An meine erste Lehrerin

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von Marie Mehrfeld

Zwar warst du streng, ganz prinzipiell, so war die Zeit,
doch warst vor allem du bereit, die Kinder, die dir
anvertraut, zu unterstützen und zu beschützen,

das Lehrersein lag dir im Blut, du schimpftest wenig,
machtest Mut, kein Stöckchen je in deiner Hand, das
Prügeln war dir unbekannt, du wolltest lobend zügeln

und nichts verbiegen, ein Schmunzeln um die Lippen
stets, fragtest du lächelnd mich, wie geht’s, ich weiß,
du mochtest die Gewitzten, denn deine Augen blitzten,

oft musst’ ich in die Ecke auch - das war ja damals
noch der Brauch – wegen des Schwätzens und meiner
Schussligkeit und jenem Drang zu stören, nicht hin

zu hören, des Widersetzens, der Punkt saß selten
auf dem i, adrett gekleidet war ich nie, und meine Hefte
oft verschmiert und ohne Ordnungssinn geführt, ein

Tadel hätte nichts genutzt, das war dir sicher wohl
bewusst, nun bist du lange Zeit schon tot, dies dir
zu schreiben, es tut Not, du sitzt im Himmel oben auf

Wolke sieben, ich bin dein Fan geblieben, mein erstes
Frollein, hoch verehrt, und es ist sicher nicht verkehrt,
dich laut zu loben im Nachhinein, das muss so sein,

du bist in mir noch ganz lebendig, hast auch mein
Ungestüm gebändigt mit viel Geduld, mit ganzer Liebe
und ohne Hiebe – den Dank dafür, den liest du hier.

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