Im Angesicht des Drachens befindet sich eine überdimensionale Nase, darunter ein Lästermaul das Laster predigt, die jedoch nicht von dieser Welt zu sein haben. Und im Angesicht des Drachens geschehen Dinge, die keine Dinge sind, sondern unglaubliche Ereignisse … unglaublich jedoch nur für Nichtdrachenanbeter, die sich nicht im Angesicht des Drachens wähnen, sondern an Großmutters Rockzipfel.
Drachen haben keine Rockzipfel – manche Nichtdrachen sind zwar mit ihnen verheiratet, aber die haben keine Eier, aus denen Drachen schlüpfen dürfen, weil sie durch unglaubliche Dinge, die nur geschehen können, wenn man ein Drachenanbeter oder selbst Drache ist, eingeflößt werden. Eingeflößt werden sie immer von unten, nachdem man oben denjenigen zum Schweigen gebracht hat, der gar nichts sagen wollte.
Nur selten hat man jedoch Drachen oder Drachenanbeter gesehen, getroffen, oder gespürt, die etwas zu sagen hatten, obwohl sie in einem fort sprachen. Was sie sprachen, oder besser fauchten, zischten, schrien, brüllten, war stets zusammenhanglos, euphorisch und ungestüm. Nichtdrachenanbeter können da in Panik geraten, aber Drachenanbeter freuen sich und machen gleich mit, wenn irgendwo ein Drache zu reden, sprich zu quatschen anfängt.
Drachen leben nicht nur in ausgesprochenen Drachenländern – sie haben sich über die ganze Welt verbreitet, sie spucken Feuer, sie essen Feuer, sie leben im Feuer, aber wenn sie zu lange im Feuer lebten, weil sie zu lange Feuer gespuckt haben, dann gehen sie in ein drachenfreies Nichtdrachenland um dort Drachen zu zeugen. Nichtdrachenanbeter oder Nichtdrachen greifen dann nach Großmutters Rockzipfel, um sich Geborgenheit vorzuspiegeln.
Drachen und Drachenanbeter haben eine unglaublich hohe Meinung von sich, obwohl sie weder fliegen noch tuten können, vom Blasen ganz zu schweigen. Sie gießen nur Öl ins Feuer und pusten den heißen Wind herbei, wenn grade kein Rockzipfel in Sicht ist, oder sich nirgendwo Eier in Hosen verstecken, die keine Rockzipfel brauchen. Das nennt man „Resistance“, aber es ist nicht erlaubt zu sagen, daß es sie gibt, denn Drachen und Drachenanbeter stehen unter strengem Kulturschutz!
Drachen sind zwangsbeliebt! Jeder glaubt, der derzeitigen Mode entsprechend, einen Drachen beherbergen oder mehrere finanzieren zu müssen, oder umgekehrt: Jeder Drachen oder Drachenanbeter glaubt sich oder einen anderen Drachen oder Drachenanbeter von Großmüttern mit Rockzipfeln und eierlosen Hosen finanzieren oder beherbergen lassen zu müssen, damit er in aller Unruhe Feuer speien oder eben auch fauchen, zischen, bzw. brüllen kann, wie es ihm gerade einfällt.
Jeder ist nunmehr aufgerufen, Drachen, Drachenanbeter, Großmütter mit Rockzipfeln und eierlose Hosenträger, die an Rockzipfeln hängen, zu loben! Der gute Ton gebietet es, ansonsten keinen von sich zu geben, außer man heult mit den Wölfen, zischt, faucht, oder brüllt mit den Drachen, oder man zerrt Eierlose an Rockzipfeln hinter sich her, damit sie entweder Drachen oder Drachenanbeter werden. Dann lässt es sich, im Angesicht des Drachens, auch irgendwie leben, wenn auch nicht unbedingt!
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Drachen
Drachen sind in Drachenburgen
und in Ländern unterwegs,
wo es nichts gibt als nur Schurken:
Kinder eines Privilegs –
daß man als Drache alles darf.
Jeder ist auf Drachen scharf!
Drachen würzen die Gerichte,
wo Richter nur bestochen sind …
Länder, deren Drachendichte
größer ist, als man nur blind
grade noch ertragen kann –
sind verschont von diesem Wahn:
Man könne drachenlos noch leben,
man könnte sicher, irgendwo,
träumen und auf Wolken schweben,
in dem noch vertrauten Zoo,
welchen einst ein Herrgott schuf,
der noch ohne Feuer war und Huf!