Was ein Mensch will

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von Alf Glocker

Was will eigentlich so ein Mensch im Leben? Ich glaube diese Frage bewegt einfache und komplizierte Geister gleichermaßen, außer sie sind so einfach, daß sich alles von selbst ergibt, ergeben muss, weil gar keine Unterscheidungen getroffen werden. Man hört ja die unterschiedlichsten Dinge, man staunt, schüttelt den Kopf oder ein anderes Körperteil und ist schließlich im Ganzen angetan, von furchtbar edlen Zielen, die man für sich selbst vielleicht gar nicht so sehr erwünscht hätte. Ich, für meinen Teil, denke lieber über die Ziele anderer nach, als selbst welche anzustreben, da meine Ziele sehr speziell und daher vermutlich unerreichbar sind. Manchmal komme ich auch ins Schmunzeln, wenn ich erfahre, wohin es die Leute treibt.

Einige möchten wenigstens einmal im Leben hinter den Mond geschossen werden, einige wenige möchten etwas ganz genau und durch und durch verstehen, die meisten aber möchten was die meisten möchten – nämlich den Heldentod sterben, als Präsident einen Affenstaat regieren, in einer Pyramide begraben werden, einen schwulen Sohn zeugen, ein Parlamentsgebäude in die Luft sprengen, einen Baum ausreißen, ein Buch verbrennen, zu einem Glauben, oder ein Gesetz übertreten, am frühen Morgen schon sturzbetrunken sein, mit dem Auto 290 auf Serpentinen im Gebirge fahren, von einer Schi-Sprungschanze mit einem Kinderschlitten hinunter rodeln, Schiffe versenken, mit der Rute einen Wal angeln, die Sterne des Himmels an den Fingern abzählen und vieles mehr. Frauen bevorzugen womöglich noch: ein rosa Barbie-Heim süß einrichten, 13 missratene Töchter bekommen, einen Garten voller Bei(Un)kraut pflegen, zu einem primitiven Barbaren verliebt aufblicken, oder einen sensiblen Philosophen grausam verlachen. Das sind jedoch eher die normalen Lebensziel-Wünsche.

Ein bisschen ausgefallener sind da schon die schier seligmachenden Verwirklichungen von Vorhaben, die eine beinahe im Übermaß vorhandene Veranlagung zur Menschlichkeit erfordern, als da sind: einen sadistischen Chef verehren, einen Vollidioten mit „Doktor“ ansprechen, Wählen gehen, obwohl alle angetretenen Parteien verrückt geworden sind, freiwillig und mit gekürztem Lohn, das Soll dreifach erfüllen, den Partner zwiebeln wo es nur geht, damit das eigene Ego Anhaltspunkte für eine humane Existenzberechtigung fühlt, Frösche küssen, die sich im Nachhinein nicht als Prinz, sondern als Schmutzfink erweisen, oder seine Steuern gleich und ohne Umwege, direkt an den größten Betrüger des Landes überweisen und danach für eine Sache ins Gefängnis gehen, die von der Obrigkeit verbrochen wurde. Das grenzt zwar alles an schiere Selbstaufgabe, aber es zeichnet eben die wirklich großen Menschen dieses Planeten aus.

Jedem freien Bürger sei es von Herzen vergönnt sich zu outen! Wir sollten nicht nur vorleben was wir uns wünschen, sondern es auch verbal betonen, so oft wir nur können. Dieses Beispiel wird dann gegebenenfalls Schule machen, so daß uns viele schöne Seelen folgen können, bei unserer Suche, im Labyrinth des Wahnsinns, der uns tatsächlich jeden Augenblick neue Möglichkeiten eröffnet, sinnvoll tätig zu werden. Schlagen wir doch die gebotenen Chancen nicht aus, die uns so ein Menschenleben bietet! Wir würden es eines Tages nur bereuen, wenn wir ungetan ließen was uns am Herzen lag. Überall stehen sie doch zur Verfügung, die Tatorte der Geschichte, die auf so erquickliche Weise mit den Lebensläufen einzelner verbunden sind, um uns zu erfreuen. Treten wir also jeden Morgen ans offene Fenster, auf den Balkon, in den Garten, in unseren weiläufigen Schlosspark, an den Beginn unserer Ländereien und bekunden wir vor uns und der Welt laut und offen was uns bewegt! Schreien wir es hinaus: „Ich wünsche mir dies oder jenes vom Leben!“

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