ALS MARTIN LUTHER SICH EINMAL DEN TEUFEL MIT TINTE ZU TAUFEN HERABLIESS

Bild zeigt Volker C. Jacoby
von Volker C. Jacoby

Doktor Martinus saß am Tisch
und übersetzte Bibel,
da tat’s ein wacker „Zack!“ und „Zisch!“
aus Richtung Burgfriedgiebel.

Leibhaftig stand im Kämmerlein
der rote Höllenbote
mit Stirngehörn und Huf am Bein
und hob zum Gruß die Pfote.

„Ich wünsche einen guten Tag,
sag', komm‘ ich ungelegen?
Was Junkern Jörg noch frommen mag,
ist Luthern grad kein Segen!

Ich rat‘ Dir, lege dich nicht an
mit meinen Kirch-Kumpanen,
schreib dir das bitte dann und wann
auf deine Ketzerfahnen...!“

Da! Luther warf sein Tintenfass
hoch auf der Wartburg droben
dem Deibel nach, der - blau und nass -
gleich anhob, laut zu toben:

„Au Martin! So geht man nicht um
mit Utensiln des Schreibens!
Dein Jähzorn ist mir schlicht zu dumm,
zu blöd wär‘ mir des Bleibens!

Freund Kurfürst stellte dir Papier
und Eisengallustinte;
nun feuerst du damit nach mir -
sag, sind wir in der Pinte??!

Du weißt, ich bin und bleib‘ der Geist,
der’s liebt, stets zu verneinen.
Drum ‚So geht’s nicht!‘ Parole heißt,
komm runter, will ich meinen!“

Doch Luthern, just im Zornesschub -
oft neigte er zum Gröbeln -
ward’s Pflicht, hierauf den Beelzebub
potzkräftig zu vermöbeln.

Mephisto, auch im Stolz verletzt,
sah wandab Tinte triefen.
Was mangels der nicht übersetzt
ward, nennt man Apokryphen.

vcj

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