Mit versiegelten Schnäbeln hocken deine Winterfreunde die schwarzen Krähen stumm schlafend im kahlen Gebüsch, alle Sterne erloschen, der Morgen noch nicht gegraut,
du hast die alten Verse schweigend gelesen mit gerunzelter Stirn Zeile um Zeile im flackernden Schein deiner Kerze, „ich aber sage euch, liebet eure Feinde, segnet, die euch
fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen“, du siehst die Hand vor den Augen nicht, sehnst vergeblich herbei das Licht und die Lust
des duftenden Sommers, dunkelblau zuckt unter der Schädeldecke das pfeifende Rasen deines Pulses her und hin, dein Herz, nicht aus Eisen gemacht, fürchtet die klappernden Läden
im heulenden Nachtsturm, die abgehangene Zeit überzieht Fensterscheiben mit zähen Spuren, Bilder brennender Häuser und hungernder Kinder der fernen Länder im Krieg beleuchten
im Kopf den Hauch der Vergänglichkeit, du fröstelst, die Zähne der Ewigkeit hörst du nagen an dir und die Finsternis deiner Seele schreit nach Liebe und Wärme, geh nun
zu den Menschen und halte warme Hände in hohen Räumen und sing gute Lieder in die kalte Luft des dunkeln Novembertags und bewege die schweren Worte in deinem Herzen.
Siehe Matthäus Evangelium Kapitel 5, Vers 44-46; Vergebung und Gewaltfreiheit, Liebe und Gutes tun - diese Forderungen sind nicht ausschließlich Eigenheiten des Christentums, in anderen Weltreligionen haben sie ebenso Bedeutung. Auch die philosophische Ethik befasst sich mit der Überwindung von Feindschaft.