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schien es, als wüsste sie etwas. Etwas, das er für sich behalten musste. Dieser Argwohn seiner Frau trieb ihn in Bars und Spelunken. Er trank zu viel, er hatte Affären sonder Zahl, seine Kunst brachte ihm auch, heute ist der Begriff dafür wohl Groupies, jede Menge weiblicher Fans in all diesen Tanzschuppen und Musik-Kneipen ein. Gegen jetzt 2 der Regeln des Barons hatte Robert bereits verstoßen. Als er jedoch, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, im Jahr 1938 in Greenwood auftauchte, dort also, wohin es ihm zu reisen ja strikt verboten worden war, war sein Ende besiegelt.
Die Syphilis raffte ihn letztlich dahin. Und es wird berichtet, dass Robert Johnson tatsächlich, in den letzten Minuten des Lebens (so der Bericht eines Trink-Kumpanen aus Greenwood), genau so wie ein Hund gebellt und sich „wie irre aufgeführt“ habe, es soll der Wahnsinn in seinen Augen abzulesen gewesen sein. In dem Song „Hellhound on my Trail“ hat er diesen Albtraum sehr konkret vorweg genommen. Johnsons Tod muss grauenhaft und verstörend gewesen sein für alle damals Anwesenden.
Begraben wurde Rob Johnson wahrscheinlich auf einem kleinen
Friedhof in dem Ort Three Forks; die Grabstätte ist jedoch nicht
bekannt. In Morgan City (Mississippi) befindet sich ein Gedenkstein
für Robert Johnson mit der folgenden Inschrift:
„Robert Johnson. ‚King of the Delta Blues Singers.‘ His Music
struck a Chord that continues to resonate. His Blues adressed
Generations he would never know and made Poetry of his Visions
and Fears.“
Robert Johnsons Vermögen wurde erst 1998 seinem einzig damals
noch lebenden Sohn Claud L. Johnson (* 16. Dezember 1931; † 30.
Juni 2015) zugesprochen, der seinem Vater am letzten Tag seines
Lebens nicht beistehen konnte, damals ja auch erst sechs Jahre alt.
Dies war am 16. August 1938, 6 Jahre und 3 Tage nach seinem Abenteuer mit dem gefährlichen Baron in Clarksdale, an dieser noch heute sehr berühmten Kreuzung, wo der Highway 61 auf den 49er trifft. Dort steht, noch heute, „Abe´s Barbecue“. Und nicht selten trifft man um Mitternacht auf seltsame Gestalten, die ihre Gitarren vom Rücken nehmen, und den alten Cross Road Blues anstimmen: „I went to the crossroads at midnight“.
Aber ein Baron Samedi taucht nicht auf. Jede Zeit hat eben ihre Jünger - und auch ihre Teufel. Mit dem Beginn des Weltkriegs, in den auch die Vereinigten Staaten im Jahr 1941, am 11.12., eintraten, verlor sich die Spur des Barons. Heute sind es ganz andere Namen, ganz andere Persönlichkeiten, die Menschen jeglicher Couleur und Neigungen, zu Ruhm und Ehre verhelfen suchen. Die Gegenleistung ist und bleibt, gestern wie heute, in allen Bereichen, völlig gleich. Ein Kontrakt wird geschlossen, es ist seit Urbeginn stets das gleiche Ritual. Eine Seele wird verpfändet, die Gegenleistung erbracht - und das Ende ist in jedem Falle abzusehen. „Ist ein Kontrakt nach Maß und Gewicht geschlossen, so wird vermutet, dass dasjenige gemeint sei, welches nun an dem Orte, wo die Übergabe geschehen soll, eingeführt ist.“ (Juni 1794, Das Allgemeine Preußische Landrecht). Die Vorgaben und Regeln, all diese Versprechen, sie werden in der „Regel“ gebrochen. Und das bedeutet, selbstredend, die sofortige Beendigung eines doch einst so heftig erstrebten Kontraktes. Wie kommt es dazu?
