Story XV: Der Gärtner oder eine gar garstige Moritat - Page 5

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es schon wieder attraktiv wirkte.
‚Wenn ich vorstellen tun darf: Dat is nu dat Binukiu, wo Freund von Opfer und dat Haupttäter is!‘
Die stolze Präsentation des polizeilichen Seppels machte Punchie schier rasend. Diese uniformierte Landplage konnte doch nicht wirklich so bescheuert sein, da musste irgendein perfider Plan gegen ihn dahinterstecken.
Der ‚Hauptverdächtige‘ wiederum nahm des Seppels einleitende Worte zunächst überrascht zur Kenntnis, lachte dann aber kurz auf und betrachtete den Chefermittler mit einem Blick spöttischen Wissens.
‚Seppel, Sie verdammter Kretin! Wie können Sie es denn wagen, den Herrn hier zu belästigen! Eine kurze Routinebefragung hätte in diesem Fall völlig ausgereicht. Herr Binukiu, Sie können natürlich sofort gehen und sich von den Strapazen erholen, mein schwachsinniger Assistent wird Sie dann nicht weiter belästigen…‘
‚Einen Moment, Oberkommissar Punchie. Wenn der Herr Binukiu schon hier ist, dann möchte ich ihm doch einige Fragen stellen!‘
Pulcinellas Stimme hatte eine ungewöhnlich sanfte Tonart angenommen, während sie den durchgestylten Tatverdächtigen mit einem seltsamen Glitzern in den Augen betrachtete, der wiederum schenkte der korpulenten Kommissarin feixend ein gönnerhaftes Nicken.
‚Herr Binukiu, möchten sie vielleicht einen Kaffee oder Tee? Ich bin sicher, der Herr Oberkommissar holt Ihnen den gerne!‘
‚Danke, Frau! Aber ich kann von einem Kafir keine Getränke oder Speisen annehmen, weil die für mich unrein sind. Gerne beantworte ich Deine Fragen, Frau, aber mache es kurz, da meine Kunden im Görlitzer Park, wie Deinem Kollegen wohl bewusst sein dürfte, auf ihre Medizin warten.‘
‚In welchem Verhältnis standen sie zum Opfer?‘
Punchies unwillkommene Einmischung trug ihm einen äußerst missbilligenden Blick seiner wissbegierigen Kollegin ein, die ihn seine Frage mehr als bedauern ließ.
‚Unwissender dimmi, Bibbi war eine meiner Nebenfrauen und mir ebenso lieb wie Chalid, mein Kampfhund.‘
‚Entschuldigen Sie meinen unsensiblen Kollegen, Herr Binukiu. Natürlich weiß ich, wie sehr sie unter diesem Verlust leiden und wie tief Ihre Trauer ist!‘
Der wenig sensible Chefermittler erlebte soeben eine Premiere: Mitleid und Verständnis von Rosa der Männermordenden! Ein Ereignis, würdig in die Annalen eingetragen zu werden.
‚Trauer? Bibbi war, wie ich schon erwähnte, nur eine Nebenfrau. Ich hasse es nur, wenn sich jemand unbefugt an meinem Besitz vergreift. Damit Du das verstehst Frau. Chalid, diese räudige Töle, darf nur ich töten. Wenn das jemand anders tut, dann zahlt er entweder Blutgeld oder bekommt meine Rache zu spüren!‘
Pulcinellas Gesicht bekam einen geradezu zärtlichen Ausdruck.
‚Ich verstehe Sie nur zu gut, mein lieber Binukiu. Aber nun zu meinem eigentlichen Anliegen: Mögen Sie eigentlich füllige Frauen und könnten Sie sich eine Beziehung mit einer starken Frau vorstellen?‘
Der Angesprochene zwinkerte dem äußerst verwunderten Oberkommissar verschwörerisch zu und antwortete herablassend lächelnd.
‚Eine ernsthafte Beziehung mit einer Ungläubigen kann ich nicht eingehen, wegen der Ehre! Allerdings kann ich gerne eine handfeste Nebenfrau gebrauchen, es ist ja eine Stelle freigeworden. Aber genug Frau, ich habe noch einige Worte mit Deinem Kollegen zu wechseln!‘
Binukiu betrachtete den mit dunklen Vorahnungen erfüllten Chefermittler mit einem raubtierhaften Lächeln.
‚Punchie, mein Bester, ich soll Dich recht herzlich von Alkhalifat Allaqalaq grüßen. Er vermisst die monatliche CO2-Pauschale von seinem niederen Diener Kalle Wirsch, die Du überbringen solltest. Mein Onkel, der Kalif, ist sich sicher, dass das nur ein Versehen sein kann und gibt Dir 72-Stunden Zeit, Deinen Fehler wiedergutzumachen, bevor unser geschätzter Mitarbeiter Akhdir Tamsah. Dir einen Besuch abstatten wird!‘
