt. Denn das Böse ist gut, weil es überlebensfähig ist, und das Gute ist schlecht, weil es dem Bösen Vorschub leistet.
Das Gute ist aber auch gut, weil es anderen, die stärker sind, Nahrung liefert – einen Nährboden, sich auszubreiten, es taugt zum Sklaven, der Arbeiten verrichten kann, für die das Böse zu faul ist. Arbeiten, die sonst nicht getan würden. Es darf vergewaltigt und missbraucht werden.
Das Gute forciert die Lust! Seine Horizonte sind weit und die Himmel, die es dem guten Bösen (weil überlebensfähig) eröffnet, sind paradiesisch. Der Fantasie des Bösen sind keine Grenzen gesetzt!
Nur das Böse kann Ziele erreichen! Es lässt sich auf dem Weg zu seiner Befriedigung von nichts und niemandem aufhalten – weil sonst seine Kinder in Gefahr gerieten. Die Fortpflanzung ist gut! Wer die Fortpflanzung gefährdet ist böse! Sie muss zügellos sein, sonst findet sie nicht statt!
Nur wer vorrangig die Befriedigung seiner primitiven Triebe anstrebt ist gut. Wer darüber nachdenk,t was primitive Triebe überhaupt sind, der ist schlecht. Denn alles ist fleischlich, lebend und „lebend“ bedeutet Verdrängen, Töten!
Ohne das Böse wäre das Leben sinnlos! Niemand könnte mehr überleben … Die Guten könnten sich nicht mehr opfern, sie wüssten nicht, wogegen sie sich engagieren sollen. Alle Arbeit wäre ihnen erlassen – und sie würden in einem Paradies darben, das keine Reize mehr für sie hat.
Denn außerhalb dieses dekadenten Paradieses ist alles böse. Wer ist gut? Sogar die Fruganer atmen den anderen die Luft, oder trinken das Wasser den anderen, weg, gerade in einer Zeit, wo diese Ressourcen knapp werden.
Gute Menschen achten nicht darauf, was „lebend“ bedeutet – sie lieben alles Lebendige und kümmern sich um sein Fortkommen. Sie bauen Schulen, damit die Starken lernen, schwach zu werden und das Leben zu lieben wie es ist, Stark, hart und zerstörerisch. Es nimmt sich freiwillig zurück!
Und gerade darum wird das Gute immer Bestand haben, denn es wird immer einen Stärkeren geben, der gut sein kann, weil er überlebt, und einen Schwächeren, der vergessen hat, wie man das macht: überleben!
Kommentare
Jeder einzelne Mensch (und jede menschliche Gemeinschaft) hat guten und schlechte Anteile in sich, Leben ist der Versuch, das Gleichgewicht zwischen beiden zu halten - mithilfe des Verstandes und einer bestimmten Moral kann es gelingen, kein einfaches Thema …
LG Marie
Dieser Text gelang Dir gut -
Passend zum Titel! Absolut ...
LG Axel
Vielen Dank liebe Freunde!
LG Alf