Einst war die Demut noch im Herzen, kurz bevor der Kontrakt geschlossen wird, hernach jedoch, nach der „Sättigung und Erfüllung aller Wünsche“, wird der Mensch träge, lustlos und sehr egoistisch. „Wer ist dieser Gehörnte schon, dass er mir, dem wohl Besten und Größten auf dem gesamten Erdenrund, solchermaßen gebieten, gar Einhalt gebieten darf?“
Das könnte von Goethe sein, ist aber von mir. Der Leser weiß, was ich meine. Der Größenwahn setzt ein, plötzlich glaubt es jeder Kontrakt-Unterzeichnende: Niemand kann mir etwas, keiner ist in der Lage, meinen Handel zu verderben. Ich bin das Non plus ultra, ich allein habe die Macht! Soll da kommen wer immer mag, ich nehme es mit Jedem auf! Und dabei, ja, überschätzt sich das dumme kleine Menschlein doch so sehr.
Heute wird Robert Johnson zum berühmten Klub 27 gezählt. Dem gehören unter anderem an:
Brian Jones, 3. Juli 1969 (†)
Jimi Hendrix, 18. September 1970 (†)
Janis Joplin, 4. Oktober 1970 (†)
Jim Morrison, 3. Juli 1971 (†)
Kurt Cobain, 5. April 1994 (†)
Amy Winehouse, 23. Juli 2011 (†)
Einige Fakten zum guten Schluss:
Robert Johnson, geboren am 8. Mai 1911 in Hazlehurst,
Mississippi (übrigens damals als Robert Leroy Dodds)
leider früh verstorben (an der Syphilis, laut Totenschein)
am 16. August 1938 in Greenwood, Mississippi (warum
nur musstest du unbedingt nach Greenwood gehen, Rob?),
gilt als einer der bekanntesten, begnadetsten und auch
talentiertesten Gitarristen, Sänger und Songwriter in der
Geschichte des Blues. Die Legende besagt, und das hält
sich hartnäckig, neben dem faustischen Mythos natürlich,
Johnson sei in einem Tanzschuppen, den damals recht
berühmten Juke Joints, in der Nähe von Three Forks, einer
kleinen Siedlung bei Greenwood, von einem eifersüchtigen
Ehemann mit Strychnin vergiftet worden, das er in eine
Flasche Whisky gegeben hatte. Robert Johnson trank so
ziemlich alles, was ihm hingehalten wurde, gegen den
ausdrücklichen Rat eines Sunny Boy Williamson "nie
aus einer Flasche zu trinken, bei deren Öffnung du
nicht zugesehen hast". Der Totenschein besagt aber
klar und deutlich als Todesursache: Syphilis.
1936 nahm Johnson mit dem Produzenten Donny Law in
San Antonio, Texas, seine ersten Platten (Schellack) auf.
Seine letzten Aufnahmen machte er im Juni 1937, Dallas.
Nur 6 Monate später war Johnson tot. 16 Stücke wurden
in San Antonio aufgenommen, darunter Cross Road Blues,
Terraplane Blues und Come on in my Kitchen. Als Schellack
Platten veröffentlicht, verkaufte sich Terraplane Blues mehr
als 5.000 mal, was für die damalige Zeit durchaus (und mit
dem beschränkten Absatzmarkt) beachtlich war.
Die zweite und wie sich leider herausstellte, letzte Aufnahme-
Session folgte dann im Jahr 1937 in Dallas, Texas, wo weitere
Legenden bildende Songs wie Stones in my Passway, Me and
the Devil oder auch Hellhound on my Trail eingespielt wurden.
Alles nahezu autobiografische, höchst authentische Songs.
Seine persönliche Reminiszenz an den 12. August 1932 war
der '32-20 Blues' von Skip James, im Original 22-20 Blues:
If I send for my baby, and she don't come
If I send for my baby, man, and she don't come
All the doctors in Hot Springs sure can't help her none…
So viele Stücke hatten Begegnungen mit „unheiligen Kreaturen“
zum Thema. Man geht davon aus, dass Johnson vom Voodoo-
Kult beeinflusst worden ist, denn einige der Texte lassen sehr
deutlich darauf schließen. Ein Unkundiger hätte sie so sicher
nicht schreiben können.
