Wie ändere ich einen Menschen?

Bild von Alf Glocker
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Das ist ganz leicht, ich muss mir nur ein bisschen überlegen, wie. Es gibt mehrere Möglichlkeiten: pädagogisch, medizinisch, operativ, klerikal, embryonal, brachial, mit Funkwellen, intravenös, anal, nein, das heißt, glaube ich, rektal oder oral. Da ich es mir aussuchen kann, fällt mir natürlich zuerst klerikal ein, denn der Glaube zerfetzt ja bekanntlich Zwerge, warum sollte er nicht genetisch vorbestimmte, also, vor der eigentlichen Bewegungsaufnahme, schon festgefahrene Verhaltensweisen beeinflussen können?! Aber, wer könnte denn am beeinflussbarsten sein?

Sollte ich einen guten Menschen dazu verführen, Böses zu tun? Ha, das ist zu einfach und stellt für mich keine Herausforderung dar! Das bräuchte ich ihm doch nur zu befehlen und er würde es tun. Die meisten kennen den Unterschied zwischen Gut und Böse ja gar nicht. Dann vielleicht einen schlechten Menschen dazu, Gutes zu tun? Auch das ist sehr leicht – ich muss ihm vorher halt versprechen, daß ein hübsches Sümmchen für ihn dabei herausschaut, wenn er unsinnige „Großtaten“ auf dem Gebiet verübt.

Vielleicht sollte ich mir zuerst einmal einen Deppen aussuchen, bevor ich mich an schwerere Fälle wie eigenständig denkende Menschen heranwage. Ich könnte einen x-beliebigen Trottel entführen, zu mir nach Hause tragen, auf einen Stuhl fesseln und ihm freundlich, aber bestimmt, einen Kübel Buchstabensuppe servieren. Dieses Verfahren könnte ich eventuell noch unterstützen, indem ich ihm ein Pfefferminzzäpfchen rektal verpasse, um damit seine geistige Flexibilität ins Hyperaktive zu steigern. Löffel für Löffel würde der Ärmste dann klüger werden.

Und nach 2 Stunden eifrigen Fütterns würde er vermutlich, zu meiner großen Freude, die ganzen Buchstaben wieder von sich geben und von mir dafür natürlich eine 1 erhalten. Das wäre der Idealfall! Sollte der aber nicht eintreten, bliebe ja immer noch, ihn 365 Tage und Nächte am Stück wissenschaftlichen Fernseh- und Radiosendungen aussetzen, wobei man vermutlich sogar die standfestesten Charaktere in den Wahnsinn treiben kann. Wenn sich mein Proband danach noch erinnern kann, wer er ist und was er früher mal wollte, fress ich einen Besen samt Putzfrau.

Ganz raffiniert aber erscheint mir die pränatale Intervention … Kurz nach einer künstlichen Befruchtung wird der erste Zellhaufen genauestens untersucht. Vorsichtig dringt man in die DNA des zu Gebärenden ein und beseitigt umgehend Lernblockadebereitschaft (angeborene Faulheit), geistiges Unvermögen (durch eine Ergänzung von, aus dem Eise befreiten, Mammutmitochondrien) und ergänzt die Gesamtkomposition durch Antriebsmodule aus der Erbmasse von Berggorillas oder wilder Ziegen aus dem Himalaya oder von Moschustieren?

Danach könnte man noch über den gewöhnlichen Tropf Gehirnwaschmittel verabreichen, das Unpassendes aus dem Schädel spült. Wenn ich jetzt noch keinen Jammer-Liedermacher erzeugt habe oder eine Nymphomanin erster Güte, dann weiß ich auch nicht. Wenn das aber, wider aller Erwartungen zum Trotz, der Un-Fall sein sollte, dann muss ich zu härteren Maßnahmen greifen – dann muss sein Schädel aufgebohrt werden! Dazu brauche ich allerdings die Hilfe eines Teams von hochqualifizierten Fachleuten, die alle ganz genau nachvollziehen können, was ich vorhabe.

Ich zeige ihnen einen Nürnberger Trichter, damit sie wissen, wie groß das Loch sein muss, das den ganzen vorhandenen Umfang bis dato zur Verfügung stehenden Wissens, samt allen falschen Vorstellungen und irrigen Annahmen, aufzunehmen hat. Dann muss der so großzügig zu Beschenkende, mittels saftiger Elektroschocks, darauf vorbereitet werden, daß er nun bald die Seiten vom Deppen zum Genie wechseln wird und förmlich, nein so lange hörbar danach schreit, derart beglückt zu werden, daß wir, ab einem bestimmten Zeitpunkt, einfach nicht mehr können …

vor Lachen, vor Mitleid und Neugierde, was aus unserem Experiment geworden ist … und wir werden uns – das gesamte Team aus Schicksalssaboteuren – begeistert die Hände reiben, wenn wir plötzlich einen riesigen, flügellosen Papagei vor uns haben, der uns unaufhörlich mit allerlei Parolen überschüttet, die man an jeder Straßenecke hören kann. Und wer hat’s gemacht? Ich habe mir das ausgedacht, organisiert und zur Durchführung vorbereitet. Ich ganz allein, wenn man einmal die Milliarden Mitstreiter vergisst, die mich weltweit angefeuert haben.

Ich hoffe nicht, daß am Schluss von allen gut gemeinten Maßnahmen überhaupt nichts geklappt hat und der Trottel ein Depp geblieben ist, oder andersrum. Und ich will auch nicht erleben müssen, daß er so klug ist als wie zuvor, denn sonst, ja, denn sonst müsste ich ihn betäuben und ihm den Schädel aufsägen lassen, damit sein Gehirn durch ein künstlich aufgeblasenes Spatzenhirn ersetzt werden kann … aber das soll nur das letzte Mittel sein, wenn alle medizinischen und Ideologischen Tricks versagt haben. Nur will ich das jetzt noch nicht einmal denken müssen.

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Kommentare

31. Aug 2019

Das mit der Putzfrau und dem Besen
Lässt sich bei MIR so leicht nicht lösen ...

LG Axel

04. Sep 2019

Gerne gelesen.
HG Olaf

04. Sep 2019

Vielen Dank liebe Freunde!

LG Alf