nächtlicher fang

Bild von Perry
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geht das wasser zurück wird vergessenes sichtbar
von schaumrändern umspült eine qualle schauerlich
und dennoch lässt sie eine sicht auf das innerste zu

geht der blick weg vom körperlichen über den horizont
der dinge führt er uns durch leere tulpenfelder wissend
ihre farbenpracht wartet in den zwiebeln zu erblühen

segelnd auf dem kahn der zeit werfen wir das netz aus
vielleicht verfangen sich darin träume und wir bereiten
ein frugales mahl aus früchten nie endender sehnsucht

Interne Verweise

Kommentare

07. Mär 2019

Hallo, Manfred, ich bin begeistert ...! Das ist wieder ein supergutes Gedicht. Woher nimmst Du nur ständig diese tolle Ideen? Eine Winzigkeit nur hat mich gestört: dieses "frugal". Es passt als Wort nicht hinein, aus dem einfachen Grund: Es ist ein Fremdkörper in diesen wunderschönen Text. Bei Yvonne z.B. würde es nicht auffallen, dieses Wort, und sich hervorragend einfügen in Ihre meist schön skurrilen Bildungs-Gedichte. Sei nicht bös, aber ohne frugal wäre Dein Gedicht fast "unschlagbar".

LG Annelie

07. Mär 2019

Hallo Annelie,
ja das "frugal" stört etwas die Sehnsuchtsstimmung. Ich habe es aus folgenden Überlegungen trotzdem
verwendet:
Einmal soll es einen Kontrastpunkt zu den ansonsten doch sehr geläufigen Begriffen wie "träume und sehnsucht" setzen, zum anderen ist es in seiner Aussage durchaus vielfältig. Bei Wiktionary heißt es dazu:
"Das Wort frugal zählt zu den Wörtern, die durch ihr Klangbild oder durch Assoziationen (hier etwa: fruchtig = üppig) häufig in einem Sinn konträr zu ihrer ursprünglichen Bedeutung verwendet werden. „Dieser Bedeutungsumschlag macht frugal zum Januswort." Zuletzt bildet es auch noch eine Alliteration mit den "früchten."
Ich warte mal noch eventuelle weitere Reaktionen ab und lege es dann noch einmal auf die Waagschale. :)
Danke für den Hinweis und die ansonsten tolle Einschätzung.
LG
Manfred

07. Mär 2019

Tiefgründig und berührend Deine Zeilen, lieber Manfred.
Tatsächlich habe ich beim Wort "frugales" auch erstmal gestockt, da ich es noch nicht kannte.
Nachdem ich mich mit dem Wort vertraut gemacht hatte, las ich das Gedicht nochmal und stellte fest, dass es sich sehr melodisch in den letzten Vers einfügt, vor allem in Kombination mit "mahl" und "früchten".
Ich empfinde das Wort "frugal" als kleine Perle am Schluss, als Überraschung, die alles noch mal aufmischt, sich aber dennoch harmonisch einfügt.

Liebe Grüße
Ella

08. Mär 2019

Hallo Ella,
manchmal muss man etwas wagen, um einen Text aus der "Komfortzone" zu holen.
Danke für deine Reflexion und LG
Manfred