Manchmal krampft sich unser Herz schmerzhaft zusammen. Das geschieht meistens dann, wenn wir etwas tun sollen, das uns aus tiefster Seele widerspricht, wie z. B. Menschen, deren Herz ganz aus Stein ist! Daß Sohwass von Schlapp, der unnütze Abkömmling unnützer Adliger war, die sich für Vertreter des „Geistesadels“ von „Kunst und Kultur“ hielten, wurde hier ja schon mehrfach erwähnt, findet jedoch in der folgenden, kleinen Episode ihren besonderen Ausdruck! Dafür muss jedoch einiges im Voraus noch erklärt werden.
Sohwass von Schlapp, genannt „Stein“, machte seinem Spitznamen alle Ehre, durch die Gestaltung „seines“ Gartens, der eigentlich der von Miss Mutig war. In jahrelanger Kleinarbeit hatte der Kleingeist Stein, Stein für Stein, mit dem Kleinwagen von Miss Mutig (den er ihr weitergeschenkt hatte – er hatte ihn ursprünglich von einem guten Freund und Bewunderer seiner Kunst bekommen) gesammelt, um dem kleinen Garten ein großes Aussehen zu verleihen: Terrässchen und Monumentchen wurden angelegt und aufgebaut!
Dadurch bekam der Garten nicht nur eine ungewöhnliche Note, sondern bot auch zahlreichen Insekten, fliegenden und krabbelnden, ein wunderschönes Zuhause. Aber Steins Gestaltungswut sah in Miss Mutigs Augen schon fast wie eine Sucht aus, denn von allen Orten, die sie besuchten, nahm er einen besonders schönen, oder besonders auffälligen Stein mit. Da gab es von muschelartigen Objekten über monströs aussehende „Exponate“ auch Hinkelsteine usw. Daneben musste er, Stein, auch noch anders sammeln.
In einigen entsprechenden Garten- oder Gartenbau-Märkten erwarb er sogar käuflich gläserne oder an abstrakte Skulpturen erinnernde Objekte, die an besonders markanten Stellen des Gartens platziert wurden. Darauf wurde sogar schließlich auch Zacky, Miss Mutigs Busenfreundin aufmerksam, die ebenfalls einen schönen Steingarten angelegt hatte. „Mir kannst du bitte auch neue Brocken mitbringen, wenn du wieder sammelst – was Schönes kann ich immer gebrauchen“, sagte sie und Stein dachte daran …
Im Voralpengebiet gab es eine geradezu sensationelle „Abraumhalde“, wo eine Stadt (der Name muss hier, aus datenschutzrechtlichen Gründen, verschwiegen werden – haha) ihren gesamten Aushub von Baustellen lagerte. Dort gab es Steine in den verschiedensten Farben, vom blendend weißen Marmor, über roten Sandstein, bis zum blauem Granit, alles, was das Steingärtner-Herz begehrt. Stein war dort öfter zu Gast und suchte eifrig nach diversen Highlights, die er entweder zuhause, in Miss Mutigs Garten, aufstellen konnte, oder eben manchmal auch für Zackys Bedürfnisse zu sammeln pflegte.
Nun geschah es aber zu der Zeit, da Zacky den Erwerb eines Neuwagens zu feiern gedachte und Miss Mutig wie auch Sohwass von Schlapp bei ihr eingeladen waren. Stein versprach, die neuesten Steine mitzubringen: drei große, eiförmige Stücke aus purem Marmor … aus einem urzeitlichen, ehemaligen Flussbett des Voralpenlandes. Zacky befand sich in freudiger Erwartung, als Stein mit Mutigs Kleinwagen und Miss Mutig selbst vorfuhr, um die nicht eben leichte Last, wenn möglich, direkt vor Zackys Haustüre abzuladen.
