Die Erde saugt jetzt alles in sich auf:
Das Gras, gelb und verwelkt,
der Bäume Laub, das fiel und sich mit der
anderen Wange auf den Boden legte,
die Wärme, die noch sickert
aus der bleicher werdenden Sonne,
ja, sogar das Licht, das sich nun jeden
Abend früher loslässt.
Der Frost war unentschlossen, oder es liegt an der Kühle,
die kam und ging, ohne ein klares Konzept,
wie eine Katze, die rein will, wenn sie draußen ist
und raus, wenn sie drinnen ist,
als wollte sie das Quietschen des ungeschmierten
Scharniers der Tür genießen.
Der Frost und die Kühle gehen gern Hand in Hand,
und legen, gemäß ihrer Vereinbarung, eine dünne
Haut aus dünnem Eis auf alle ebenen Flächen,
um eine notwendige Spannung auch zwischen
den Wänden der Regentonne zu erzielen.
Worüber sollte man noch schreiben,
wenn die Welt im Gange ist, sich abzuschalten,
wenn der neugewählte Präsident Handelsvertäge
aufkündigt, bevor er sein Amt angetreten hat,
wenn die Müdigkeit nicht länger neukomponiert ist,
aber dennoch installiert wie die Innenfenster - mit
getrockneten Strohblumen auf baumwollweißer Baumwolle,
wenn die konkursreifen Hotels von Asylsuchenden
geleert werden, und der innere Förderbereich
zurückkehrt zu seinem schwächelnden Puls.
Die Erde saugt nicht nur das Licht auf,
sondern auch das Dunkel, und wir fühlen, wie die Schwere
von den Händen in die Fingerspitzen sickert,
wie der Cellos schöne Weinen
im kohlenkellerschwarzen Dunkel
eines Novemberabends.
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Der Morgennebel dicht, als stände ich auf Fugloy
und riebe mir den Traum aus den Augen
zu Beginn des Septembers. In der Hand, ich weiß
nicht ob die linke oder die rechte, halte ich 3 Gramm.
Die Welt wird sich langsam aber unsicher entwickeln,
wenn sich die Vormittagssonne durchgedrängt hat,
oder ist auch dies nur ein Glückskalkül?
In der rechten Ecke des Bildes schaut ein Teil
des Tanzplatzes hervor. Man hört die Singschwäne
durch die geschlossenen Fenster, und es ist
unmöglich zu wissen, wo der Frieden sich aufhällt.
Es klirrt, kurz wie ein Klirren:
"Sei gegrüßt" lautete die Botschaft, und ich
verstehe sofort, dass in dem Augenblick
genau dies notwendig war.
Dass jemand einen Gruß sendet
an einem frühen Morgen im September,
nicht aus Fugloy, aber fast,
und dass der Herbst nicht sinnlos ist.
Ich falte die Hände, um etwas
Gleichgewicht herzustellen:
Nun wird mir klar, dass es der Gedanke an einen
atlantischen Tango war, der 3 Gramm wog.
Fugloy - eine Insel der Faröer
**
Ich fahre zur Müllkippe -
durch die Novembermorgendämmerung,
die in einen abwartenden Dunst hineinging.
Es ist etwas passiert, wir stehen
mit der Quittung in der Hand: Trump!
Wie konnte dies geschehen, beklagt man
sich im Fernsehsessel: Er gewann! (am 8. November, 2016)
Man kann sich betten mit Hass und Dunkel,
aber taugt es als eine Gute-Nacht-Geschichte?
Wir wissen so viel weniger als wir glauben.
Wir leben in der Hoffnung, dass die Vernunft
und alle guten Werte auf irgend eine Weise
in der Demokratie den Vortritt haben, doch während
die Börsen fallen und die Valuten flattern, steigt der
Goldpreis - wie in einem Gedicht von Bertolt Brecht.
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Und nun Winterverifizierung
- nur als ein Versuch, damit die Spikereifen des Autos
die Latitude der Tongabel finden,
aber es ist nur der Hund, der unverdrossen
mit sich selbst um die Wette bellt.
Wenn ich gehe, wo ich gehe,
ist des Baches hübsch schwarzglänzender Wasserpelz
wie eine Pulsader durch den Nachmittag,
gehe vorbei an der Leere der Sommerhäuser, wo der Bootssteg
auf den vom Unterholz befreiten Hain hochgezogen liegt,
dort, wo ich vor einigen Jahren
eine Elchkuh mit ihrem Kalb traf, während der Elchjagd,
summe einen eingeschlafenen Schlagerrefrain,
an den sich alle erinnern,
aber keiner den Text kann zu der vergessenen Melodie,
doch die verblassenden Worte
sind eingeritzt in der Innenseite der Birkenrinde.
Nun brennt es in den Kachelöfen,
und wenn ein Holzscheit knistert und prasselt,
ist es wie ein letzter, bebender Gruß
von der Kiefer, die vor langer Zeit fiel
in dem Wäldchen, wo der Kuckuck nicht rief.
