Der weise Zander

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von Olaf Lüken

Sokrates lehrte Platon und dieser Aristoteles. Aristoteles lehrte Alexander, und der schrieb
ein Buch, das eines Tages ins Wasser fiel. Der Zander fand das Werk, übersetzte es in die
Sprache der Wasserbewohner und inspiriert seit dieser Zeit das Denken der Wassertiere.
Die wiederum haben es den Nixen und Sirenen anvertraut. Die erste Erkenntnis: Je ver-
netzter die Meereswelt, desto uneiniger ist sie.

Der Zander sagt: "Fisch. Deine Seele spiegelt die Farben deiner Gedanken wider. Ob am
stillen Gewässer, an einer Quelle oder an einem murmelnden Bach. An solchen Orten
kannst du alles denken und alles in deinem Leben umsetzen, wenn du nur genug Mut
dazu verspürst. Die Kirche vertraut auf Gott, und Gott vertraut auf die Kirche. Aus diesem
Grund haben die Gläubigen an jedem Gotteshaus einen Blitzableiter angebracht."

"Fische, seid wie der Fels in der Brandung, an dem sich die Wellen brechen, während
sich das Gewässer ringsum wieder beruhigt. Du kannst leichter Atome spalten als ein
Vorurteil. Das Gegenstück zum äußeren Lärm deines Denkens ist die Stille. "Fische,
die Fische unterjochen, sind anderen Fischen immer unterlegen. Wenn die Gefühle da-
vonschwimmen, wird das Ufer fern. Das Leben wird uns geschenkt, den Rest müssen
wir uns verdienen. Futterneid ernährt den Streit. Da ist der Fisch den Menschen
gleich. Was nützen uns die schönsten Träume, wenn wir danach wieder aufwachen ?"

Wer jede Ungereimtheit täglich unter den Wasserteppich kehrt, darf sich nicht wundern,
wenn er eines Tages darüber stolpert. Flosse hin, Flosse her."

Was kann der Fisch vom Menschen lernen ? Er muss denken wie die wenigen, reden
wie die meisten. Dann wird es ihm an nichts fehlen.

"Gibt es glückliche Fische ? Von allen, die ich gekannt, waren es zwei Arten, die ich
glücklich fand: Den, der das Wassergeheimnis tief erforscht und den, der gar kein Wort
davon je verstand."

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