Staat

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von Heide Nöchel (noé)

Aus meiner - zugegeben - schon lange zurückliegenden Schulzeit habe ich noch vage im Ohr, dass ein Staat, um sich Staat nennen zu können, ein Staatsvolk benötigt und, um dieses zu beherbergen, ebenso ein Staatsgebiet, ja, sogar eine eigene Währung und zumeist auch eine eigene Sprache. So stringent wurde das vor einer sehr langen Zeit einmal definiert.

Heute sieht man das nicht mehr so eng, wenn ich wikipedia Glauben schenken soll.

Aber in Zeiten, in denen fleißig am Grundgesetz herumgedoktert werden darf (52 x in 60 Jahren ...), ohne dass dies Bedenken größerer Art generiert (bei der ersten Änderung - der Einführung der Bundeswehr und der Wehrpflicht - war ich definitiv noch zu jung, aber schon Jahre später, bei der zweiten, habe ich als ganz junger Mensch bereits sorgenvoll die Stirn gerunzelt ob eines solch folgenschweren Eingriffes ...), reicht es schon, sich "Staat" zu nennen; ihm zugehörig fühlen "dürfen" sich dann ganz unterschiedliche Personen unterschiedlicher Sprachen an unterschiedlichen Wohnorten auf der Welt, denn auch der Begriff "Staat" kann durchaus länderübergreifend interpretiert werden. Wie bei so vielem, sind auch hier die Voraussetzungen sehr aufgeweicht, inzwischen.

So werden Kriege gegen "Staaten" ohne dazugehöriges, eigenes Territorium geführt, die nicht einmal eine Regierung vorweisen können, sich aber dennoch ungestraft "Staat" nennen und ihre Gewalt vorwiegend - aber längst nicht mehr nur! - auf dem vorhandenen Territorium eines anderen Staates ausüben, der hingegen bald über kein eigenes Staatsvolk mehr verfügen wird, weil er es zum großen Teil selbst eliminiert oder durch selbst ausgeübte Gewalt zur Flucht in wiederum andere Staaten gezwungen hat.

Allerdings hat auch dieser Staat schon lange keine Regierung mehr, die sich so nennen dürfte, wenn auch ein paar diffuse Gestalten kontinuierlich so tun als ob - und bei diesem ihrem Egotrip von anderen Staaten, die eigentlich "keinen Krieg wollen", aber dennoch fleißig Waffen exportieren, bei der Vernichtung des eigenen Staatsvolkes seit Jahren scharadenartig unterstützt, weil immer noch anerkannt, werden.

Aber es handelt sich ja um keinen Krieg. Nicht wirklich. Nicht im Sprachgebrauch. Jedenfalls nicht für "uns".

Denn den wollten wir ja nie wieder.

Hatten wir jedenfalls mal geschworen vor - wie langer Zeit?

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