Es ist Nacht im Mafia-Land, doch die Sonne steht fett über meinem Bett – ach, ist das nett! Ich gähne froh und wälze mich noch einmal durch die Kissen, dann stehe ich auf. Der Kühlschrank ist voll (zum Glück). Alles was ich für ein Frühstück brauche ist drin. Ich habe es gestern in einem Mafia-Laden meiner Wahl eingekauft. Die Lebensmittel hatten einen angemessenen Mafia-Preis und es hätte bei jedem anderen Mafia-Konzern ungefähr das Gleiche gekostet. Außer, es wäre aus einem Bio-Mafia-Laden gewesen.
Doch bevor ich frühstücke drehe ich den Hahn der Wasser-Mafia auf um zu duschen. bei der Morgentoilette höre ich bereits was die Mafia-Sender des Radios zu bieten haben. Was möchte uns die Mafia-Propaganda heute wieder weismachen? Auch die Mafia-Werbung ist lustig! Die Nachrichten aus der Mafia-Welt sind am lustigsten. Was hat der Mafia-Menschenhandel vollbracht, wie stehen die Mafia-Aktienkurse für Mafia-Politiker? Wie haben sich Verhandlungen der Mafia-Clans untereinander entwickelt?
Nach dem Duschen und Frühstücken, in meiner Mafia-Wohnung, suche ich meinen Mafia-Arbeitsplatz auf, der mir von einer Mafia-Arbeitsvergabestellen-Organisation zugeteilt worden ist. Den Lohn dafür haben die Mafia-Gewerkschaften, die selbst Mafia-Arbeitgeber sind, ausgehandelt. Den Weg dorthin bewältige ich mit einem, von einem der Mafia-Betriebe hergestellten Betrugsfahrzeug, das ich allerdings noch bei einer Mafia-Tankstelle befüllen muss. (Die Mafia-Preise passen sich dort stündlich an.) Ich freue mich auf den Tag, denn ich weiß: ich bin in guten Mafia-Händen.
Mein Chef wird erpresst, damit er mich besser erpressen kann. Das hat er in vielen Mafia-Seminaren gelernt. Er lässt mir meinen Lohn auf das Konto einer Mafia-Bank überweisen. Damit ich noch besser überwacht werden kann vollzieht sich der Zahlungsverkehr allgemein vorzugsweise imaginär. Demnächst, so heißt es aber, wird uns allen ein Mafia-Chip eingepflanzt, damit wir kein Geld mehr mit uns herumschleppen müssen. Wir bekommen dann überall gerade so viel wie wir brauchen um im Mafia-Stil überleben zu können.
Aber je mafiöser einer ist, desto mehr bekommt er zum Überleben. Das ist logisch, denn je besser einer erpressen kann, desto mehr kann er natürlich auch verdienen. Es müsste trotzdem wahrscheinlich, anstatt "verdienen" doch besser "verherrschen" heißen, wenn man es so darstellen dürfte. Denn im Mafia-Land gelten strenge Mafia-Gesetze. Gesetze, die den Mafia-Regeln nicht widersprechen dürfen, weil sonst alles aus dem Mafia-Gleichgewicht käme. Auch die Mafia-Vernunft wird mafiös verordnet und darf nicht angezweifelt werden.
Und das, obwohl doch eigentlich jeder von uns eine eigene kleine Mafia ist, die, würde sie nur einmal die nötigen Freiheiten erfahren, selbst unglaublich dummdreist wäre. Da muss man sich dann eventuell eingestehen: es ist wohl besser man entfaltet den schlechten Charakter erst gar nicht aus selbst heraus, sondern bewahrt sich in der Geborgenheit sämtlicher Mafia-Einrichtungen auf, die man kennt. Auf das, was man nicht kennt, kommt es schon gar nicht mehr an – das passiert sowieso! Also seien wir doch einfach mal vorauseilend glücklich darüber, daß alles so wunderbar geregelt ist.
Wir dürfen einer Mafia-Religionsgemeinschaft angehören, die sich in unser Leben pfuscht. Wir dürfen uns an Mafia-Wahlen beteiligen, deren Ausgang von vorneherein bereits feststeht, wir können uns einen Mafia-Partner suchen, der darauf achtet, daß wir brav die Erfordernisse der "Familie" erfüllen. Wir sind befugt Mafia-Träume zu träumen, Möbel von der Holz-Mafia zu besitzen, Kinder für den allgemeinen Mafia-Missbrauch sämtlicher vorhandener Menschen zu zeugen. Wir dürfen in ein Mafia-Gebiet unserer Wahl reisen und wir dürfen sie loben und hoch preisen, die Wohltäter der Welt, denn ihr Wohl ist cosa nostra!