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die noch vor Zorn blitzenden, royalen Augen den Blick auf ihn richteten.
„Na, was sagt denn unsere Seeratte zu den Weisheiten seines Landsmannes?“
Da Chancen dem ungastlichen Ort zu entfliehen für den Angesprochenen sich ausgesprochen ungünstig darstellten, bemühte sich dieser um eine gewisse, lebensverlängernde Diplomatie.
„Oh großer König, Solohenes ist eben ein Philosoph. Die verfügen zwar über großes, theoretisches Wissen, besitzen aber nicht die Weisheit der Könige, die Euch so überaus reichhaltig zuteilgeworden ist. Die Thekener sind sowieso merkwürdige Leute, da sie ihre Bürger frei wählen lassen, wer sie regieren soll und stimmen sogar über die Regierungspolitik in der Volksversammlung ab. Da sind das glückliche Volk der Lykonen unter ihrem ruhmreichen König und die Bürger Ephetions mit dem Oligarchenrat schon besser dran, denn das einfache Volk braucht eine harte Hand, das es führt. Wo kämen wir denn dahin, wenn die Leute selber über ihr Schicksal entscheiden oder gar Gesetze beschließen dürften? Wer bräuchte dann noch eine autokratische Obrigkeit von der Götter Gnaden, die den Pöbel in die gewünschte Richtung prügelt?“
Inständig hoffend, dass der so mächtig mit der ‚Weisheit der Könige‘ gesegnete Herrscher, die eigentliche Aussage nicht begriff, sah der listige Nauarch den Monarchen treuherzig an.
„Alkastos, mein Lieber, das hast Du schön gesagt! Du sollst Dich an der Sonne meiner Gunst erfreuen. Solohenes ist einfach nur ein Idiot, der freiwillig der Macht entsagte. Stattdessen reist er lieber durch die Weltgeschichte und nutzt seinen zweifelhaften Ruhm als Schriftsteller, Wissenschaftler und Staatsmann dazu, seine Gönner mit absonderlichen Vorschlägen zu quälen.“
Der Seefahrer verneigte sich mit einem feinen Lächeln tief, insgeheim den Göttern dankend, dass sie seinen Gastgeber mit derartig viel arroganter Ignoranz gesegnet hatten. Selbstverständlich hielt er Solohenes keineswegs für einen schwätzenden Schwachkopf, sondern bewunderte ihn dafür, dass das Universalgenie die Größe besaß, nachdem er den Thekener eine demokratische Verfassung gestiftet hatte, freiwillig auf dem Zenit seiner Macht und Beliebtheit ins Exil zu gehen.
„Aber zum Geschäft! Alkastos, mein Lieber, Du darfst mir einen großen Dienst erweisen. Ich nehme an, ein niederer Kaufmann wie Du ist der lydonischen Zunge mächtig?“
„Selbstverständlich, weisester aller Herrscher!“
Nachdem der Kapitän mit feinstem Lydonisch antwortete, setzte auch Kroiphem, der bisher die Konversation mit etwas holprigen Danaeisch geführt hatte, das Gespräch in seiner Muttersprache fort.
„Sehr gut! Cretinarces, Castrates, Idiokadnezar und Sykophantissos, ich gewähre euch heute die Gunst, mich und meinen Thron in die Schatzkammer Nr. 20 zu tragen!“
Freudig und außerordentlich geehrt über das Privileg, ihren fetten König in die erwähnte Räumlichkeit schleppen zu dürfen, sprangen sogleich vier wohlgestaltete Höflinge auf, um ehrfürchtig das majestätische Werk zu verrichten. Allerdings wurde die Begeisterung doch durch das Gewicht ihres Monarchen nebst dem prächtigen Sitzmöbel und der Tatsache gedämpft, dass ein vorzeitiges Schlappmachen als Hochverrat angesehen wurde und der Delinquent vermutlich dem Wesir bei abendlichen Herrscherbespaßung Gesellschaft leisten durfte.
„Alkastos, mein Lieber, Du folgst mir. Pharnabessos, nimm Dir zwei Deiner Schergen und begleite mich ebenfalls.“
Der Kommandant der Palastwache, ein schöner und hochgewachsener Mann, nickte zwei seiner Untergebenen herrisch zu.
„Danaer, Du gehst hinter seiner Majestät, wir folgen Dir dann und bedenke, wir beobachten Dich genau!“
Mit einem Schulterzucken folgte der Nauarch der Anweisung Kommandanten und die seltsame Prozession setzte sich in Bewegung.
