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Konzentriert lauschte das Geisterjägerteam den undefinierbaren Geräuschen, die aus dem EVP-Rekorder drangen.
„Holy shit, hast Du das gehört?“
Fragend sah der korpulente Jäger der verlorenen Seelen seinen weniger stämmigen Genossen an. Der war zwar nach eigener Aussage total paranormal begabt, aber dafür nicht sonderlich mit sonstigen Geistesgaben oder fiktionaler Kreativität gesegnet.
„Nee Olli.“
„Mensch Stan, der Geist hat doch gewiehert und dann sogar ein Bäuerchen gemacht!“
Ein verstehend verräterisches Aufblitzen eines leicht schmierigen Grinsens im Gesicht des paranormalen Ermittlers ließ erkennen, dass dieser nun die Intentionen Olivers des Vergeistigten begriff. Wie Merlin vor dem letzten Zauberspruch schloss Stan die Augen und verzog sein Antlitz zu einer Mimik, die höchstwahrscheinlich jener glich, die König Artus Hofmagier nach dem gründlichen Misslingen erwähnten Zaubers in seiner Todesqual aufsetzte.
„Ich spüre eine negative Entität - das unsagbar Böse!“
Für Oliver Babe gaben die salbungsvoll hervorgestoßenen Worte des medialen Darstellers das Stichwort, nun seine schauspielerischen Talente voll zu entfalten. Einen spitzen Schrei ausstoßend und sein Haupt schüttelnd, lief nun der feiste Gespensterschreck wild gestikulierend umher, um sich atemlos mit seinem ausladenden Gesäß auf einem recht abgenutzten Schreibpult zu platzieren. In dieser unheilvollen Nacht drehte das illustre Entdeckerpaar jenseitiger Fake-Aktivitäten in einer aufgegebenen Lehranstalt in Gelsum und hatte sich dementsprechend ein heruntergekommenes Klassenzimmer als Ziel äußerst paranormaler Investigationen ausgesucht. Dort hatten angeblich phantasievolle Schüler nach dem Genuss diverser, bewusstseinserweiternder Substanzen vor vielen Jahren völlig abgefahrene Wesen gesehen. Man munkelte damals, dass ein rosa Einhorn namens Dietmar dort spukend herumgallopierte und zu den gar schröcklichsten Wesen der Finsternis gehören sollte. Außerdem trieb gerüchteweise in der ehemaligen Geschwister-Scholl-Realschule zu allem Überfluss noch der Geist eines verstorbenen Lehrers sein Unwesen, dessen Züchtigungswut renitenten Schülern gegenüber verhinderte, dass er in den Paukerhimmel einfuhr.
„Oh mein Gott, sie haben an meinen Ohren gezogen und mir in den Hintern gepikst!“
Eigentlich sollte laut Drehbuch wieder Stan Lorbeer mit einer grauenvollen Vision von Fabelwesen und Lehrkraft an der Reihe sein, aber leider waren dem diverse Details entfallen. So sonderte das paranormalste aller Medien einfach seinen Standardspruch ab, den er vor langer Zeit aus dem Munde des Vorsitzenden der Bischofkonferenz beim Besuch eines Stripclubs aufgeschnappte.
„Ich befehle Dir beim heiligen Judas, enthülle Dich, oh Kreatur der Nacht!“
Nun hatte vergessliche Nekromant seit Beginn des Events den EVP-Rekorder in seiner rechten Hand, sodass angesichts der einige Meter weiten Entfernung zwischen den spiritistischen Jagdgefährten die bauchrednerischen Fähigkeiten seines gebeutelten Gefährten einer besonderen Herausforderung gegenüberstanden, die Babe allerdings hervorragend bewältigte.
„Ühühü, Dietmar. Ooooh, Lehrer Lämpel.“
In der Tradition diverser Propheten monotheistischer Religionen begann das Geisterjäger-Duo mit gespielt heiligem Zorn den Exorzismus, indem es in einem Ausbruch sinnloser Gewalt zunächst das morsche Mobiliar des Klassenzimmers zertrümmerte und dabei sinnfreie Bibelsprüche rezitierte.
Zum krönenden Abschluss begannen die Inquisitoren halluzinierter Phantome atemlos kreischend mit der abschließenden Austreibung imaginärer Dämonen.
