AU 2013 Singapur, Carrickalinga, Adelaide - Page 3

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Victor Harbour verbrachten wir die ganze Woche relaxend: Morgenspaziergang am Strand, während der heißen Stunden am Tag lesend oder dösend auf der überdachten Terrasse, am Abend wieder ein Spaziergang und ein bei Sonnenuntergang Sichtragenlassen von den seichten Wellen des Meeres.
Beim morgendlichen Strandspaziergang vor dem Frühstück war ich meistens allein. Aus einem mir unerklärlichen Grund ging ich den Strand entlang und versuchte, gereimte Sätze mit Anknüpfung an dieses stille, einsame Meer zu finden. Ich war wie besessen, jeden Morgen ging ich den Strand auf und ab und versuchte einen Reim zusammenzubringen.
In einem Gedicht "Dank an das Meer" von 2018 habe ich es in der ersten Strophe so formuliert:

Ich ging wohl zwanzig Male
den Sandstrand auf und ab,
versuchte hundert Male
die Worte, die ich hatt',
in Vers und Reim zu zwingen.
Es wollte nicht gelingen.

Und noch etwas merkwürdiges: Nur eine Woche später, am 14. Februar, hatte ich betreffend "Dichten" ein nächtliches Schlüsselerlebnis in Hobart, Tasmanien.

Ausflug nach Victor Harbor und Granit Island
Einen einzigen kurzen Ausflug machten wir mit dem Auto, von den Einkaufsfahrten zum Nachbarort abgesehen
Eine 630 Meter lange Fußgängerbrücke verbindet Victor Harbor mit der kleinen, unbewohnten Insel Granit Island. Ein 2 km lange Pfad führt durch die interessante Landschaft mit fantastisch geformten Granitfelsen und grandiosen Ausblicken.
Victor Harbor, eine ehemalige Walfangstation, ist aufgrund dieser Granitinsel ein beliebtes Ausflugs- und Tourismusziel geworden.

Geplant war eine Woche in Carricklinga und eine Woche in Adelaide. Uns gefiel es aber so gut in dem schönen Ferienhaus fast allein am Meer, dass wir einige Tage länger blieben. Vier Tage in einer großen Stadt reicht. Pat und John hatten nichts dagegen.

Adelaide 9. - 13. Februar 2013
Am Samstag Vormittag den 9. Februar ging ich zum letzten Mal an den mir liebgewordenen Strand in Carrickalinga, machte meinen letzten Spaziergang im Sand und ließ mich ein letztes Mal von den Wellen tragen.
Um 13 Uhr fuhren wir mit Pats altem Mazda in Richtung Adelaide. Pat und John kamen uns in Johns großem Holden entgegen. Wir trafen uns an einer verabredeten Stelle am Rande von Adelaide. Ich wollte nicht links auf den verkehrsreichen Straßen von Adelaide fahren.

Adelaide ist die Hauptstadt des Bundesstaates South Australia in Australien. Adelaide ist eine Küstenstadt am Saint-Vincent-Golf und wurde vom ersten Gouverneur des Staates, Captain John Hindmarsh (1785–1860), 1837 nach der britischen Königin Adelaide (Adelheid von Sachsen-Meiningen) benannt. Adelaide ging im Gegensatz zu Städten wie Sydney oder Hobart nicht aus einer Sträflingskolonie hervor. Mit ca. 1,3 Millionen Einwohnern ist Adelaide die fünftgrößte Stadt Australiens. Sie besteht fast nur aus Einfamilienhäuser. Die vielen Wohnvororte haben sich mit dem Stadtkern verschmolzen.

Wir fuhren auf einer 4-spurigen Stadtautobahn, die bereits vor 22 Jahren gebaut wurde. Es war eine weitere 4-spurige Trasse geplant, die aber erst vor kurzem in Angriff genommen wurde und nächstes Jahr abgeschlossen sein soll. Seit 22 Jahren führen alle 4 Spuren vormittags in die Stadt und nachmittags ist es umgekehrt. Die geplanten Brücken waren nur zur Hälfte fertig. Ein etwas sonderbarer Anblick.

