Mutter an Tochter

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In mir schlummern viele Gaben.
Malen kann ich, tanzen, schreiben.
Singe oder lass es bleiben.
Ehrlich bin ich bis auf Knochen.
Esse gerne. Trinke Wein.
Kann auch kochen. Ohne Sterne.
Bin mit mir auch gut allein.
Möcht sie wecken, meine Gaben.
Möcht sie pflegen, will sie zeigen.
Sie soll’n mir erhalten bleiben.
Teil des Lebens soll’n sie sein,
das vielleicht nur kurz noch dauert.
War doch manchmal eingemauert.
In dem Job und auch als Mutter.
In ein Heer von vielen Pflichten.
Und ich hab mich stets bemüht,
sie getreulich zu verrichten.
Hast du, Tochter, das gespürt?
Warst von Liebe du getragen?
Könntest du es mir mal sagen?
Darum bitte ich dich. Sehr.
Auszusprechen fällt mir schwer,
dass ich vieles falsch gemacht.
Nicht darüber reden konnte.
Hab nicht ernsthaft nachgedacht.
Schäm mich jetzt für die Allüren.
Möchte darum Lanzen brechen:
Ohne falsche Hintertüren -
lass uns miteinander sprechen.
Bin dir doch wohl nicht egal.
Aufzugeben wär’ fatal.
Muss jedoch an mich auch denken,
da du aus dem Hause bist.
Will mein Schicksal selber lenken.
Bin nicht Teil von altem Eisen.
Ja. Ich will jetzt oft verreisen.
An den Nordpol, das wär fein.
Ganz real. Nicht nur zum Schein
mit dem Finger auf der Karte.
Vielleicht Putins Land beriechen?
Hab genügend Geld auf Warte.
Könnte in ein Zelt mal kriechen.
Sollte Malediven buchen.
Oder Max in Rom besuchen.
Ja. Ich bitt dich. In der Tat,
Tochter, hier um einen Rat.
Ist von heute, dieser Schnee.
Komm vorbei auf einen Tee!
Will die Regeln nun beachten.
Bist willkommen. Jederzeit.
Kannst bei mir doch übernachten.
Weißt, dein Zimmer ist bereit.
Diese Mail wird jetzt zu lang.
Wart auf deine Antwort. Bang ...

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Kommentare

03. Aug 2017

In diesem Text sehe ich einen eindrucksvollen Liebesbrief - Mutter an Tochter. Berührend!

LG Monika

03. Aug 2017

Danke, Monika, darin stecken die möglichen Verunsicherungen in so manchem Mutter-Tochter Verhältnis, die geklärt werden sollten, so lange die Zeit reicht ...

Liebe Grüße - Marie

03. Aug 2017

Ein wunderbarer Text, Marie.

LG Annelie

03. Aug 2017

Danke, das freut mich, liebe Annelie. Diese Mutter hofft auf Aussprache und Versöhnung. Meine Lebenserfahrung lehrt mich, dass solche gesund machenden Beziehungsklärungen zu selten stattfinden.

Liebe Grüße - Marie

03. Aug 2017

Danke, Willi, darüber freue ich mich sehr.

Liebe Grüße - Marie