Übrigens hat Robert Johnson, gerade einmal 18 Jahre alt, im
Jahr 1929 erstmals geheiratet, eine Virginia Travis, die leider
am 19.4.1930 starb, zusammen mit dem gerade geborenen
Kind. Diese Tragik ist, möglicherweise, der Ursprung der Blues-
Intensität des Robert Johnson, der noch heute mit den Stücken
zu begeistern weiß. Leider sind viele Titel eher durch andere
Interpreten berühmt geworden, denken wir nur an Love in Vain
(Rolling Stones). Robert und die Frauen... Eine endlose Story.
Hier beginnt das Verhängnis, das ihn später in den Abgrund
reißt. Kurz nach der Hochzeit erwartet das blutjunge Paar das
erste Kind. Doch bei der Geburt sterben beide, Mutter und das
Baby. Wäre diese Tragik ausgeblieben, wer weiß, vielleicht wäre
diese Geschichte ganz anders ausgegangen. Und Robert hätte
am 12. August 1932 nicht den Weg zu jener magischen Kreuzung
gefunden, an dem das wohl berühmteste Treffen aller Zeiten, mit
Baron Samedi jedenfalls, stattgefunden hat. Er hätte nicht so viel
Whisky getrunken, er wäre nicht mit so vielen Frauen ins Bett
gegangen, er hätte niemals diesen Ort Greenwood aufgesucht.
Müßig, darüber nachzudenken. Es ist gekommen, wie es eben
letztlich berichtet wurde: Der 27jährige Robert Johnson musste
sein Leben lassen. Unter äußerst tragischen Umständen.
Erheiternd fand ich einen Kommentar bei youtube, unter dem
Song „Crossroads“ von Robert Johnson. Dort steht zu lesen:
„I went to the crossroads at midnight with my Les Paul. Two
thugs hit me on the head and stole my guitar...“
Die heutigen Teufel haben sich den Zeiten angepasst. Eine echte, gute Les Paul ist eine Wertanlage. „Sammler legen heute gut und gerne an die 250.000 Euro für eine Gibson Les Paul hin“, sagt Uwe Singer, ein Anlage-Experte bei der KSW Vermögensverwaltung in Nürnberg. Ich persönlich rate davon ab, kurz vor Mitternacht in dem Städtchen Clarksdale aufzutauchen, dort, wo der Sixty-One auf den Forty-Nine trifft. Du, mein Freund, wirst vergeblich auf „den Baron“ warten. Und du hast 2.400 Euro hingelegt (Hin- und Rückflug). Es lohnt also nicht...
Warum dieses Geld nicht in einen exzellenten Gitarrenlehrer investieren? Dann klappt´s auch ohne den Baron del Cementerio.
Der Baron hat heutzutage ganz andere Namen: Lobbyist, Broker, Anlage-Berater, obsessiver, fanatischer Prediger - oder natürlich
auch schlicht „Influencer“. Das ist die modernste Form überhaupt.
Love in Vain Songtext:
Spoken: „I wanna go with our next one myself.“
And I followed her to the station
With a suitcase in my hand
And I followed her to the station
With a suitcase in my hand
Well, it’s hard to tell, it’s hard to tell
When all your love’s in vain
All my love’s in vain
When the train rolled up to the station
I looked her in the eye
When the train rolled up to the station
And I looked her in the eye
Well, I was lonesome, I felt so lonesome
And I could not help but cry
All my love’s in vain
When the train, it left the station
With two lights on behind
When the train, it left the station
With two lights on behind
Well, the blue light was my blues
And the red light was my mind
All my love’s in vain
Ou hou ou ou ou
Hoo, Willie Mae
Oh oh oh oh oh hey
Hoo, Willie Mae
Ou ou ou ou ou ou hee vee oh woe
All my love’s in vain
Writer: ROBERT JOHNSON / Lyrics powered by www.musixmatch.com
Rigide perfide, der Teufels-Kontrakt,
hier stehst du, nackt, ich stets befrackt.
Ich meine das im übertragenen Sinn,
Seelenloser, ergib dich dem Dschinn.