Niemand will Krücken benutzen! Niemand will eine Mauer bauen! Niemand betrügt, niemand besitzt das Niemandsland, niemand möchte etwas einsehen, niemand ist brutal oder grausam, niemand ist an irgendwas schuld, Niemand ist nirgends zu finden! Niemand ist berühmt – er hat 1000 Pseudonyme, er arbeitet in Millionen Firmen, er hat nie etwas Schlechtes vor ... er ist überhaupt ein Supermensch.
Denn jeder vertraut auf ihn. Niemand wird es schon richten, Niemand kommt dafür auf, Niemand wird uns erretten aus der Not, denn er ist bei uns alle Tage. Wir haben niemanden im Verdacht, wenn wir gutgläubig sind und jeden, noch so virtuellen Niemand in unsere Herzen einschließen, denn Niemand ist unsere Ausrede für alles! Mit Niemand lässt sich's gut arbeiten.
Müssen wir deshalb gleich sagen: „Niemand ist eine Krücke, ohne die wir keinen Schritt weiter kommen?“ Nein, da würde doch niemand drauf kommen! Niemand macht uns was vor, nur diejenigen, die sich auf Niemand, berufen, wenn sie verkünden: „Niemand, alias XYZ, hat damals gesagt: „Blahblahblah“ (auf den Inhalt kommt es nicht an).
Niemand ist ungeheuer zuverlässig. In der Astrophysik wirft er den gewaltigen menschlichen Denkmaschinen mathematische Krücken hin, damit das Weltbild stimmig gemacht werden kann, und in der Politik stellt er gewalttätigen Trotteln die Krücken zur Verfügen, mit denen sie sich treffend hinausreden können – auf irgendeinen Schwachsinn, der gerade kursiert.
Was den Glauben angeht, da dreht sich ebenfalls alles um Niemand, also um eine pseudoreale Person (surreal möchte ich nicht mal sagen), die allgegenwärtig imstande ist, jeden Popanz authentisch darzustellen. Denn dieser Niemand ist vielseitig verwendbar. So vielseitig, daß alle Parteien im Namen Niemands aufeinander losgehen können. Niemand hat sie in den Tod getrieben!
Wir lieben niemand und damit uns selbst, denn auch wir sind Niemand, der stellvertretend für uns seine Weisheit ausbreiten kann, wo es niemandem gefällt, der noch einen Funken Jemand in sich hat. Wer will sich da noch um Gebote kümmern, wenn Niemand schon alle erlassen hat?! Wir sind doch wer, wir richten unsere Gedanken an Niemand aus, dann brauchen wir uns vor niemandem zu rechtfertigen, wenn wir grad jemanden erschlagen haben.
Niemand kann uns den Verstand ersetzen, den wir nicht haben müssen, weil niemand uns beschützt, vor uns, vor der Welt und vor der Angst niemand zu sein – nichts darzustellen als einen Riesenhaufen Elend, das niemand zur Kenntnis nehmen würde, wenn es Niemand nicht gäbe. Ach, was haben wir doch für ein Glück! Wir lassen uns von niemandem Zwiebeln, außer wir gefallen uns als das Protegé eines Niemand, der überall und nirgends gleichzeitig ist – vor allem nirgends wenn man's genau nimmt. Aber wer das sagt, ist des Todes!
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Das große Zwiebeln
Wer Zwiebeln zwiebelt,
dem verübelt
man, daß es ihn gibt -
weil alle Welt doch Zwiebeln liebt.
Nicht die Zwiebel, nur die Tat,
bei der dann jemand weinen muss,
der Zwiebeln nicht so gerne hat.
Der bekommt den Todeskuss!
Denn im Zwiebeln
liegt das Giebeln,
allerhöchstes Weltgeschehen -
auf den Dächern kann man sehen:
hier belastet der Beschluss,
„Zwiebeln ist ein Hochgenuss“,
alle, die nicht leiden möchten -
doch das ist nicht anzufechten!
Kommentare
Den Essay zum Niemands-Land
Jeder interessant wohl fand!
LG Axel
Ja, das möchte ich schon hoffen -
momentan ist's aber offen...
LG Alf