EIN NASSES SOMMERMÄRCHEN

Bild zeigt Volker C. Jacoby
von Volker C. Jacoby

Mitte des Jahres 2017 werde ich ein Jubiläum feiern können: „60 Jahre Schreiberei“. Am 16. Juni 1957 schrieb ich im Alter von acht Jahren mein erstes eigenes Geschichtchen „Gewitter“ in ein altes Halbleinen-Aktenregistrierbuch schrieb, welches mir mein Vater als Kladde dafür überlassen hatte.

Als Kind hatte ich wahnsinnige Angst vor feuchten Naturereignissen. Den Normalregen ließ ich noch gelten, aber vom Starkregen bis zum Wolkenbruch, vom Hagelschlag über sturmböen- und blitzbegleitetes Donner-und-Doria, das war mir schlicht zuviel!

Mehrmals hatte ich solche Naturereignisse damals schon miterlebt, und sie alle waren keineswegs geeignet, mich davon unberührt zu lassen. Ich lief im Haus die Treppen rauf und runter und bat den lieben Gott, von Hochwasser, Überschwemmungen und dergleichen abzusehen. Er möge uns doch dieses Mal noch nicht ersaufen lassen. Nun, er tat’s auch nicht, und seitdem war wohl auch meine Freundschaft zu ihm stetig gewachsen.

Auch im Sommer 1957 - es kann Juli, August gewesen sein - erlebte ich auf der Rückfahrt nach St. Ingbert von einem Ausflug in den Bliesgau mit Picknick in der Nähe von Ensheim im Auto solch ein heftiges Unwetter, wobei man fast nichts mehr durch die Scheiben sehen konnte: Blitz, Donner, Hagelschlag, Sturmböen, all dies war redlich bemüht, mir meine kindliche Gelassenheit zu verjagen. Dann lag auch noch ein Baum über der Straße.

Und ich will euch nicht vorenthalten, was ich dann in jenes dicke Buch geschrieben habe, wohl selbst noch etwas nachbebend durch den Eindruck des Geschehens. Ich möchte die kleine Story hier wiedergeben samt aller Stil- und Orthographiefehler, die ich mir heute schmunzelnd verzeihe.

Die maßgebliche Figur in meinen Geschichtchen hieß durchweg „Manfred Moll“, und ich kann heute nicht mehr nachvollziehen, wie ich zu dem Namen kam, dieser Typ war es jedenfalls, der einigen doch recht prekären Situationen standhalten musste. - Los geht’s:

„Ein großes Unwetter.

Ein sehr heißer Tag ging zu Ende. Manfred Moll fuhr mit seinem Auto nach Hause. Er ist mit seinem Auto an ein schönes Fleckchen Erde gefahren und hat mit seiner Familie Piknik gemacht. Schwarze Wolken zogen am Himmel herauf. Es wurde immer dunkler. Hefige Winde fegten über das Feld. Dann fing es an zu gießen. Es War ein schwerer Wolkenbruch. Dann kam furchtbarer Hagel, starke Windböen sausten um Manfreds Auto. Er mußte langsam fahren. Man sah nichts mehr vor der Scheibe. Immer noch schlimmer wurde das Unwetter. Wie er durch den Wald fuhr mußte er plötzlich halten. Ein dicker Baum lag über der Straße. Eine ganze Kette von Autos, Lastwagen, Omnibusse und Personenwagen standen rechts und links. Der Regen ließ nach. Die Leute kamen mit einer Axt. Einer hieb den Baum auf der einen Seite ab. Ein Lastwagen zog ihn mit dem Schleppseil ab. Eine Sirene heulte. Die Feuerwehr kam angeschossen. Aber ihre Arbeit war schon gemacht. Die eine Autokette fuhr nach der Seite, die andere nach der Seite. Wie er zu Hause war hörte es auf. Bald waren die dicken Wolken weggezogen. Aber wie sah es aus? Die dicksten Bäumen mit den Wurzeln rausgerissen. Das war ein Unwetter.“

Und darunter hatte ich dann auch noch ein buntes Bildchen gezeichnet und koloriert, auf dem man ein Auto samt Familie in Sturm, Regen und Hagelschlag sieht. Mit dunklem Gewölk drüber und einer Pappel dahinter, die sich gequält zur Seite neigt.

Volker Carl Jacoby
(1957 und 2015)

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