Herbstmund

Bild von Annelie Kelch
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Kostbare Stunden raubt uns der Herbst –
aber noch immer tragen wir
das Grün der Sommerwiesen
in unseren Herzen.

Es welkt, wenn kein Vogel mehr singt
und das Lied der Wälder verstummt.

Unsere Wangen sind bleich vor Trauer,
Schlaf senkt sich über die stillen Dörfer.

Das Ufer versinkt im Fluss
und du schaffst es nimmer zu mir.

Der graue Nebel wirft seinen Schleier
über mich. Er macht mich unsichtbar und ich singe
das alte Lied – „Bella Ciao": „O Partisan, bring mich fort.
Es wird Winter, und ich fürchte, bald zu sterben.“

Das Leben ist auf der Flucht –
selbst den kleinen Schornsteinrauch
zieht es in wärmere Länder.

Auf den Bahnsteigen sagt man „Adieu“.
Niemand glaubt an ein Wiedersehn,
nicht in diesem Jahr – oder nie.

Auch du standest neben dem Gleis
eines Nachts im Herbst und hast geweint.
Ich wusste, du wolltest die Stadt niemals verlassen ...

Jeden Morgen überfällt mich der gleiche Traum:
Aus deinem Herbstmund schäumen
die welken Blätter der Rosen.
Du redest wie sie: Das alte Jahr
steht mit einem Fuß im Grab
und in deinen Augen glüht schon
das Feuerwerk seiner letzten Stunde.

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Kommentare

02. Nov 2017

Drum scheint es gut, wenn man notiert -
Was höchst poetisch hier passiert!
(Ob er die Stunden wirklich raubt -
Oder bloß der Mensch das glaubt?)

LG Axel

02. Nov 2017

Dank, Axel, dir, für deinen Kommentar:
Der Herbst raubt mir das Stundenglas voll Licht und Liebe,
teilt schlechtes Wetter aus; Orkane köpfen Häuser, Bäume, Triebe ...

LG Annelie

02. Nov 2017

Ein wunderschönes Foto, Annelie; deine Herbstgedanken sind auch meine, kann es nur nicht so formulieren, ja, das Grün der Sommerwiesen soll bitte! die dunklen Herbststürme - im Schach halten …

Liebe Grüße - Marie

02. Nov 2017

Danke, liebe Marie, für dein zustimmendes Lob, über das ich mich sehr gefreut habe. Noch - ist es ruhig, hier, an der Ostseeküste. Im Norden hingegen sah es um diese Zeit meist anders aus an den Küsten.

Liebe Grüße zu dir,
Annelie

10. Nov 2017

Heute, im Novembergrau, trifft Dein Gedicht besonders mein Gemüt. Wie Du mit Worten berührst, liebe Annelie, das hat schon Magie. Toll.

LG Monika

10. Nov 2017

Liebe Monika, ich freue mich sehr über deinen Kommentar. Ja, ich freue mich so sehr, dass dir dieses Gedicht gefallen hat. Es steckt ein wenig Herzblut von mir drin.

Ganz liebe Grüße zu dir und Khalessi,
Annelie