mich wärmen zur Nacht

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von Marie Mehrfeld

nun, da wilde Stürme alles welke Laub und das
Grün des Hoffens in die Vergessenheit geblasen
und die Tore sich selbst verriegelt haben, ist die

Zeit ruhelos ziehender Wolkengebirge und des
schweren Schweigens, das sich über alten Gipfel
kreisend in Gewässern dunklen Ahnens verliert,

nun, da Vögel stumm hocken in den Gabeln der
Äste und alle müden Füchse in Höhlen schlafen,
stehen Bäume kahl da im kriechenden Nebel,

flattert die Seele unruhig in dir und mir, werden
die Toten von Grablichtern bewacht, und die
Friedhofsportale versinken im Schattenlosen,

nun, da das Jahr nicht mehr lächelt, streichele
ich träumend die Stunden mit dir, goldene
Bahnen malen sie in mein spätherbstliches

Gemüt, und ich halte mein nacktes Gesicht in
den peitschenden Regen und ich lausche mit
Andacht dem Klagegesang heulender Böen,

nun, da Worte stockender fließen, flieht mein
Sehnen in das Traumgespinst des Gewesenen,
und ich frage dich, zärtliche Silben murmelnd,

ob auch du es noch fühlst, da, wo du jetzt bist,
das Band der Liebe, das uns aneinander kettete
auf glatten und steinigen Pfaden vor langer Zeit,

nun, da der Winter bald kommt mit der Trauer in
seinem Gesang, zünde ich summend Kerzen an,
halte ich meine Hände still, bin ich im Einklang

mit mir und mit dir und ich fürchte sie nicht, die
Monde der Kälte und Einsamkeit, denn ich weiß,
Einer wird da sein und mich wärmen zur Nacht

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