Leider waren jedoch alle Stellplätze für Blechkutschen bereits belegt. Nur noch Zackys persönliche Ausfahrt sollte gerade frei werden. Stein gedachte da rückwärts reinzustoßen, um die liebe Steinlast loswerden zu können, ohne sie weit herbeischleppen zu müssen, denn erst in 50 Metern Entfernung war noch eine Parklücke frei. Zacky wollte, just in dem Augenblick von Steins Herantasten, ihr neues Mobil jemandem vorführen – sie machte also Anstalten, die persönliche Ausfahrt zu verlassen …Stein konnte sich freuen?
Er blieb vor der Ausfahrt stehen und wartete auf Zackys Weiterfahrt. Miss Mutig kurbelte die Scheibe herunter und begrüßte die Busenfreundin. Zacky grüßte zurück und wollte wissen, was Sohwass von Schlapp bewog, links vor ihr anzuhalten. Wollte er etwa in ihrer persönlichen Einfahrt parken?? Stein stupste Miss Mutig an: „Sag ihr doch bitte, daß ich nur meine Geschenke abladen möchte und dann gleich wieder rausfahre, um mir einen anderen Platz zu suchen." Miss Mutig starrte ihn entgeistert an. Auch Zacky guckte entgeistert.
Sie schien eine Erklärung zu verlangen, was ja auch durchaus verständlich war. Wieder redete der Steinige auf Miss Mutig ein: „Sagst du bitte deiner Freundin, daß ich nur kurz da rein will, um was abzuladen?!“ Miss Mutig würgte, brachte aber keinen Ton heraus. Eine unbewusste Kraft blockierte in ihr alles! Und ihre arme, bedrängte Seele befahl ihr stumm zu bleiben. „Warum solltest du diesen dämlichen Stein mit seinen dämlichen Steinen dabei unterstützen, verstanden zu werden?!“ fragte sie wimmernd, „das ist nicht deine Pflicht!“
Die ganze Situation schien einzufrieren, während in Sohwass von Schlapp etwas zu kochen begann. Warum konnte diese Frau nicht ein einziges Mal – ja, nicht einmal für ihn Partei ergreifen, sondern – einfach nur dabei behilflich sein, daß er nicht unabsichtlich Verwirrung stiftete?! Stein versteinerte böse, blieb stehen und wartete, bis Zacky einfach aus purer Ratlosigkeit weiterfuhr und den Weg freigab. Das geladene Publikum all ihrer Freunde und Bekannten aber starrte jetzt Stein empört an: Was für ein halsstarriger Oberdepp?!
Allein Jesus, das kluge, bärtige Unikum, seines Zeichens Zackys Ehegesponst, trat heran und rief: „Ha, ich verstehe schon, warum du unbedingt hier ein wolltest – du willst abladen!“ Stein strahlte übers ganze Gesicht, die „Menge“ wandte sich teilweise enttäuscht, teilweise beruhigt ab. Die Party konnte beginnen! Stein entlud den Kleinwagen und wandte sich dann kleinlaut an Miss Mutig. „Warum hast du ihr denn nicht gesagt, was ich vorhabe?“ Miss Mutig aber spürte seine charakterlose Enttäuschung und antwortete mit berechtigtem Zorn:
„Ich habe es eben verpennt, verstehst du das? Willst du das nicht verstehen? Warum machst du jetzt eine unnötige Staatsaffäre draus? Bist du noch zu retten?!“ Stein erkannte die Ausweglosigkeit der vertrackten Angelegenheit und schwieg. Mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft (also mit keiner), gab er sich krampfhaft Mühe, den krampfartigen Anfall Miss Mutigs entkrampft zu verstehen. Aber er kam leider nicht einmal in die Nähe der Idee, daß seine unnütze Gegenwart der Grund für die grenzenlose Lebenspein anderer Menschen war!
Kommentare
Der Stein
Haut rein!
LG Axel
ohne wer zu sein...
LG Alf
Nun habt doch mal ein bisschen Mitgefühl mit dem armen Herrn Stein,
das ist ja zum Stein erweichen - ohne gleichen, seufzt Monika grüßend
Absolut gelungen !
HG Olaf
Man dankt!
LG Alf
Die Frage drängt sich auf, wie sich ein entsteintes Leben für die Missmutige gestalten würde. Das wäre sicher seeehr trüb ...