EINE GUTE BEOHRBACHTUNGSGABE

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von Volker C. Jacoby

Jawohl, Sie haben richtig gelesen: "Beohrbachtungsgabe". Nicht die uns geläufige "Beobachtungsgabe"! "Etwas beobachten" - das sagt man im Allgemeinen, wenn es darum geht, etwas genau ins Auge zu fassen und optisch konsequent zu registrieren.

Analog dazu halte ich es für immens wichtig, zu der Tätigkeit, die beschreibt, wenn man etwas akustisch konsequent registrieren will, dieses "genau zuhören", also etwas gut ins Ohr einzubringen, zu sagen: "etwas be-ohr-bachten".

Klar, hier gibt's nun beim eifrigen PC-Nutzer gnadenlos die rote Unterschlängelung durch das eingebaute Korrigiersystem, welches das Wort nicht kennt, nicht kennen kann, ebensowenig wie das Wort "Unterschlängelung" selbst. Eine "KD" ist dies, eine "Künstliche Doofheit"!

Das macht aber nichts, ich sitze alleine vor dem Monitor, und ich beohrbachte hier in meinem Zimmer keinerlei Protestgeschrei. Und so unzimperlich gut ich auch die zimmerliche Umgebung meines Schreibtisches beo- und beohrbachte, sehe und höre ich keine(n) KritikerIn, der oder die mir dies durch Hand- oder Mundzeichen anzukreiden und mich eines Besseren zu belehren versuchen könnte.

Und Sie, die Sie dies nun hier lesen: ich bin außer Ihrer Reich-, Sicht- und Hörweite, ich empfinde nicht Ihre Korrekturprügel, beobachte nicht Ihr rechtschreibschmerzverzerrtes Gesicht und beohrbachte ebensowenig Ihr entsetzliches Stöhnen, das laute Wehklagen an Ihrem Buchregal, auf welchem die Jubiläumsausgaben von Herrn Dudens Vermächtnisschinken stehen. Im Geiste beobachte ich Ihre Mundwinkel, die entweder nach unten gesunken Ihre Missbilligung oder nach oben gezogen ihr humorvolles Verständnis signalisieren.

Auch das ist eine Art Neudeutsch, aber meines! Ein englischfreies, anglizismenimmunes (ha, wieder die Unterschlängelungen!) Ergänzungsdeutsch. Und da es nach meiner eigenen Lust und Laune entsteht (auch Goethe erfand erst einmal die "Ameisen", nachdem ihm die "Emsen" literarisch nicht mehr ausreichten), so ist's mein eigenes freies und losgelöstes Lustundlaunedeutsch. Das muss keiner verstehen, nur ich selbst. Das wird nie in den Dudenknast der Unterschlängelungen wandern, nie durch ein Sieb namens Neuedeutscherechtschreibung verbalverbrämt, gesilbrüttelt, vervokalschüttelt und gekonsonantknüppelt werden!

Ach, schade, dass Sie mein Rotschlangenterrarium hier nicht farblich erleben können! Es sei denn, Sie kopieren es sich einmal versuchsweise ins Word. Ich werde es auch nicht mehr lange beobachten und das Serpentalgezischel beohrbachten können, denn ich werde mich gleich der Rechtschreibprüfung des PC's unterwerfen. Dies jedoch in arg hinterlistiger Absicht: all meine neuen Termini gilt es hinzuzufügen und das Programm - zumindest für mich - konsequent zu entdoofen.

Und so könnten auch Sie von mir lernen. Lernen, neue Wörter zu erfinden, zu sinnkombinieren und zu vernutzständigen. Zu verlustlauten, zu offenbuchen und zu stabenbaren. Unterschlängelungen erfreut zur Ersichtnis zu nehmen und das Geschmähzeter engzerebraler Orthografieunkengemeinschaften zwar zu beohrbachten, aber gekonnt zu enthirnwinden. Und sich dann nur von Ihrem puren Launebauch gewissleiten zu lassen, um solche Entscheideschlüsse in Ihrer eigenen unwidertrefflichen Weise mittels Verfestebnung zu beklammschweißen.

Zum Wohle! Ja wohin denn sonst?!

vcj

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