Das Haus von Pat und Arthur liegt in einem Wohnviertel, das ziemlich weit weg vom Schuss ist, d.h. von Einkaufszentren, Strand und City. Es ist ein typisches australisches Mittelklassehaus: relativ groß mit kleinem Garten.
Wir machten den obligatorischen Rundgang durch das Haus und erhielten alle wichtigen Informationen und Anweisungen.
In Johns Arbeitszimmer sahen wir etwas, was an eine Olympiafackel erinnerte.
An einer Wand sahen wir auch Fotos mit John und der Fackel. Es stellte sich heraus, dass John einer der offiziellen Fackelträger anlässlich der Olympiade 2000 in Sydney war. Er lief 500 Meter durch Adelaide und übergab sie dann an den nächsten Läufer. Diese Ehre erhielt er durch seinen Arbeitgeber, eine Versicherungsgesellschaft, die bei der Olympiade als Sponsor auftrat.
Wir hatten Anlass zu erzählen, dass meine Frau und ich 2006 die Bekanntschaft der letzten Fackelträgerin bei dieser Olympiade machten, die dann auch die große Fackel im Stadion anzündete, nämlich Kathy Freeman. (Diese Ausnahmeläuferin mit aboriginischer Abstammung gewann später die Goldmedaille im 400-Meter-Lauf.) Das war bei einer Einspielung in Brisbane zu einem Film, in dem Kathy eine gewisse Rolle spielte. Meine Gattin und ich übrigens auch: Wir waren Statisten in einer Szene, die im Film aber nicht zu sehen war. Unser Sohn hatte da irgendwie seine Finger mit im Spiel. "An euch lag es nicht" lautete die beruhigende Antwort auf meine Frage.

Cathy Freeman ist und fühlte sich immer als Aborigine und zeigte dies auch selbstbewusst in der Öffentlichkeit. Sie erfuhr am eigenen Leib die zahlreichen Probleme, mit denen die australischen Ureinwohner immer noch zu kämpfen haben.

Dann gab es Kaffee mit Kuchen. Pat kam mit einem blauen Brief zu mir. Überrascht nahm ich ihn und sah, dass er von Schwester Irma kam, anlässlich meines 70. Geburtstages am 31. Januar. Als er hier ankam waren Gullan und ich bereits in John und Pats Haus in Carrickalinga. "Vielen Dank Irma, es hat mich sehr gefreut, eine „richtige“ Geburtstagskarte so fern der Heimat zu lesen. Genau wie vor drei Jahren, als du mich mit einem Geburtstagsgruß in Canberra überrascht hast." Vielen Dank auch an Schwester Aura. Ich erfuhr, dass sie auch einen Brief schickte, aber an unser Hotel in Singapur, weil wir am 31. Januar ja dort waren. Um 16 Uhr an diesem Tag verließen wir bereits das Hotel, ohne einen Brief erhalten zu haben. Mit einer E-Mail bat ich das Hotel, ihn an die Adresse des Sohnes in Brisbane zu schicken. Dort kam dieser Brief aber nie an.

Danach fuhren Pat und John mit uns eine Runde durch die nähere Umgebung und zeigten uns einige kleine Restaurants verschiedener Nationalitäten. “Take away“ vom Griechen wurde unsere Hauptnahrungsquelle. Für diese paar Tage hatten wir keine Lust, uns in die unbekannte Küche einzuarbeiten. Zum Einkaufen mussten wir mit dem Bus zum riesigen Einkaufszentrum im entfernten Stadtteil Marion fahren. Das machten wir am nächsten Tag. Das eine Mal reichte uns.

Pat und John verließen uns und fuhren zu ihrem Haus in Carrickalinga. Wir waren wieder einmal allein in einem neuen Haus. Eine Situation, die uns nicht mehr fremd und auch nicht unangenehm ist. Sie haben das Haus in den 70-er Jahren gebaut. Vor einigen Jahren wurde das Bad komplett erneuert und gekachelt, Flur und Küche gefliest. Die meisten Räume hatten die hier beliebte wollige Auslegeware. Es gab zwei große Schafzimmer. Das mit den zwei separaten Betten wurde unseres. Alles sah sehr sehr sauber und aufgeräumt aus. Die Küche war ziemlich groß. Eine Schiebetür führte in ein ansehnliches Esszimmer, von dem man über einige Stufen in das große Wohnzimmer hinabschreiten konnte. John hatte sein Arbeitszimmer anscheinend ganz für sich allein. Dort hatte sich alles mögliche angesammelt, es herrschte ein einziges Durcheinander, das er aber sicher souverän beherrschte.

Unser Favoritplatz war die kleine Terrasse mit Zugang zur Küche oberhalb des kleinen aber schmucken Gartens. Hier aßen wir alle unsere Mahlzeiten. Eine Treppe führte geradewegs zum Whirlpool mit aufgewärmtem Wasser. Solarzellen auf dem Dach lieferten den Strom dazu. An einem Abend saßen Gullan und ich in diesem Pool und ließen es und gutgehen.

Der nächste Tag war ein Sonntag. Hier hatten wir Internetanschluss und ich rief meine Schwester Irma über Skype an, um mich für den Brief zu bedanken. Wir hatten ein langes und gutes Gespräch. Zum Schluss fragte sie mich, wieviel Uhr es bei uns jetzt ist. Bei uns war Vormittag, ich habe Irma also mitten in der Nacht angerufen. „Halb zwei“ sagte Irma, „ aber das macht nichts. Ich saß am Fernseher und schaute mir eine Karnevalssendung an.“ Dass Karneval war, war mir natürlich auch vollkommen entglitten.

