Totenstadt - Page 3

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von Daniel G. Spieker

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welches der Professor eifrig notierte.
Neben typischen Alltagsbegegnungen, gewissen Ritualen, der Arbeit und dem Unterhalt der Totenstadt wurde immer wieder von einer Kreatur gesprochen, welche die Totenstadt beschützen sollte. Es hatte die Gestalt eines extrem dürren Mannes der, wenn er nicht den Tod, Jahrzehnte des Unglückes bringen sollte. Gero sah wie der Doktor schmunzelte. Viele Kulturen erfanden Kreaturen, um sich vor anderen zu schützen.
Abgemagert, meist nur kriechend, menschenähnlich, aber so dürr, als würde ein Windhauch tödlich sein, wurde die Kreatur weiter beschrieben.
Die Darstellungen des Wesens waren immer wieder angemerkt und es wurde unterstrichen, dass es die Totenstadt schützte.
Durch die Arbeiter ging ein leises Raunen, Gespräche hier und da, aber immer nur kurz, die meiste Zeit hörten sie einfach gespannt auf die Worte der alten Dame. Dann sprach die Alte lauter in einem festen Ton und ein weiteres Raunen ging durch die Menge, diesmal ängstlicher, aber der Kontaktmann übersetzte nicht. „Was hat sie gesagt?“, fragte Merlin. „Niemand darf diese Stadt betreten, es wäre das Ende“, sagte der Kontaktmann trocken und der Professor sah zu der alten Dame. Er blickte ihr genau in die Augen und konnte nur Abscheu in diesen erkennen. Sie wurde zurück in ihr Häuschen gebracht. Die Übersetzung füllte mehrere Seiten des Notizbuches des Professors und seine Hand schmerzte. Er war verärgert, dass sie die Arbeiter etwas in Aufruhr versetzt hatte. Auch wenn niemand den Dienst quittierte, schienen sich doch einige Gespräche darum zu ranken und die Stimmung verschlechtert zu haben.
Ein paar Tage später, als die ersten Ergebnisse übermittelt wurden und sowohl Doktor als auch Professor einen Artikel für eine Fachzeitschrift schrieben, in dem sie die große Platte mit ihren kleinen Steinmarkierungen, die in die Höhe ragten, wahrscheinlich als eine Art Gebetsplatz beschrieben, kam Hendrik plötzlich in das Zelt. „Einer der Arbeiter hat einen Hohlraum gefunden.“ „Ein Hohlraum?“, fragte der Professor verdutzt und ließ im selben Moment wie der Doktor von der Schreibmaschine ab.
Einem der Arbeiter war anscheinend ein Werkzeug heruntergefallen, als er gearbeitet hatte, wobei er einen hohlen Klang vernommen hatte als es auf dem Boden aufkam.
Die Platte hatte dadurch zwar eine kleine Beschädigung, aber das kümmerte den Professor nicht weiter.
Er kniete sich auf den warmen Stein und klopfte. Tatsächlich. Ein Hohlraum. Voller Eifer klopfte er weitere Stellen ab, aber alles was mehr als zwei Meter von der Stelle entfernt war, war komplett dumpf. Als er näher hinblickte sah er es auch. Winzige Fugen, minimale Zwischenräume. Eine Platte, die in den Stein eingelassen war. Was war da drunter? Opfergaben oder vielleicht... nein, sicher nicht, aber trotzdem musste er die Platte fortschaffen.
Hendrik wies die Arbeiter an die Platte vorsichtig aus dem Stein zu heben, sie hebelten es sie mit flachen Schaufeln heraus und trugen sie dann in den Sand, während der Doktor, der Professor und Hendrik fassungslos nach unten starrten. Eine Treppe in die Dunkelheit. Abgetretene Stufen. Neugierig setzten die drei langsam einen Schritt nach dem anderen, während ein Jahrtausend alter Geruch ihnen entgegenströmte.
