Warum bist du noch nicht verheiratet?

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von Monika Jarju

„Warum bist du noch nicht verheiratet?“, frage ich Adama. Sie lacht in sich hinein, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. „Es hat sich noch keiner gefunden, der mich will“, sagt sie achselzuckend und fährt mit dem Dampfbügeleisen über den Stoff, bis es zischt.
Auf einmal steht der kleine magere Baldé neben uns. Er zeigt auf Adama, aber er bringt kein Wort heraus. Sie grinst und bügelt weiter. Erstaunt schaue ich von einem zum anderen. Baldé sieht sie noch immer mit gequälter Miene an. Nach einer Weile erklärt er langsam mit leiser Stimme, dass er sie hatte heiraten wollen. „Sie wollte mich nicht“, sagt er bitter.
Was für ein merkwürdiges Paar! Die große kräftige Adama mit den sorgfältig geflochtenen Zöpfen und dieser zierliche drahtige Mann mit dem wirren Kraushaar, durch dessen Kittelhemd der Wind weht. Oder machen mir beide etwas vor? Aber Baldè steht wie versteinert da, die Augenbrauen hochgezogen, den Mund leicht geöffnet. Er starrt sie an, ja, mir scheint, er betet sie an. Adama verdreht die Augen, kichert leise und fährt geschickt mit der Spitze des Bügeleisens in eine Falte.
„Warum wolltest du Baldé nicht?“, frage ich in den aufsteigenden Dampf hinein.
Adama richtet sich kerzengerade auf, das Bügeleisen hält sie still in der Luft, es scheint zu schweben. „Er ist Fula und ich bin Diola.“ Sie sieht mir direkt in die Augen. „Das geht nicht zusammen. Und außerdem verdiene ich mehr Geld als er.“ Adama zwinkert Baldé spöttisch zu. Er murmelt etwas Unverständliches. Wie versteinert steht er da. Ein paar Arbeiter stehen schweigend um uns herum.
„Der hat kein Geld, kein fishmoney!“, sagt Adama mit plötzlich schriller Stimme. Sie fuchtelt mit dem Bügeleisen in der Luft herum und krümmt sich vor Lachen.
Die Arbeiter an den Maschinen heben die Köpfe, sie hören schon seit einer Weile gespannt zu. Adama blickt höhnisch, Baldé zuckt zusammen und wendet sich abrupt ab. Mit eckigen Bewegungen läuft er zu den Waschmaschinen, greift mit beiden Armen in die Trommel und reißt an den ineinander verhedderten Laken. Mit einem einzigen Ruck zieht er das Gewirr aus der Luke und wuchtet die Wäsche in einen Wagen. Es sieht komisch aus, wie dieser schmächtige Mann mit der Wäsche und seiner Wut kämpft. Aber das Lachen bleibt mir im Hals stecken. Keiner sagt etwas. Abwechselnd starren die Arbeiter zwischen Adama, Baldé und mir hin und her. Mir scheint, sie warten auf etwas, also mache ich weiter.
„Wenn ich ein Mann wäre, würde ich dich heiraten, so schön wie du bist.“
„Wie viel zahlst du?“ Adama lacht aufreizend. Langsam beginnt sie mit dem Becken zu kreisen, schwingt ihre Hüften und stampft ein paar Tanzschritte auf den Boden zu einer unhörbaren Musik. Sie umkreist das Bügelbrett, ihre Arme schlagen wie Flügel auf und ab. Das geht so eine ganze Weile, ich sehe ihr verwundert zu. Dann kommt sie mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, mit einem Ruck, wie gebannt bleibt sie vor mir stehen und sieht mich herausfordernd an.
„Wie viel brauchst du?“
Ihre Gesichtszüge sind nun angespannt, ihr Blick bohrt sich in meinen. „Wie viel zahlst du?“
Ich spüre ein leichtes Frösteln auf meiner Haut. Die Arbeiter sind näher gekommen, umringen uns, sie beobachten uns schweigend, einigen steht der Mund offen. Ich höre nur noch das Dröhnen der schweren Maschinen, und doch ist es eigenartig still geworden in der Halle. Als ich nicht gleich antworte, dreht sie, ohne mich aus den Augen zu lassen, den Hauptschalter am Bügeltisch herum. Mein Kopf ist ganz leer.
„Eine Million?“
„CFA“, antworte ich schlagfertig. Wir lachen, denn CFA sind nichts wert. Die Spannung fällt in sich zusammen wie eine Papiertüte, aus der man die Luft geschlagen hat. Lachend gehen die Arbeiter zurück an ihre Maschinen. Doch Adama tritt entschlossen näher, sie steht nun ganz dicht vor mir und stemmt die Fäuste in die Hüften. Auf einmal sind Amie und Tida neben ihr, wie ein Familienclan. Schon stampfen die drei Frauen rhythmisch mit den Füßen den Betonboden, sie stoßen kleine Triller aus, die Brautverhandlungen gehen weiter.
„Du hast Geld“, behauptet Adama und sieht mir fest in die Augen.
Ich bemerke Funken von Wut, Hass und Neid in ihrem Ausdruck, ich kann es kaum glauben. Hinter ihrer Stirn scheint eine Rechenmaschine zu sitzen und da, wo das Herz sein sollte, der Einschaltknopf. Ist die Heirat in Afrika nichts weiter als ein Kauf? Geht es nicht um Gefühle, sondern nur um Geld? Afrikaner lieben nicht, sie rechnen, besonders die Frauen schauen nur auf ihre Vorteile, hatte mir Cherno einmal erklärt. Die Europäer lieben ihren Traum von Romantik und sie leiden darunter, gehen mir seine Worte durch den Kopf.
Wieder haben sich alle um uns gescharrt, keiner arbeitet mehr. Ich schüttele den Kopf und ziehe wie zum Beweis die leeren Taschenbeutel aus meiner Hose. Wir brechen in schallendes Gelächter aus. Klatschend schlagen wir unsere Handflächen aneinander. Alle um uns herum lachen laut.
Später sollte ich den Grund erfahren, weshalb Adama Baldé nicht geheiratet hatte, und wovon sie wirklich träumte. Aber das ist eine andere Geschichte.

(Auszug aus einer längeren Erzählung)

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