„Vater unser im Himmel, geheiligt …“
„Was für nen Schrott!“
Frank Zapper nahm einen großen Schluck aus der Whiskeyflasche und drückte entschlossen auf die Fernbedienung. Der Sozialpädagoge im Dienste eines klerikalen Trägers televisierte den Esoterik-Klamauk der ‚Ghostfinder Bros‘ – nicht zu verwechseln mit den ‚Witchfinder Bros‘, die gewöhnlich mit den entdeckten Zeitgenossen abschließend ein nettes Freudenfeuer veranstalteten – eigentlich mit Wonne. Nur erreichte unser verborgen atheistischer Held, der auf Anordnung seines Mammon liebenden Arbeitgebers zahlendes Mietglied in jenem frommen Verein sein musste, bei weitem nicht den notwendigen Alkoholpegel, um die Show richtig genießen zu können. Normalerweise betrat der zwangschristianisierte Kindergartenleiter schon halbbetrunken seine bescheidene, teuer bezahlte Dienstwohnung, um sich nach Feierabend nun endgültig die Kante zu geben, aber in jenen pandemischen Zeiten, blieb die kirchliche Kinderaufbewahrungsstätte geschlossen und unser Mann beschäftigungslos mit reduzierten Bezügen. Völlig verkatert hatte sich Frank vor kurzer Zeit erhoben und nach einem angeekelten Blick auf die Innereien seiner verwahrlosten 2-Zimmer-Wohnung beschlossen, seine Sorgen auf die übliche Weise zu bewältigen. Also köpfte das Opfer konfuser Seuchenbekämpfungsmaßnahmen eine billige Flasche ‚Old Moonshine‘ aus dem Discounter und schaltete seinen einzigen Freund ein, um sich mit den in großen Teilen weit von jeglicher Qualität entfernten Sendungen ablenkend vollzudröhnen.
„…und geraucht haben sie auch. Schon aus diesem hielt unsere unfehlbare, ewige Regierungschefin den Einsatz von Wasserwerfern gegen die freche Demonstration der Leugner für ‚hilfreich‘ und alternativlos. Auch der heilige Doppelbock befand das Vorgehen der Ordnungskräfte als angemessen, aber nicht streng genug. Nach Aussage des Fraktionsvorsitzenden der ‚Apostel der permanenten Apokalypse‘ sollte solchen ‚rechten‘ Umtrieben mit aller Härte des Rechtsstaates, so wie Doppelbock ihn versteht, entgegengewirkt werden. Außerdem würden sich die Feinde der gelenkten Demokratie mit Vorliebe als sogenannte ‚friedliche Demonstranten‘ ohne offen rechtsextreme Agenda tarnen, um mit ihrer subversiven Wühlarbeit, die Gesellschaft zu spalten! Hinsichtlich des Einwands seitens unverbesserlicher Dissidenten, die aus unerfindlichen Gründen noch nicht mundtot gemacht wurden, dass sich die Forderungen der Demonstranten auf verfassungsmäßige Rechte bezögen, entgegnete der weiseste aller Apostel, dass jegliche Kritik an den absolutistischen Beschlüssen der progressiven Einheitsfront per se faschistisch wäre und die sogenannte ‚Verfassung‘ in Bälde sowieso mit den ewig wahren Dogmen der vereinigten Blockflöten harmonisiert werden würde. Präsident Großreihern erfreute ergänzend das niedere Volk mit der Feststellung, dass die Gesellschaft als monolithischer Block nach Maßgabe der Einheitsfront gegen meinetwegen rechte Spalter zusammenzustehen hätte, wobei natürlich auch Linksabweichler genauestens zu beobachten seien, denn um die werde man sich als nächstes ‚kümmern‘. Vermutlich stecke bestimmt der clowneske Lord des Bösen dahinter, den man kürzlich in Atlantis abgewählt habe.“
Claudius Prawda, wohlgewandet im Maßanzug und seines Zeichens Chefnachrichtensprecher des Staatsfernsehens, betrachtete nun gekonnt mit ernstem Blick die imaginäre Zuschauerschaft.
„Denn wir alle wissen: Demokratie ist gut, gelenkte Demokratie ist besser! …“
Nach einem gehörigen Schluck aus der Pulle wechselte Zapper kommentarlos – die Wände waren dünn und man wusste ja schließlich nicht, ob ein missgünstiger Nachbar einen nicht wegen ‚Gedankenterrorismus‘ denunzierte – den Sender. Angesichts der recht primitiven Regierungspropaganda für Einfältige dachte sich Frank zwar seinen Teil, aber vermied es vom vorgegebenen Meinungskorridor abzuweichen, da er an seiner bürgerlichen, wenn auch ziemlich bescheidenen, Existenz hing.
„Arbeiten is nix für mir! Ick bin doch nich doof!“
Kalle Grübel grinste debil in die Kamera und bohrte dazu genussvoll in seiner Nase. Von diversen Medien im privaten Auftrag zunehmender Verblödung der nativen Bevölkerung als ‚Deutschlands frechster Sozialbetrüger‘ tituliert, bespaßte der Mitfünfziger allabendlich als Hassobjekt Teile des werten Fernsehpublikums, das
Wie immer möchte ich betonen, dass Bezüge zu aktuellen Ereignissen und existierenden Personen in meiner Geschichte rein zufällig sind. Ansonsten folge man einfach nur ‚der Spur des Geldes‘ und so manch neue Erkenntnis mag sich einstellen.
Kommentare
Da Krause meine Fernbedienung hat,
Findet bei mir bloß Fußball statt ...
LG Axel
...unsagbar gut!
LG Alf
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