Die deutlichsten Eindrücke, die wir in den wenigen Tagen von Adelaide bekamen, erhielten wir durch Spaziergänge in unserer nächsten Umgebung und durch einen Besuch von zwei Zentren. Die Stadt hat mehrere Zentren, wir besuchten diese: Glenelg, am Meer gelegen mit Hotels, tollem Strand und zugehörigen Geschäftsstraßen sowie dem Rathaus.
Das andere ist die eigentliche City mit Regierungsgebäuden (Adelaide ist die Hauptstadt des Bundesstaates South Australia) und breiten Straßen mit Geschäfts- und Bürohäusern. Der hier etwas aufgestaute Fluss Torrens mit Grünflächen vermittelt eine freundliche Atmosphäre.

Unser Gesamteindruck von Adelaide: Drei Besuchstage reichten für uns. Wir waren innerlich bereits auf Tasmanien eingestellt.

Am Samstag den 13. Februar ging unser Flug nach Hobart, mit kurzer Zwischenlandung in Melbourne. Pat und John kamen am Abend vorher und übernachteten bei uns, aber nicht im Haus. Sie haben ein kleines Gästehaus im Garten mit Dusche und Toilette. Es war am Anfang der 80-er und 90-er Jahren ein viel benutztes Partyhäuschen mit Bar, wie John erzählte. Jetzt ist es mehr ein Abstellraum, oder Rumpelkammer wie manche sagen.

Wir hatten einen schönen Abschiedsabend mit griechischem Essen von einem echten Griechen in der Nähe. John spendierte zwei besondere Flaschen Wein von seiner gut sortierten Sammlung. John und Pat sind ein nettes Paar, wir werden sicher in E-Mail-Kontakt bleiben. Er hat uns seit drei Jahren immer wieder interessante Funde aus dem Internet geschickt., und jedesmal betont, wie gut es ihnen in Schweden gefallen hat. Die beiden sind echte Weltenbummler, sie sind Pensionäre und machen jedes Jahr eine lange Reise. Und weil es so viele Länder gibt, besuchen sie selten ein Land zweimal. (Eines davon ist Schweden.)

Am nächsten Tag fuhren wir standesgemäß in seinem großen Holden zum Flugplatz, der einen guten Eindruck machte. Neues, großes Parkhaus, die gesamte Vorfläche wurde umgestaltet, die letzten Arbeiten waren im Gange.
Innen waren großzügige Flächen. Die wartenden Fluggäste verloren sich fast. Die lange Halle verlief parallel zur Startbahn. Die eine Seite war durchgehend aus Glas, man konnte von überall die startenden und landenden Flugzeuge verfolgen. Für mich war das ein großes Plus.

Wir verabschiedeten uns von Pat und John. In ein paar Stunden werden wir in Hobart landen. Wir hatten große Erwartungen an Tasmanien. Was wir nicht erwartet hatten war, dass wir das Haus in Hobart - entgegen der Abmachung - nicht für uns allein hatten.

Das, und der Rest von unserem Tasmanienabenteuer, ist aber eine andere, kommende Geschichte.

© Willi Grigor, 2013 (Rev. 2019)

Fortsetzung:
https://www.literatpro.de/prosa/040416/au-2013-schluesselerlebnis-in-hobart
Alle Reiseberichte:
https://www.literatpro.de/user/4807/prosa

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Interne Verweise

Kommentare

10. Apr 2019

Immer wieder lesenswert -
Weshalb der Leser gern mitfährt!
(Bertha Krause war NICHT dabei -
Da Singapur zu sauber sei ...)

LG Axel

10. Apr 2019

Sauber, freundlich, warm, perfekt -
Negatives wird versteckt.

LG
Willi

10. Apr 2019

Abenteuerlich und Horizonte erweiternd und so lebendig erzählt, lieber Willi; ich habe Dich auch auf dieser Reise mit großem Interesse begleitet. Danke, dass Du uns daran teilnehmen lässt, ich freue mich auf die Fortsetzung.

Liebe Grüße - Marie

10. Apr 2019

Danke Dir, Marie!
Es freut mich sehr, dass Du eine von denen bist, die mich nachträglich durch 12 Monate Australien einschl. Neuseeland und Singapur begleiten.
Da sind noch einige Abschnitte ins Reine zu schreiben, vor allem von 2006 und 2013.
Die "Arbeit" verwandelt sich immer in reine Freude, wenn die Erinnerung mit Hilfe der Aufzeichnungen und den Fotos wieder gegenwärtig wird.

Herzliche Grüße
Willi

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