Mit Mühe konnte der ordnungshütende Bote einen entsetzten Aufschrei unterdrücken und konnte mit erheblicher Mühe verhindern, sich einzunässen. Alkhalifat Allaqalaq war nicht nur der geschätzte Golfpartner des Herzogs von Otranto, sondern zufällig auch absolute und unantastbare Herrscher des organisierten Verbrechens. Neben Crocodile Dundee gehörte Akhdir Tamsah zu den effektivsten Killern des Clans, wobei letzter wegen der besonderen Grausamkeit seiner Taten selbst abgebrühten Gangstern Furcht einjagte.
‚Bitte, ich zahle sofort. Richten Sie, geehrter Binukiu, dem Kalifen meine tiefe Dankbarkeit für seine außerordentliche Gnade…‘
Mit einer ebenso herrischen wie abfälligen Handbewegung beendete der Neffe des Hades die polizeilichen Dankbarkeitsbekundungen.
‚Du kannst mir den Tribut gleich morgen im ‚Görli‘ aushändigen, heute muss ich noch zu einigen Ämtern, um mir die Sozialleistungen für meine verschiedenen Identitäten zu holen. Das sind zwar nur Trinkgelder, aber Du kennst ja sicher den Spruch: Auch kleine Kamele machen Dung.‘
Jungenhaft lächelnd holte der multipersonale Binukiu einen goldenen Kugelschreiber aus seinem Armani Anzug und kritzelte seine Telefonnummer auf die Handfläche der fasziniert lauschenden Pulcinella.
‚Da kannst Du heute Abend anrufen, Frau.‘
Der ungestüme Verehrer verstaute elegant das edle Schreibgerät, holte aus der linken Tasche seines exquisiten Anzuge ein kleines Beutelchen hervor und warf es mit einer verächtlichen Geste dem völlig konsternierten Oberkommissar zu.
‚Das geht aufs Haus! Dann bis morgen und bedenke, Tamsah freut sich schon richtig auf den Auftrag!‘
An einem schon seit geraumer Zeit mit offenem Mund dastehenden Seppel vorbeiflanierend, verließ Binukiu fröh-lich die Marseillaise pfeifend den Raum.
‚Was für ein Mann! Der hat bestimmt einen längeren Rüssel als Dumbo, der fliegende Elefant!‘
Die offensichtlich verliebte Kommissarin ignorierend, war der oberkommissarische Geist noch mit der unmittelbar vorhergehenden Konversation beschäftigt.
‚Chefche?‘
Noch immer verwirrt sah Punchie seinen Seppel an, der ihn einen fragenden Blick zuwarf.
‚Was denn?‘
‚Wenn dat Oberkommissar wissen möchte, wat für nen Totengräber am günstigsten sein tut. Ich kenne da wat, wat echt für wenig Geld auch dat am übelsten zugerichtete Leiche aussehen lassen tut, wie ein Engelchen. Dat sind die, wo auch meine Großmutter unter dat Erde gebracht hat. Dat Institut tut auch dem Kalif gehören tun, der macht Ihnen bestimmt eine Sonderpreis im Voraus, wegen dat Tamsah und so.‘
Der so Beratene betrachte seinen eifrigen Ratgeber mit blutunterlaufenen Augen. Die gesetzeshüterische Furcht transformierte sich allmählich in polizeiliche Gewalt.
‚Sie elender Judas! Ich werde Sie…‘
‚Bitte keine antisemitischen Sprüche! Ihre Machoallüren reichen mir schon aus!‘
Die ungewöhnlich zahme Bemerkung seiner Kollegin, die offenbar durch romantische Gefühle milde gestimmt war, brachte den wutentbrannten Leitbullen auf den politisch korrekten Teppich.
Mit einer verschämten Geste steckte der Ordnungshüter Binukius Abschiedsgeschenk ein und konzentrierte sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe: Die Entlarvung eines geeigneten Täters. Vielleicht konnte man die ganze Sache diesem verräterischen Seppel anhängen, aber das war nur die ‚ultima ratio‘, da ohne die besondere Erlaubnis Otrantos kein noch so unbedeutender Kollege für die gute Sache geopfert werden durfte. Aber hieß der zweite Kandidat nicht ‚Krautss‘ – das hörte sich doch gut an!
‚Polizeihauptmeister, bringen Sie mir jetzt den zweiten Tatverdächtigen!‘
‚Wat? Ach dat Krautss,

Zum neuen Jahr eine alte Geschichte, die euch erfreuen möge. Ansonsten wünsche ich alles Gute für 2021.
Cheerio
JU

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Kommentare

04. Jan 2021

Wie immer bedankt sich die Firma für die Blumen.
LG JU

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