*
Wohlgefüllt mit den edelsten Preziosen bot die Schatzkammer 20 einen faszinierenden Anblick, der vermutlich Jeff Bezos oder Bill Gates hätte ausflippen lassen. Inmitten des Raumes befanden sich ein zufrieden grinsender Kroiphem auf seinem prächtigen Thron, ein wachsamer Chef der Leibwache, ein den Reichtum mit Kennerblick bewundernder Schiffskapitän und vier völlig erschöpfte Hofschranzen. Derweil hatten sich die zwei Palastwache auf Befehl ihres obersten Kriegsherrn vorm Eingangsportal postiert, um etwaige Störungen schlagfertig zu unterbinden.
„Jetzt alle mit Ausnahme von Alkastos und Pharnabessos raus. Das Portal soll während unserer Plauderei geschlossen bleiben!“
Der monarchistische Wunsch wurde innerhalb von Rekordzeit erfüllt, da niemand die ausgesprochene Neigung empfand, am königlichen Grillen teilzunehmen.
„Da wir nun in intimer Runde sind und keine amputationswürdigen Ohren uns belauschen können, möchte ich Dir zunächst eine Frage stellen, mein guter Alkastos: Ist Dir das Auge des Milikles ein Begriff?“
Verwundert sah der Nauarch den ihm so wohlgesonnen König an.
„In der Tat, großer König. In Niflgrila und offensichtlich auch bei den Barbaren ist die Geschichte wohlbekannt. Die Legende berichtet, dass der große Magier Milikles einst die Seele einer mächtigen Orakelpriesterin in einen riesigen Rubin von der Größe des Kopfes eines Mannes bannte und sie zwang, für ihn die Zukunft zu deuten. Der Sage nach darf jeder andere Sterbliche genau eine Frage sein zukünftiges Schicksal betreffend stellen, die ihm die gefangene Priesterin wahrheitsgemäß beantwortet. Allerdings sei der Edelstein verflucht und Milikles habe ihn versteckt, bevor in einer anderen Dimension verschwand.“
„Und, wenn ich dir sage, dass ich weiß, wo der Stein sich finden lässt?“
Redlich bemüht, totbringende Verachtung aus seiner Stimme herauszuhalten, antwortete Alkastos.
„Dann, oh großer König, muss ich Dir sagen, dass man Dich betrogen hat. Der magische Edelstein ist einfach nur ein nettes Märchen, das man Kindern beim Schlafengehen erzählt. Milikles, wenn es den wirklich gegeben haben sollte, konnte mit Sicherheit nicht zaubern, sondern war vermutlich ein ausgebuffter Scharlatan. Glaube mir, großmächtiger Herrscher, auf meinen Reisen habe ich viele sogenannte Magier und heilige Männer kennen gelernt, aber nicht einer von denen konnte wirklich hexen. Allerdings muss ich zugeben, dass einige ihr Handwerk der Täuschung und Illusion wirklich gut verstanden!“
„Hüte Deine Zunge, Danaer!“
Kroiphem lächelte voll hochmütiger Arroganz und gebot mit einer knappen Handbewegung dem aufgebrachten Pharnabessos zu schweigen.
„Hältst Du mich für so dumm? Ich bin im Besitz einer Karte, die aus der Zeit des Milikles stammt und den Standort der Kostbarkeit genau bezeichnet. Ein, ähm Hobbyarchäologe, entdeckte das Dokument in einem alten Grab und verlangte dafür einen wirklich unverschämten Preis. Normalerweise hätte er seinen gerechten Lohn bei einer meiner Grillpartys erhalten, aber man soll es sich nicht mit seinen Lieferanten verscherzen. Was meinst Du wohl, warum ich Deinen vorlauten Landsmann überhaupt eingeladen habe? Solohenes ist zwar ein Spinner, aber eine Koryphäe in der Altertumsforschung. Er hat mir schließlich die Authentizität der Karte bestätigt. Außerdem, mein Freund, hast Du natürlich recht, dass Menschen nicht zaubern können, aber es gibt andere Wesen, die der Hexerei mächtig sind und Milikles war bekanntlich nur zur Hälfte Mensch und zur anderen Hälfte Dämon. Aber
Sollte eigentlich ne Kurzgeschichte werden, aber Inspiration und die Götter haben anderes beschlossen.
Allen einen schönen Pfingstmontag und bleibt gesund!
LG
JU
Kommentare
Schöne Rest-Pfingsten!
LG Axel
Ui!!!
LG Alf
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