Das Geschenk zum 25. Hochzeitstag

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Das Präsent zur Silberhochzeit

„Die Kubscharres haben uns zu ihrem 25. Hochzeitstag eingeladen. Wir sollten zusagen. Es soll eine Feier im kleinen Kreis werden, Corona bedingt.“

„Die Kubscharres sind gute Bekannte, aber keine Freunde. Die Silberhochzeit also? Hätte ich nicht gedacht, dass die schon so lange zusammen sind. Was bringen wir denen mit?“

„Das Geschenk muss passen. Es darf nicht zu protzig sein, aber auch nicht zu fimschig.“

„Was in aller Welt bedeutet fimschig?“

„Na, billig eben, peinlich, anrüchig, schlecht, minderwertiger Ramsch, oberflächlich, merkwürdig, lächerlich...“

„Warum schenken wir denen nicht einen 10er Pack Mund-Nasen-Schutz? In diesen Zeiten sehr beliebt als Mitbringsel.“

„Geht´s noch? Das ist doch kein Geschenk zum Hochzeitstag! Das kannste zu einer Party innerhalb der Familie mitbringen, als Gag oder so. Aber doch nicht zur Silberhochzeit!“

„In diesen besonderen Zeiten aber doch. Ich meinte ja nicht die Billig-Masken vom Discounter, ich spreche natürlich nur von der Königin aller Schutzmasken, der FFP3, mit Ventil, der Aura 6322 natürlich, von 3M.“

„Ich möchte das nicht. Wenn ich mit einem 10er Pack Masken komme, werden wir nie wieder von denen eingeladen. Und du weißt sehr wohl, wie gut Rita kochen kann. Rita Kubscharres gebackenes Lammkarree mit Rosmarin ist ein Gedicht. Wünschte, ich hätte nur ein Zehntel ihres Talents!“ (mehr zu sich selbst)

Konrad nickt bedächtig. Seine Frau schaut ihn leicht entrüstet an. Dann sagt der Gatte, um schnell abzulenken:

„Warum nähst du nicht ein paar Schutzmasken für die beiden? Das ist persönlich, das ist wenig Aufwand und kostet nicht viel, ist aber eine große Geste. Nimm deinen alten Bikini dazu her. Der passt doch schon seit Jahren nicht mehr...“

Wieder ein recht bedeutungsvoller Blick der Gattin.

„Ach ja? Damit sich´s der feine Herr Konrad im Ohrensessel bequem machen und ein Bierchen schlürfen kann, während die Ehesklavin Schutzmasken fertigt? Kein Bedarf, mein lieber Gespons-Kompromiss! Kein Bedarf. Da werden wir schon mal in einige Geschäfte tingeln müssen und uns umsehen dürfen. Nach einem richtig guten und dennoch nicht überbordendem Geschenk zur Silberhochzeit. Es sind unsere Nachbarn, es sind gute Bekannte, aber keine Freunde. Was würde da passen?“

„Gehen wir es in Ruhe an. Budget? Frau Haushaltsvorstand? Budget?“ Er nimmt seine Rolle an, denkt Birgit. Ich habe die Fäden in der Hand. Ich führe den Taktstock. Zufrieden gab sie diese Antwort:

„Wir geben nicht mehr als 50 - 60 Euro aus. Auf gar keinen Fall mehr... Wären sie gute Freunde, müssten wir 150 - 180 Euro springen lassen. Aber da sie nur äußerst gute Bekannte sind, auf dem Sprung, Freunde zu werden, dereinst, können wir es bei 50 - 60 Euro belassen. Wichtig: Es muss ein Geschenk für BEIDE sein. Sie müssen unbedingt beide Spaß daran haben.“

„Also, das Limit ist gesetzt. Wie gehen wir es an? Ich meine, professionell?“

„Parfümerien und Drogerien scheiden aus!“

„Stop! Dieter Kubscharre nimmt doch diese ultrateuren B12-Komplex-Vitamine ein. Hochdosiert, mit Depot-Wirkung. Ich glaube, rund 100 Kapseln kosten schon fette 20 Euro. Das hat mir Dieter mal erzählt. Er stöhnte über den satten Preis dieser Vitamin-Präparate. Will aber nicht davon lassen. Behauptet, es täte ihm gut, B12 zu nehmen. Kaufen wir ihm doch 300 Kapseln von dem Zeug.“

