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Fortsetzung von AU 2008 01 Perth, Fremantle, Albany
Toorak, Myer Music Bowl und mehr
Melbourne ist die Nummer zwei
von den Städten in Australien.
Doch wird sie leicht die Nummer eins
für den, der länger in ihr weilt.
Melbourne hat nicht dieses Leichte,
nicht die Strände, die man braucht,
nicht das Tun gewisser Reichen,
das in die Schnelllebigkeit taucht.
Melbourne steht für das Seriöse,
hat das "Vornehme" im Griff.
Melbourne mag nicht das Getöse,
will nicht Jacht sein, sondern Schiff.
Melbourne ist - wer will, der staune -
die Stadt für jeden Alterskreis,
liebt Sport, Kultur und: gute Laune.
Wer bei ihr war, dies alles weiß.
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14. – 28. Februar 2008
Der Flug am 14. Februar von Perth nach Melbourne dauerte gute 4 Stunden und wir landeten am späten Nachmittag. Unsere Wohnungstausch-Partner konnten uns nicht vom Flugzeug abholen und uns zur Wohnung bringen, da sie einige Stunden vorher zu Ihrem eigentlichen Wohnort, ca. 200 km von Melbourne entfernt, fahren mussten. Das Appartment in der Grange Road 49 in Toorak, ein Stadtteil nahe Melbourne-City, ist ihre Zweitwohnung. Den Schlüssel hatten sie uns mit der Post nach Perth geschickt. (Betreffend der Übergabe des Schlüssels erfuhren wir einige interessante Varianten. Nicht alle Tauschpartner konnten uns persönlich bei der Ankunft begrüßen.)
Der Flughafen ist ca. 20 km von Melbourne City entfernt. Da wir noch bei Tageslicht dort ankommen wollten, nahmen wir ein Taxi anstatt des billigeren Zuges. Wir baten den Fahrer zügig zu fahren, was er auch tat.
Es war fast dunkel als wir mit dem Schlüssel an der Tür rumfummelten. Wir fanden das Schlüsselloch zu der Eingangstür des zweistöckigen Komplexes mit ca. 25 Wohnungen und auch zu unserem Appartment Nr. 20 im zweiten Stock ohne nennenswerte Probleme. Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, Küche, Bad, kleiner Balkon, alles komplett eingerichtet. Die Eigner hatten, wie üblich bei Wohnungstausch, frische Dinge für den ersten Tag im Kühlschrank, auch Wein, Schokolade und frische Blumen auf dem Tisch. Wir hatten bereits genügend Wohnungstauschübung und fühlten uns direkt wohl. Alle Wohnungen bisher, bzw. Häuser, hatten guten oder sehr guten Standard.
Hier muss ich endlich das mit den australischen Betten einfügen. Seit unserem ersten Drei-Monate-Besuch in Austraien bin ich diesbezüglich ein Experte. Die Doppelbetten (Kingsbed oder Queensbed) hier sind ein Traum, sehr komfortabel und hoch, sehr bequem beim Ein-und Aussteigen für Leute über 50. Nur: zum Schlafen finde ich sie unbequem: Es handelt sich um ein Bett mit einer Matratze und einer gemeinsamen Zudecke, die Bewegungen des Partners pflanzen sich wie Wellen fort und mein ohnehin schwieriger Einschlafprozess wird ganz abgeschaltet. Gewöhnliche Einzelbetten werden eigentlich nur für Kinder/Jugendliche gekauft. Das habe ich in einem Möbelgeschäft gecheckt. Bei jeder neuen Stelle ist es immer spannend zu sehen, welche Alternativen es für mich gibt (die Frau ist nicht so empfindlich): Eigenes Gästezimmer mit Kingsbed oder ein altes Kinderbett als Gästebett. Im Notfall schlafe ich auf dem Boden und Gullan im Queensbed. Matratze baue ich mir aus Tagesdecke und Zudecken. Dieser Notfall tritt vor allem in Hotels ein, wo meistens nur Zimmer mit Kingsize-Betten ausgerüstet sind. Aber Hotel ist die Ausnahme. In diesen sind auch die überdimensionierten Kühlanlagen ein Greuel für mich.
