Die ergreifende Rede

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von Alf Glocker

Was ist, wenn der Wahnsinn an deine Türe klopft? Na, dann macht er dir auf und du trittst ein … Du freust dich über deine Einladung an ihn und bittest ihn, dir die Welt zu erklären. Du kannst dir ja inzwischen die Fußnägel schneiden oder in der Nase bohren – du könntest ihn aber auch unterstützen, indem du gebildete Leersätze herunterleierst wie ein Nickelodeon im gezähmten Westen, wo Lobhudeleien an eierlose Phrasendrescher verteilt werden.

„Du bist gut!“, sagt dir eine äußere Stimme, die du dir selbst eingebläut hast, seit die Lautsprecher der Leisetreter dein Hirn infiziert haben. Ratten übertragen die Pest – du sorgst für den Rest: Tod den Tyrannisierten! Sei doch bitte mal so freundlich … lächle, es werden Fotos für die Fahndungskartei gemacht, damit alle Aufrechten endlich katalogisiert werden können. Die Zeit der Gitter ist angebrochen!

Bald kommen die Katastrophen so gut weg wie die Musterschüler aus früheren Militärschulen, wo irgendwas besser gewesen sein soll als heute … und womöglich stimmt das auch noch! Wir wissen nicht was wir tun, aber einen Seemann kann das wieder mal nicht erschüttern. Der steht auch im Bombenhagel noch da wie eine riesige Null mit Stern. Das gute Zeugnis ist also geplant und wartet auf seine Abholung.

„Bitte nichts auslassen!“, steht an der Türe zum Fundbüro, wo du dich abgeben kannst, damit dich ein x-beliebiger Idiot adoptieren kann – du kannst dann aber immer so lange noch an der Briefwahl teilnehmen, bis weißer Rauch aus deinen Ohren steigt. Das Paradies der Vollpfosten winkt! Es ist nicht einfach eine Fata Morgana, denn überall um dich ist die Realität-erä-tät-tät. Leider braucht man dafür eine Aufnahmeprüfung …

Die Formulare dafür sind vorgefertigt. Sie sind eine Art negativer Intelligenztest. Du musst ihn bestehen, wenn du die Unreifeprüfung mit Bravour ablegen willst. Und du willst doch? Oder? Weit du denn überhaupt was du willst? Klar, du willst was alle wollen: das Fähnchen in den Wind hängen, auch wenn es total weiß ist. Nein, nein, nicht wie deine Weste, die ist beschmutzt – merk dir das, ein bis 10 000-mal …

und schreib dir hinter die Ohren, daß du ein Esel bist. Diesem Dings, diesem Idol, dem du mit Haut und Haaren verfallen bist, wird das gut in den Kram passen. Na ja, ihm natürlich nicht – seinen „Vertretern auf Erden“, die an dir (wie an uns allen) ein Exempel nach dem anderen statuieren: Sei bloß nicht gewarnt. Du musst schon lernen, etwas richtig zu interpretieren, bevor’s „losgeht“! Immer schön in der Spur bleiben!

Dann darfst du auch zu deiner Kastration beitragen und im Kinderchor mitsingen: „Ich will immer schon stumpf und irre sein, ich gehör dem Sinn allein, der da wohl mit ‚Un‘ beginnt – gelobt sei jeder, der da spinnt!“ Dann bekommst du auch deine Prämie und vielleicht, vielleicht wird dir sogar ein Auftritt gestattet, wo du einem Schimpansen den Literatur-Nobelpreis verleihst. Du darfst halt nicht so genau hinschauen!

Deine Rede soll jedoch ergreifend sein. Sprich vom schweren Leben auf den Bäumen, vom Lausen im Schlamm, von der Liebe im Slum und von der späten Einsicht der Sieger in ihr komisches Schicksal, sich selbst besiegt haben zu dürfen. Aber pass gut auf: Eigentlich ist jedes Wort in diesem globalen Sauhaufen völlig überflüssig … und krieg dich stets ein – Bedeutungen gibt’s ebenso wenig wie Zusammenhänge.

Und: nein: es: ist: nicht: alles: egal!!

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