Es ist nicht grade früher Morgen – ob die Welt jemals in Ordnung war, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen: NEIN! Aber da ist ja immer noch ein Lichtblick - der Postbote ... ich öffne nackt (so wie ich allen öffne, vor allem dem Schicksal). Er hält etwas in der Hand – es ist ein Ekelpaket. Kann ich es ablehnen?
Früher hätte ich genau dieses Ekelpaket mit Freuden entgegengenommen, aber inzwischen habe ich ein paar Ekelpakete geöffnet und festgestellt, daß man ungeheuer viel Ignoranz dafür braucht, es aus freien oder sonstigen Stücken zu genießen. Dabei ist noch nicht mal mein Spiegelbild mit drin gewesen.
Es war das Konterfei einer augenscheinlichen Praline, auf deren Einwickelpapier „ich bin doch sooo nett“ stand. Alle, die ich ausgewickelt habe, waren es auch, solange ich noch am Wickeln war. Aus-, ent-, abgewickelt stellte sich dann heraus, daß ich mich geirrt haben musste.
Ich war gar nicht der richtige Empfänger gewesen! Jedenfalls sagten das die Pralinen, nachdem sie mich eingewickelt hatten. Ich sei nur irgendwer, einer unter ganz, ganz vielen möglichen Empfängern, einer, zu dem sie vom Botendienst noch getragen werden konnten.
Ich verstehe nicht, warum ich mich vor vielen Jahren vor kaum einem Paket geekelt hatte. Damals wollte ich einfach alle auswickeln. Ich dachte mir: Paket ist Paket und insofern ist es ja ein Geschenk und einem geschenkten Gaul schaut man nirgendwohin (oder überall)!
Der Gaul seinerseits ist ja auch nicht zimperlich ... vermutlich denkt er jedes Mal, wenn er verschenkt wird: „Den werd' ich mir schon auch noch hinbiegen, der soll mich erst einmal reiten, dann sehen wir weiter – und zwar von hier bis zum Tellerrand!“
Das ist schließlich auch der einzige Grund gewesen, warum die Pakete, in meinen Augen, zu Ekelpaketen wurden. Inzwischen rechne ich, vor dem Auspacken, noch einmal nach: Mein Spiegelbild plus Geschenk ist gleich zusammen unglaublich ... verwirrend!
Das ist falsch! Wer vor dem Auspacken nachrechnet, der macht sich der Misanthropie schuldig und darf verabscheucht werden. Vertrauensbildende Maßnahmen, wie etwa nähere Erläuterungen, zu dem zu erwartenden Inhalt des Geschenks, sind schwer zu erbringen.
Entweder es mangelt an der Vorstellungsgabe beim Geschenk, nicht bei mir (ich weiß ja was drin ist), oder am Mut zur Selbstvernichtung bei mir – es könnte ja auch eine Bombe drin sein (Vorsicht: auch Sexbomben sind Bomben). Und was ist dann?
Dann sage ich „das ist ja gar kein Ekelpaket“ und fliege daraufhin umgehend mit ihm in die Luft, wie ein Luftikus, der den Ekel versäumte, um das Fürchten zu lernen. Ob einem das den ganze Tag schon am Morgen vermiesen kann, ist zwar diskussionswürdig, aber nicht mehr er-tragbar!
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Heiße Post
Wohin mit diesem ganzen Krempel,
mit und ohne Poststempel?
Wer schuld ist, daß er angeliefert wird,
der irrt, der irrt, der irrt, der irrt!
Was soll ich denn nur mit ihm machen?
Ich lasse gern die Schwarte krachen,
doch was zu viel ist,ist zu viel!
Bürgers Ruhe ist mein Ziel ...
Ich will meinen Frieden haben,
aber ja, mit allen Gaben,
die auch mir total gefallen –
nur nicht die mit scharfen Krallen!
Dann mach ich den Deckel dicht,
sage, „nein, das will ich nicht!“,
das geht zurück an den Absender -
ich bin doch kein Samenspender!