„Und Rita? Ich sagte doch, es muss ein Geschenk für beide sein. Was hat Rita von diesen Kapseln? Die lehnt alle Nahrungsergänzungsmittel ab, wie ich weiß.“

„Ruf Rita an. Dann plaudert ihr ein wenig. Dabei wird sie dir, ganz nebenbei, verraten, dass die Kaffeemaschine den Geist aufgegeben hat oder dass sie für den PC eine neue Maus braucht. Du weißt schon... Waffeleisen funktioniert nicht richtig, und die Mikrowelle hat Aussetzer. So etwas. Finde raus, wo es klemmt und zwickt. Und wir kaufen dann entsprechend ein. Fritteuse, ein Gigaset Trio-Haustelefon, analog, oder vielleicht einen Saug- oder Wischroboter...“

„Ich werde Rita nicht anrufen. Die checkt das sofort. Sie wird gleich wissen: Das ist einer dieser typischen Evaluations-Anrufe, das Ausspionieren, was im Haushalt evtl. fehlt oder defekt ist. Nein, das werden wir nicht machen. Wir müssen uns schon selbst etwas einfallen lassen. Auf solch plumpe Tricks fällt eine Rita nicht herein.“

„Als die zwei bei uns waren, zu Halloween, war Dieter ein wenig bis mittelschwer betrunken. Erinnerst du dich daran? Er hatte zu viel Schwiegermuttermilch. Ein teuflisches Zeug.“

„Latte di Suocera? Ja, du hast recht. Ein satanischer Kräuterlikör. Ich weiß es noch. 70 %. Dieter brachte ja diese urkomische Socken-Handpuppen-Nummer... Gleich, nachdem er fast die halbe Flasche getrunken hatte. Und, was war nun damals?“

„Er hat mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit geflüstert, dass er gerade mit Rita einige Passagen aus dem Buch „Fifty Shades of Grey“ ausprobieren möchte. Es ist da eine leichte BDSM-Affinität zu erkennen gewesen, denke ich. Schenken wir ihnen doch eine Peitsche, Handschellen und Elektro-Klammern für Hoden und Busen. Was meinst du?“

„Aha, unter dem Siegel der Verschwiegenheit also... Dieses Siegel hast du ja gerade bestens gebrochen. Bitte bedenke aber, dass wir zwar im sehr kleinen Kreis sind, aber doch sicherlich alle, eben auch die Familie, sehen kann, was die beiden da an Geschenken alles so auspacken. Willst du denn für hochrote Köpfe verantwortlich zeichnen, Götter-Gatte?“

„Gut gut... Das sehe ich ein. Es muss also ein politisch korrektes, für beide passend ausgesuchtes Geschenk sein, das zwischen 50 - 60 Euro kostet. Korrekt?“

„Ja, so passt es.“

„Dann suchen wir im Internet. Wir geben Suchbegriffe ein wie z.B. „Gute Bekannte, Geschenk zur Silberhochzeit, unter 100 Euro.“

Beide begeben sich zum PC. Das Ergebnis der Suche: Silber-Medaillons, Fußmatte de Luxe (personalisiert), Silber-Hochzeits-Laterne, Silberbestecke, versilberte Bilderrahmen, Kerzenhalter aus Silber, versilberte Etageren oder Silberschalen, funkelndes Lichterbild „25“, Fotoalbum im Metallic-Look oder eine Karikatur vom Hochzeitsfoto. Auch nett: Ein Silberhufeisen mit Gravur, ein graviertes Teetablett, natürlich in Silberoptik, und, sehr überzeugend: Eine eigene Hochzeitsbank, mit persönlicher Gravur (Rita und Dieter Kubscharre, jetzt schon 25 Jahre verheiratet), doch leider über 200 Euro teuer. Diese nette Idee wird letztlich verworfen.

„Was nehmen wir also?“ fragt Konrad.

„Ich denke, dieses funkelnde Lichterbild mit der „25“, das wäre was. Wie teuer?“

„60 Euro. Aber die Zahl „25“ brennt nur kurze 60 Sekunden. Pro Sekunde 1 Euro. Das ist nicht sonderlich effizient, oder? Respektive ein sehr kurzer Genuss. Danach werfen die das Teil doch gleich weg.“

„Na gut, lassen wir das Lichterbild. Wie wäre es dann mit der Karikatur? Ach so, liegt leider über

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