Team Abe – Der geheimnisvolle Kleiderschrank - Page 6

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von Lara Preis

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lass doch das blöde Theater. Darf ich hereinkommen oder besprechen wir das Ganze lieber hier auf dem Flur?“
Erste Zweifel mischten sie in ihre anfängliche Euphorie, die Täterin gefunden zu haben. War Undine wirklich so abgebrüht?
„Setz dich ruhig dort auf den Schreibtischstuhl. Möchtest du etwas trinken?“
„Auf gar keinen Fall!“
„Sorry, ich hatte gestern Abend plötzlich einen wichtigen Anruf bekommen und musste dringend weg …“
„Wo ist meine Handtasche?“
„Was?!“
„Du hättest besser mal die SIM-Karte aus dem Smartphone entfernen sollen!“
Undine wurde zunehmend unruhiger und als dann auch noch wie von Geisterhand das genannte Accessoire aus seinem Versteck hervorkam, um direkt vor Fridas Füßen zu landen, fiel das Lügenkonstrukt der Gastgeberin in sich zusammen. Hastig inspizierte eine in diesem Moment immer glücklicher werdende Eigentümerin den Inhalt ihrer Tasche. Mit Ausnahme des Bargeldes war offensichtlich nichts entnommen worden.
„Gib mir bitte sofort meine 100,- € zurück und wir vergessen das Ganze!“
Wie ein mit Kartoffeln gefüllter Sack kippte die Frau zur Seite und lag jetzt mit dem gesamten Oberköper auf ihrem Bett, worauf sie zuvor noch dem unangekündigten Besuch direkt gegenüber gesessen hatte. Tränen rannen über das auffallend narbige Gesicht, höchst wahrscheinlich durch Akne während der Pubertät verursacht. Vielleicht rührte daher auch die am Vortag üppig aufgetragene Schminke …
„Zieh hier nicht so eine Show ab!“
Bitterliches Weinen, wie bei einer Teenagerin, deren Freund gerade eben Schluss gemacht hatte. Instinktiv setzte sich Frida zu ihr aufs Bett.
„Ich bin erledigt …“
„Hey, ganz ruhig … Ich erstatte keine Anzeige, wenn du mir das gestohlene Geld zurückgibst.“
Sollte das Ganze lediglich inszeniert sein, wäre Undine wohl die perfekte Schauspielerin, denn sie bekam mittlerweile vor lauter Schluchzen keinen zusammenhängenden Satz mehr heraus.
„Die meinen es ernst!“
Endlich beruhigte sich die Situation ein wenig.
„Wer sind denn DIE?“
Beide Frauen saßen derweil nebeneinander, denn Undine hatte ihre Liegeposition verlassen.
„Keine Ahnung!“
Schon verrückt, aber sie war augenscheinlich erleichtert, in Frida eine geduldige Zuhörerin gefunden zu haben … Vor kurzem auf einer privaten Party gab es neben reichlich Alkohol wohl auch härtere Drogen. Undine genoss den Abend in vollen Zügen, was dann allerdings nicht nur mit einem heftigen Filmriss bestraft wurde …
„Tage später bekam ich ein Foto von mir per Handy geschickt. Die Nummer hat der Absender anscheinend …“
Undine holte ihr Smartphone und zeigte die an sie adressierte SMS.
„Krass! Und du kannst dich wirklich an nichts mehr erinnern?“
Lediglich mit einem geschmackvollen schwarzen Schlüpfer bekleidet, war ihr ansonsten völlig nackter Körper auf dem digitalen Bild zu sehen.
„Die wollen bis übermorgen 5.000,- € von mir oder alle Fotos gehen sofort viral.“
„Es gibt mehrere … ?“
„Ich muss denen anscheinend ein gesamtes Shooting geliefert haben …“
Undine konnte sich nur noch daran erinnern gemeinsam mit zwei Männern in einem Zimmer verschwunden zu sein, doch wie diese Fremden aussahen, geschweige denn hießen, war leider nicht mehr rekonstruierbar. Die vielen überwiegend unbekannten Gäste, verteilt in dem villenartigen Haus samt Außengelände, der Umstand, allein zur Party gegangen zu sein, all das hatte sie bei der Suche nach möglichen Zeugen bisher leer ausgehen lassen.
„Mich stellt doch niemand mehr ein, wenn Nacktbilder von mir im Internet kursieren!“
Was geschah hier eigentlich gerade? Frida war hin- und hergerissen. Einerseits hatte sich Undine nicht ohne eigenes Verschulden in diese Situation gebracht, von ihrem kriminellen Verhalten in der Diskothek einmal ganz zu schweigen. Andererseits beging sie die gestrige Tat offensichtlich aus purer Verzweiflung.
„Wieviel Geld hast du denn bereits zusammen?“
„Mit deiner Kohle komme ich gerade mal auf ca. 1.500,- €, aber nur dank diverser Ersparnisse. Du bist wirklich die erste Person gewesen, der ich …“
„Das Ganze muss sich erst einmal sacken lassen … Du hörst auf jeden Fall bald von mir …“
Abrupt beendete Frida das Gespräch, um dann kurze Zeit später vor Meirs Apartment zu stehen.

