Was im Paradies geschieht

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von Alf Glocker

Kürzlich war ich mal zu Besuch im Paradies. Und was soll ich sagen? – Ich staunte Bauklötze! Alles war sooo wundervoll mit himmlischem Licht erfüllt, wie immer behauptet wird … also zunächst ungefähr … Ich sah mich gewissenhaft um und so langsam kamen mir meine Zweifel. Der 1. Gedanke war: „schön!!“ Beim 2. war ich mir nicht mehr ganz sicher, und als ich zu einem 3. Gedanken ansetzte, wurde ich panisch!

„Meine Güte, da ist ewig alles perfekt, um Wittes Gollen!“ Das dachte sich da quasi wie von selbst. Pures Begreifen setzte ein: Ich, als Märtyrer, sprich „Held“ werde unausgesetzt gefeiert und bekomme wahrscheinlich auch noch 72 Jungfrauen an den Hals. Hiiiiellffeeee! Soll ich dann eine Milliarde Jahre mit Entjungfern verbringen?! Nach jedem Akt werden die doch wieder zurückverwandelt … da treff ich ja in meinem Nichtleben keine normale Frau mehr.

Ist das langweilig!! Was soll ich auf lange Sicht machen?? Soll ich, zur Abwechslung, anderen Helden beim Entjungfern zusehen? Na ja, das wird nach ein paar Mal auch öde. Stattdessen könnte ich mich natürlich aufs Essen verlegen, oder aufs „Er führet mich zum frischen Wasser"! Wasserrr???“ Wein gibt’s ja wohl nicht mehr?! Und auch keinen saftigen Braten? Wenn schon die Löwen Gras fressen …

Gut, ich kann mich vielleicht auch nicht mehr verletzen oder verletzt werden. OK, auf sowas könnte ich locker verzichten. Ebenso aufs Herum-Ärgern. Oder brauche ich das, um meine Sorgen in einer ordentlichen Maß Bier ersäufen zu können?

Was ist mit meinem Planeten, wenn ich im Paradies bin? Erfahre ich dann gar nicht mehr, was sich im Leben auf der Erde abspielt, damit ich mich nicht mehr ärgern muss? Liege ich denn, nach so einem Jungfrauentreff mit frischem Wasser, nur noch liebestrunken herum und bin einfach „glücklich“ (um nicht „verblödet“ zu sagen)?

Dank himmlischem Viagra kann ich vermutlich „danach“ sofort wieder – ungefähr 100-mal am Tag? Na schön, warum nicht, aber warum eigentlich? Ich scheine dort ja gewaltig auf das „Wesentliche“ reduziert zu sein. Was denkt dieser Gott wohl von mir?! Er scheint ja eine prächtige Meinung von mir zu haben … Ich kenne das von meiner Frau, die denkt auch immer, ich sei nicht ganz zurechnungsfähig. Zurechnungsfähig wofür? Äh – zu den Schwachsinnigen?! Dann wäre es ja im Himmel ganz genau so wie es auf Erden auch immer gewesen ist.

Prost Mahlzeit, ohne Essen und was (Un)Anständiges zum Trinken!!! Ja? – und was noch? Dann kommt womöglich auch noch alles, wie ich es geplant habe?! Der freie Wille also – und bei den anderen ist das ganz genau so! Harharr – was für ein Blödsinn?! Der Himmel wäre demnach ein Irrenhaus und ich einer seiner Insassen: Geschlossene Abteilung, ganz offen gesagt, aber keiner kann bei den Anderen einen Schaden anrichten, weil ja schon alle tot sind. Na bravo!

So kann es nicht sein! Aber wie dann? Alle werden bevormundet, keiner kann wie er möchte (außer die Sache mit den dämlichen Jungfrauen)! Dann ist ja alles total identisch (bis auf die Jungfrauen), wie im richtigen Leben auf Erden: Wir werden verarscht und haben kein Mitspracherecht, weil „die da oben“ genau wissen wie blöd wir sind und wie man uns unschädlich macht!

Dann aber ist der Herr des Himmels niemand anderer als der Teufel persönlich – und seine Großmutter ist auch noch da. Und was sind wir? Hänsel und Gretel, Dick und Doof, der Bürgermeister von Wesel oder der Pontifex Gluteus Maximus?? Sagenhaft! Dann möchte ich aber bitte heiliggesprochen werden, damit die Welt wenigstens für mich in Ordnung ist – und zwar hüben und drüben: Wenn mich schon nichts mehr betrüben kann.
Denn alles wird schließlich gut (per Dekret), bleibt gut und ist somit (in Wirklichkeit) schlecht. Ich kann dann ja nichts mehr erreichen … Meine Umgebung im Himmel ist keinen Deut anders geprägt als die irdische: Ich muss nichts leisten, weil eh alles (k)einen Sinn hat. Oder wie sollte man es sonst beschreiben?! Da hätte ich somit auch gleich bleiben können, wo der Pfeffer wächst – Hallelujah!

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