Der Füller mit der schwarzen Tinte

Bild von maruschka
Bibliothek

Wie die Vermisstenlisten wachsen im späten Herbst - es schmerzt. Und das Bewusstsein ihres Fehlens auch. Was scheint verschwommen und was klar? Handeln wir besser aus dem Bauch? Was ist gelogen, was ist wahr?

Wir suchen Licht. Fragen nach Leben – es muss sie geben. Stirbst Du nach mir? Nein, jetzt noch nicht? Geh’ ich vor Dir? Und wenn, dann wie? Zu welcher Zeit? Ist’s Utopie? Bist Du bereit? Such’ ich die Klarheit im Gestirn? Ist sie nur Staub in meinem Hirn?

Wie hieß der Ort, in dem Du damals lebtest? Da war ein Pfad durch’s Feld im Mai, der Mohn, der Flachs, der laue Wind. Da war viel Haut. Da war’n wir Zwei, bereit. Die Zärtlichkeit. Doch wann und wo.

Und die Gesichter, zugewandt, sind sie Dir alle noch bekannt? Waren wir froh, haben wir Widerspruch gewagt, lag Wut in dem, was wir gesagt? Wer ging mit wem? Alles vergessen? Hast Du die Dinge je besessen, nach denen Du Dich manchmal sehnst, hast Du sie früher je erwähnt?

Der Kinder Lachen, sind meine nicht und doch ein Teil von mir, das sag ich Dir. Die tote Amsel hier. War es der Kater? Das schöne Tier, das abends klagt vor unsrer Tür? Der Schmuck der Frau, die lange vor mir war, das Armband aus der Ahnin Haar. Der Füller mit der schwarzen Tinte. Das rote Kneipchen, fünffach nachgekauft.

Des Irrtums wirre Labyrinthe. Gibt’s einen Plan, gibt’s Anfang, Ende? Kommt eine Wende? Welkt also alles bald dahin? Der Augen Licht? Das, was ich bin? Ich will es nicht. Auch der Gesang, der Celli Klang - soll'n mir erhalten bleiben. Noch eine Weile.

Ich bitte Dich, lass uns nicht zweifeln, nichts verteufeln. Nur keine Eile. Lass uns nicht fluchen, nur hoffend weiter suchen, Hand in Hand, nach einem hellen Land, nach jenem Stein der Weisen. Wohl ahnend, dass es ihn nicht gibt. Nennt man’s nicht Leben – wenn man liebt?

Interne Verweise

Kommentare

07. Okt 2018

Im Text steckt schon des Lebens Hauch!
(Und in dem schönen Schmuckstück auch ...)

LG Axel

07. Okt 2018

Das Armband aus dem dunklen Haar
stammt von der Ahnin, wirklich wahr …

LG und Dank an Axel - Marie

07. Okt 2018

Ja, liebe Marie, das nennt man wohl Leben,
damit Du mir grad und soeben
einen wahren Genuss geschenkt hast:
Poetry Slam: unangepasst und selbstverfasst,
kaum zu überbieten, weils besser nicht geht:
so gut, so voller Leben und äußerst beredt.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
Annelie

07. Okt 2018

Fragen des Lebens, es gibt sie zu Hauf’,
sinnieren darüber hört nimmermehr auf …

Danke für Dein gewitztes Eingehen auf meinen kleinen „Lebensslam“ –
und herzliche Sonntagsgrüße zu Dir zurück, liebe Annelie

07. Okt 2018

Jaaa, liebe Marie, man nennt es so, und es ist Leben, das diese Bezeichnung dann auch verdient.
Lebensgruß von
Uwe

08. Okt 2018

Ich danke - und grüße sehr lebendig zurück.

Marie

08. Okt 2018

„Nennt man’s nicht Leben – wenn man liebt?“ … oder Liebe – wenn man lebt?
Deine innigen Zeilen strahlen Wärme aus, liebe Marie…

Sonnige Grüße zu dir
Soléa

08. Okt 2018

Auch Deine Antwort - strahlt Wärme aus, liebe Soléa, danke dafür.

Marie