Von unserem Tauschpartner in Perth und auch vom Taxifahrer hatten wir schon gehört, dass Toorak DAS Stadtviertel der Wohlhabenden in Melbourne ist. An unserem Appartmentblock und der Wohnung konnten wir das nicht so erkennen, ziemlich normal.
Nachdem wir unsere nähere Umgebung aber kennengelernt hatten verstanden wir, dass das stimmen musste: unglaubliche Villen mit zum Teil parkähnlichen Anlagen und eigene Sicherheitsleute hinter den großen Eisentoren in diesem großen Stadtteil mit Bäumen an den Straßen, deren Kronen einen regelrechten Tunnel bildeten. Durch hohe Mauern oder Hecken ist die Sicht in das Grundstück oft gar nicht möglich. Ich habe aber trotzdem einige Fotos von Villen - deren Besitzer Miljardäre sein müssen - geschossen, fast wie ein Paparazzo. Einmal wollte ich gerade vor einer solchen Anlage meinen Fotoapparat herausziehen um durch das Eisentor ein Bild zu machen, als ich sah, dass ein Auto von der Straße hier einbog. Ich gab mein Vorhaben auf. Beim Vorbeigehen sah ich, wie das Tor aufging und dahinter ein Bedienter/Sicherheitsmann Haltung annahm.
Am nächsten Tag begannen wir ohne Respekt mit der Eroberung von Melbourne (3,7 Millionen Einwohner). Wir hatten ja bereits Erfahrung mit den anderen drei Millionenstädten (Sydney 4,6 Brisbane 2,3 Perth 1,5 Millionen). Allein in diesen vier Städten wohnt die Hälfte aller Einwohner des ganzen Kontinents. Der Rest verteilt sich auf den 37000 km langen Küstenstreifen. Das riesige Inland ist so gut wie menschenleer.
Wir nahmen den Bus an der Ecke und fuhren Richtung Zentrum. Ich muss noch einmal die freundlichen Bus- und Straßenbahnfahrer lobend erwähnen, die überhaupt nicht gestresst reagieren, wenn Fremde eine Menge Fragen mit komischem Akzent stellen. Kurz vor dem Zentrum fuhren wir durch den Olympia Park mit den Sportanlagen und kamen ganz nah an der Rod Laver-Tennis-Arena vorbei. Wir waren ganz begeistert, haben wir doch erst vor kurz vor unserer Reise die "Australien Open" von am Fernseher verfolgt, wie jedes Jahr. Eine spätere, eingehende Besichtigung wurde beschlossen.
Man merkt sofort, wenn man mitten im Zentrum ist. Der Trubel rund um den ins Auge stechenden Bahnhof Flinder Station ist ein eindeutiges Zeichen. Wir stiegen aus und gingen die wenigen Schritte zu dem großen "Visitor Center" und holten uns jede Menge Informationen über die Nahverkehrsmittel sowie Besichtigungs- und Ausflugsangebote. Für diese Dinge hätten wir gerne einen Computer in der Wohnung gehabt, was eigentlich üblich ist.
Danach machten wir die kostenlose Rundtour durch die Innenstadt mit einer gemütlichen, altertümlichen Straßenbahn, deren Rattern jedoch die Durchsagen unhörbar machten. Eine ähnliche Tour mit dem Bus war informativer. Danach gingen wir durch ein, zwei Straßen und ließen die Hochhäuser auf uns einwirken, gingen in die imposante St Pauls Cathedral und danach ein Stück entlang des Yarra Rivers. Es war ziemlich warm und wir freuten uns auf die Dusche, als wir wieder zuhause waren. (Da wir Wohnungstausch machten, fühlten wir uns nicht als Gäste, wir waren immer dort daheim, wo wir gerade wohnten).
Am nächsten Morgen, Samstag, trafen wir uns mit Janice und Neville (unsere Tauschpartner) in einem Straßencafe zwischen Wolkenkratzern, wo aber kein Autoverkehr erlaubt war.
Sie waren überraschend wieder nach Melbourne gekommen und schliefen in einem Hotel.
© Willi Grigor, 2008 (Rev. 2019)
Zugehörige Berichte:
literatpro.de/prosa/140716/au-03-2008-melbourne-strassenbahnbekanntschaft
literatpro.de/prosa/080816/au-2008-04-melbourne-great-ocean-road