Die Abendnachrichten wissen zu berichten,
dass die Nazis bei den schwedischen Kommunalwahlen in
Boden, Kungsbacka und Ludvika teilnehmen wollen,
Schritt für Schritt arbeitet sich die Braunfäule
in den Gesellschaftskörper hinein.
Alles kommt wieder, so wie im Dezember die brennenden
Adventskerzen und die glitzernden Sterne in den Fenstern.
Alle Sorge und Sehnsucht werden ein Teil
des Repertoires der Alltäglichkeit,
wieder und wieder wiederkommend.
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Nun, da der November dabei ist, über eine
schneeige Schubkarre zu kippen,
und der Artischockeneimer steht geladen
wie ein Schießpulverfass am Türpfosten,
des Abends sanftmütige Gedanken,
und ein stiller Schneefall,
und der amerikansche Präsident Trump
seinem Außenminister anscheinend
eine Art Verweis gegeben hat,
welcher vergleichbar sein dürfte
einer von einem heroischen russischen Major
verliehenen Medaille dritten Grades
an Josef, zum Anheften an dessen Brust
oder einem anderen seiner Leibwächter,
aber der Schnee spielt
"fange mich" mit uns,
und die Elche
inspizieren ihre Spuren aufs Genaueste,
nur wenn die sibirische
Kälte zuschlägt,
sammeln sie sich an der Landstraße,
um sich Körperwärme voneinander zu leihen,
das ist schön, es funktioniert!
Solche Gedanken - bei schöner Spinettmusik aus dem
Radio - kommen am Abend mit einer Weile stiller Ruh.
Und welcher Unterschied wäre es,
wenn man nach einem Tag Skifahren
über Harschschnee mit glühenden Wangen
sagen würde:
Es liegt an dir, dass die Wangen sich erhitzen!
Dachte daran, wie viele verschiedene Arten Schnee,
es gibt und nun steht der Advent vor der Tür,
drinnen und draußen,
glitzernd wie ein Schneekristall,
wenn auch im Dunkeln, was denkt man da
als Nicht-Obdachloser Mitmensch,
und all das, was fällt: die Sterne vom Himmel,
die Gedanken, die Schnaken, die Asozialen,
alle fallen und wir mit ihnen,
wir fallen zusammen, aufwärts oder abwärts,
einfach nur wählen: Steuerparadies oder Pissoir!
Wie schön doch dieser musikalische Hintergrund wurde,
glühende Wangen ohne Harschschnee,
die Fußspuren zwischen den Tannen,
das Haus dort vorne unter dem Himmelsdom - und du!
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Der Tag steigt aus dem Nebel,
ein Fenster öffnet sich zur Welt,
und die Kohlmeise, die soeben vorbeiflog,
findet den Weg hinaus; ein Hund bellt im Leerlauf,
der Herbst ist dabei, seine Glut zu verlieren,
die Singschwäne schärfen den Blick, und der Tag
folgt mit in Richtung Süden.
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Novembers Stiefelträume
warten am Türpfosten, wollen
mit dir gehn, eine kleine Tour
den Weg entlang, hinein in das dunklere Dunkel.
Plötzlich spürbar der Nieselregen
auf der Nase, wie ein undeutbares
Morsealphabet, daneben das,
was die Gedanken dieses Abends sind,
eingeschlossen in deinem Kopf,
wo sie im Dunkel schweben, im Nieselregen
auf dem Dorfweg, drinnen in des Herbstes
Duft von feuchtem Tannenwald.
Es ist ein solcher Abend, an dem
auch der Kummer und die Sehnsucht
Platz haben, alles hat Platz,
aber es ist lange her,
dass wir Seite an Seite gingen,
gegen den Strom, am Wasser entlang,
und der Fluss besaß die Stärke,
die er vom Schmelzwasser bekam,
vorbei an dem leeren Fußballplatz
wartend auf die Rasenmähsaison,
hinauf auf den Hügel mit Aussicht
auf morgen und übermorgen, über
die Hängebrücke, leicht knarrende, leicht
schaukelnde und dann den Pfad Richtung Süden,
von woher die Buschwindröschen kommen
in drei, vier Monaten.
Ich erinnere mich, dass wir darüber sprachen
wie es ist, zu versuchen zu leben.
**
Der Herbst ist nicht nur
Sorge und Vermissen,
auch das, aber nicht nur.
Wir tragen in uns einen Samen,
er sucht das Licht, um dann zu keimen
und braucht Nahrung um zu wachsen.
So wie des Frühlings Knospen
sich vorbereiten im November,
um auszuschlagen im April.
Mehr Licht nun,
wenn die Nächte dunkeln,
mehr Wärme zwischen uns,
wenn die Kühle zunimmt,
Gespräche statt zu schweigen
und mehr Zärtlichkeit.
© Willi Grigor, 2020
Übersetzungen aus dem Buch von 2018 "Jag går där jag gick" (Ich gehe, wo ich ging) des schwedischen Dichters Bengt Berg.