„Du hast vielleicht Nerven!“
Es kostete einiges an Überwindung, aber wenn ihr moralischer Kompass aus mehr als lediglich frommen Worten bestand, dann musste sie jetzt gute Taten folgen lassen.
„Ohne deine Hilfe werde ich das nicht schaffen …“
Die beiden kannten sich erst seit ein paar Stunden, doch Frida schien ihm beinahe kindliches Vertrauen entgegenzubringen, zumal er ja schließlich eine für sie sehr wichtige Straftat aufgeklärt hatte.
„Überwachte Geldübergabe?! Du guckst wohl zu viele Krimis!“
Auch Rana ließ ihm zwischenzeitlich unbemerkt eine Nachricht auf dem Smartphone zukommen. Sie schien ebenfalls Mitleid mit der Handtaschendiebin zu haben und drängte sich nahezu als unsichtbare Helferin auf.
„Früher wollte ich übrigens immer Detektiv werden …“
„Es scheinen wohl entsprechende Talente in dir zu schlummern …“
Meir fühlte sich sichtlich geschmeichelt.
„Na gut, dann helfen wir eben … ähm …“
„Undine!“

An diesem Abend war es glücklicherweise trocken, denn selbst leichter Niederschlag hätte ihre Körperkonturen sichtbar gemacht. Rana blieb im doppelten Sinne verborgen, denn Frida und schon gar nicht Undine wussten von ihrer Existenz. In den vergangenen zwei Tagen hatte Meir mir ihr gemeinsam einen Plan entwickelt, der dann an die beiden übrigen Frauen weitergegeben wurde, ohne dieses wesentliche Detail namens „unsichtbarer Joker“ zu erwähnen.
„Bist du bereit?“
„Von mir aus kann es losgehen!“
Der Dialog zwischen den beiden wurde komplett per Smartphone geführt, da sie nicht allein beisammenstanden. Es war mittlerweile dunkel und der Park, in dem sie sich gerade befanden, wurde zunehmend menschenleer.
„Darf ich auch mal?“
Frida schaute durch das Fernglas mit Nachtsichtfunktion, während Rana unbemerkt die beiden verließ und zum Ort der Geldübergabe aufbrach, den die Erpresser erst vor wenigen Stunden telefonisch mitgeteilt hatten.
„Es ist noch nichts zu sehen!“
Mit Fahrrädern waren sie vor etwa zehn Minuten angereist. Meir schien aus Sicht seiner Begleitung allerdings nicht der Sportlichste zu sein, denn nur mit Mühe bewältigte der junge Mann zuvor die relativ kurze Wegstrecke. Dass er eine Person auf dem Gepäckträger befördern musste, konnte ihr natürlich nicht verraten werden.
„Da ist sie!“
Von weitem näherte sich Undine dem im Park integrierten Spielplatz, um einen beigen DIN-A4-Umschlag im Inneren des dort verankerten kleinen Holzschiffes zu hinterlegen. Ohne Zögern setzte sie im Anschluss ihren Weg fort.
„Unser Anteil wäre dann schon einmal geleistet …“
Nichts geschah … Nach gefühlten Stunden knatterte es dann immer lauter werdend in Richtung Übergabeort.
„Mist, die kommen ja mit einem …“
Der Motorroller hielt direkt vor dem Spielgerät, eine Person mit schwarzem Helm stieg ab, griff gezielt in das Schiff hinein, verstaute die Beute und fuhr dann mit sich langsam steigerndem Tempo davon. Meir

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