In der Schwärze war nichts zu erkennen, sodass Merlin ein paar Taschenlampen holte und sie dann gespannt hineingingen. Ein langer Gang breitete sich vor ihnen aus, sicher 20 oder 30 Meter lang. Am Anfang war links und rechts jeweils ein kleiner Raum, die durch Torbogen verbunden waren. Zuerst gingen die drei in den linken Raum und fanden einen großen, behauenen, mit Edelsteinen besetzten Altar. Es waren noch Reste von Farbe zu erkennen, die aber wohl über die Jahrhunderte fast vollständig verschwunden war. In dem Stein waren zwei Worte eingemeißelt. Das eine bedeutete Stadt und das andere Tod.
War das die Totenstadt? War das der Beweis für ihre Existenz? Der lange Gang ließ es vermuten.
Ob es wirklich eine Stadt war, blieb abzuwarten, aber dies war mehr als sich die meisten erhofft hatten.
In dem anderen Raum waren Bänke und Stühle aus Metall aufgestellt worden, außerdem ein weiterer steinerner Behälter, in dem früher vielleicht Dinge gelagert wurden. Der genaue Zweck des Raumes war aber noch nicht ganz klar. Die zwei Räume hatten schon sehr viel Zeit gekostet, sodass weitere Erforschungen auf Morgen verschoben werden müssten.
Der Kontaktmann blieb für die Nacht bei dem Lager, weil er am nächsten morgen helfen musste, den Leuten Anweisungen zu geben.
Zur Feier wurden Süßigkeiten aus dem Koffer des Doktors verteilt, denn das Ganze war mittlerweile ein mehr als großer Erfolg. Es gab reichlich zu Essen und zu Trinken, bis sich die Leute spätabends in die Zelte schlugen. Es hatte in der Zwischenzeit leicht angefangen zu winden. Gero fand nur spät unruhigen Schlaf, zu stark kreisten die Gedanken, um das was kommen würde. Seine Träume führten ihn in eine Welt, in der er Vorträge in vielen Städten gab und der wichtigste Professor seines Faches wurde.
Aus diesen wunderbaren Träumen wurde er plötzlich gerissen. Rufe und Schreie tönten aus dem Lager und ein schreckliches Heulen ging durch die Luft. Der Doktor kam ins Zelt gestürmt. „Mehrere Arbeiter sind geflohen. Sie glauben die Kreatur ist in der Nähe!“ „Was? Warum?“ „Hörst du nicht dieses Heulen. Verdammt.“ „Aber das ist doch niemals ein Monster. Es gibt kein Monster in der Totenstadt.“ „Der scheiß Aberglauben reißt an den Nerven.“ Gero stand auf und zog sich an. Draußen standen noch ein paar Arbeiter, die mit dem Kontaktmann diskutierten. „Was geht hier vor sich?“ „Fünf Männer und die Frauen sind geflohen. Das Heulen macht ihnen Angst.“ „Es gibt keine Monster in der Totenstadt“, sagte Gero kopfschüttelnd. „Das ist irgendein billiger Trick.“ „Trotzdem haben die Leute Angst. Sie haben mir klar gemacht, dass sie keinen Schritt in den Tunnel setzen werden.“ „Wie soll das funktionieren? Wir haben für die Brunnen und alles weitere gesorgt.“ „Die Arbeiter, die die Brunnen gemacht haben, fahren morgen weg.“ „Wie weg?“ „Das wissen sie doch. Sie sind ab morgen weg.“ „Das weiß ich nicht, verdammt.“ Er machte eine kurze Pause. „Was ist mit den anderen Arbeitern?“, fragte der Hendrik. „Sie bleiben bis morgen hier und versorgen das Lager. Wenn sie für weitere Mittel sorgen können, dann helfen sie auch weiter.“
Der ganze Traum hatte damit einen gewaltigen Dämpfer bekommen. Merlin sagte: „Wir sollten in die Stadt fahren. Am Telefon Dinge

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Hörbuchversion von Totenstadt
Noch mehr von der Persönlichkeit → Daniel G. Spieker