Welten entstehen, vergehen. Ein Klumpen: ich kann die Details riechen. Trotzdem stehe ich hier nur an einem Ufer und blicke über die trübe Brühe hinweg, den Spiegel für einen Engel. Ich schwamm in diesem Gewässer, schwamm dieser stämmigen Putte hinterher, die so gar nicht mein grundsätzliches Interesse aktivierte. Sie war da, das war alles. Ebenso wie das Lagerfeuer, die kleinen Zelte, der Schlafsack. Ebenso wie Musik, kreisende Weinflaschen. Ich hielt mich für einen Dichter, damals schon. Ich hielt mich für einen Dichter weit vor diesem Zeitpunkt (als ob die Zeit wirklich Punkte hätte, die wie Masern im Gesicht des unendlichen Raumes aufblattern) und auch danach dachte ich, das wäre meine Bestimmung. Nichts anderes fiel mir ein, obwohl ich nicht schrieb. Was hätte ich denn auch schreiben sollen? Manchmal stolperten Worte in mein Gedächtnis, manche davon notierte ich mir auf die Innenseite einer Zigarettenschachtel, Notizbücher verlegte oder verlor ich ständig oder vergas sie in irgendeinem Schlafzimmer. Ich verschwendete weder einen Gedanken an die Zukunft noch an die Vergangenheit. Nur so ist Gegenwart zu machen. Heute mache ich kaum mehr Gegenwart, heute fällt mir eben zuviel Vergangenes ein. Zukünftiges natürlich auch, aber von meiner Warte aus gesehen ist das ebenfalls alles Vergangenheit.
Welten entstehen, vergehen. Als sie schlief, schlich ich mich zu ihr.
Vapor Trails
Bibliothek
Mehr von Morpheus Eisenstein lesen
Interne Verweise
- Autorin/Autor: Morpheus Eisenstein
- Prosa von Morpheus Eisenstein
- Prosakategorie und Thema: Kurzgeschichten & Kurzprosa, Moderne