Die Zeitbombe explodiert

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von Alf Glocker

Ein aktueller Abstrich aus der High Society des 21. Jahrhunderts gibt uns Auskunft über die Veraasung verschiedenster Fleischteile um viertel nach Zwölf. Niemand hätte für möglich gehalten wie sehr so etwas stinken kann. Die Geier kreisen (kriechen) daher am Boden herum, Hyänen machen sich breit und die Popanze des angewandten Aberglaubens schmieren sich Brote mit Schimmelfett!

Nachts, wenn die Ratten die Gegenden zwischen den Friedhöfen unsicher machen, steigen die Missetäter aus ihren Zinksärgen, um die Unschuld zu jagen, die sich schamlos erdreistet hatte, glücklich sein zu wollen, ohne es zu dürfen. Dann leuchtet ein fahler Sichelmond hinter den Türmen der Zwietracht und sämtlichen Verrohungen hervor, die man sich nur vorstellen kann.

Für Vampire ist die Welt allerdings in Ordnung. Morgens um 7 sind sie ordnungsgemäß verstaut, während sich die Altvorderen daran machen, ihre perversen Testamente zu schreiben, bevor die Pest überhand nimmt und denen die Augen aus dem Schädel herausfallen, die bisher geglaubt haben, alles, aber auch alles, alles, alles im richtigen Licht erblickt zu haben.

Jetzt helfen auch keine Medizinmänner mehr! Die Voodoo-Puppen bleiben im Nähkästchen und wer einen seltsamen Kauz sein eigen nennt, der hütet ihn sorgsam, wie einen Sparstumpf vor der Mafia, oder dem Finanzamt, denn er wäre ein Galgenvogel, sobald man auch nur seiner Schnabelspitze gewahr werden würde. Niemand ist sicher!

Wie in ewigen Zeiten gewonnen, so in kurzer Frist zerronnen, verziehen sich die letzten Sonnenstrahlen der freizügigen Hofhaltung, rangniedriger Damen und Herren in die Lustschutzkeller einer Lebenskultur, deren vorzüglichstes Privileg es vor der Epidemie war, den Partywert purer Denkqualiät zu verbreiten. Doch nun dieser Leichengeruch ...

Süß wie ein Honigkuchenpferd schleicht er anheimelnd durch die Gassen, in denen die letzten Lichter des Geistes, durch den Hauch eines Abschieds gelöscht werden, der seinesgleichen sucht und leider immer wieder – an allen Ecken und Enden – findet. Menschenähnliche Gestalten entsteigen der völligen Dunkelheit.

Und immer wieder diese Schreie! Der Henker geht um! Wer nicht aufpasst und seinen Ausweis vorzeigt, der ihn als aktives Mitglied einer ehrlichen Vereinigung quasi brandmarkt, der wird eingefangen und solange ausgequetscht, bis er keine Arien mehr singt, sondern nur noch die Augen nach oben verdreht.

Dies gilt als der Anstand der Moderne, als der Preis der Angst, oder als ein Lohn der Barmherzigkeit, denn groß ist die Bereitschaft der Unseligen, die Untat der Verfolgung immer dort zu beginnen, wo sich noch etwas von der Gesundheit regt, die aufs Strengste zu verurteilen ist, nein - die es auszumerzen gilt, bevor noch einer ein Gegenmittel erfindet ...

*

Nicht irgendwann

Nun schluckt doch endlich eure Pillen
und seid dem Abschaum gern zu Willen,
denn eure Wünsche noch zu stillen,
ist ganz absurd, jawohl: zum Brüllen!

Was wollt ihr denn noch weiter sagen?
Man geht euch täglich an den Kragen,
man überschüttet euch mit Plagen -
da gibt es nichts mehr nachzufragen!

Der Medizinschrank ist schon leer,
der Körper ohne Gegenwehr -
denn dieser Viren Riesenheer
wiegt ungeheuer dumm und schwer!

So legt euch hin und denkt nicht dran
was man mit euch noch machen kann ...
Es fing zuerst ganz harmlos an -
jetzt seid ihr hin, nicht irgendwann!

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