Der Dom

Bild zeigt Corinna Herntier
von Corinna Herntier

Da wacht er stolz am Inselrand,
der Backstein-Dom, im Morgengrauen,
als erste Söldner ihn schon schauen
- und sie sind nicht aufs Beten aus!
Die Eichentür in fester Wand,
sie hebeln, reißen und zerbrechen!
So kann der Herzog sich fein rächen:
Man plündert dieses Gotteshaus!

Volrad von Mansfeld spornt sie an:
„Holt mir hervor, was kostbar scheint!
Tragt Schweres umsichtig – vereint!
Schaut gut in alle Ecken!
Und jeder nehme, was er kann!“
Wie düster ist doch seine Seele!
Er ward geholt, erteilt Befehle,
und kennt nicht Scheu noch Schrecken!

Der Herzog zürnt den Domherren sehr!
Die wollten Magnus nicht, den Sohn,
als Bischof wählen auf den Thron
des Bistums! Daher: Rache!
Von Mansfeld hat ein Söldnerheer,
mit ihm bestraft der Herzog heut
die Ratzeburger frommen Leut!
Gerecht wähnt er die Sache!

Doch Volrad gibt sich nicht zufrieden!
Die Gier treibt ihn zu ärgster List:
Er geht nicht, als er fertig ist,
oh, nein - er fordert Bistums-Geld!
Dazu hat er sich jetzt entschieden.
„Den Dom ich länger noch belager‘,
des Herzogs Lohn ist mir zu mager!
Ich scher mich nicht um Gott, noch Welt!

4000 Taler gebt, Domherren!
Sonst stecken wir den Bau in Brand,
ihr habt es selber in der Hand …
Drum zahlt - soll er euch bleiben.“
Den Worten können sie sich nicht sperren,
jedoch – an Talern fehlt es hier!
„Von Mansfeld! Deine große Gier
wird uns ins Unglück treiben!

Soviel des Geldes haben wir nicht!“
Ein hämisch Schulterzucken nur.
„Erwartet in mir nicht die Spur
von Einsicht oder Güte.“
Die Domherren ahnen, wer so spricht,
der lässt die Mauern glühen!
Der lässt die Funken sprühen!
Den freut solch Flammen-Gewüte!

Volrad von Mansfeld gibt noch Frist.
Acht Wochen Zeit, Geld zu besorgen,
sie sollen es sich schnellstens borgen.
Inzwischen murrt sein Söldner-Heer,
das trocken Brot und Fisch nur isst.
Nur ihren Lohn und dann zurück!
Denn Ratzeburg bringt ihnen kein Glück!
Das Warten fällt so schwer.

„Behandelt mich, wie einen Gast!
Sonst lernt der Dom schon morgen kennen
den Zunder und das Öl zum Brennen
Das wollt ihr wohl vermeiden?“
Oh, welch ein Hohn und welche Last!
Die Domherren suchen, bitten, fragen.
Wer gibt das Geld? Wer kann es sagen?
Wer hilft verhindern Leiden?

Nach Lübeck führt ihr Bittgang sie,
zu leihen das Geld in einem Stück
vom Ratsherrn Nikolaus Bardewik.
„Lasst unseren Dom uns, Herr, verschonen!“
„Die Rückzahlung … die plant ihr - wie?“
Des reichen Bürgermeisters Hand
will Teil vom Stiftbesitz als Pfand
denn Geldverleih muss sich stets lohnen …

Und endlich setzt man rot das Siegel.
Die Taler füllen den Kasten. Schweigen.
Sie sind nun des Erpressers Eigen.
Den Söldnerführer freut es!
Er kommt nicht hinter Schloss und Riegel,
ganz unbehelligt zieht er ab
mit seinem Heer, das müd‘ und schlapp.
Hat jemals er bereut es?

Über das Bistum Ratzeburg, (1060/1154 bis 1554):

Während das Bistum als geistlicher Aufsichtsbezirk in der Reformation unterging, blieb das Hochstift zunächst erhalten. Nach dem Tod des Bischofs Georg von Blumenthal 1550 versuchte Herzog Franz I. von Sachsen-Lauenburg vergeblich, seinen neunjährigen Sohn Magnus zum Bischof wählen zu lassen, gewählt wurde jedoch Christoph von der Schulenburg. Darauf- hin rief der Herzog den Söldnerführer Volrad von Mansfeld mit seinen Truppen ins Land, die am 23. Mai 1552 den Ratzeburger Dom plünderten. Mansfeld blieb zwei Monate; gegen eine Zahlung von 4000 Taler brannte er den Dom nicht nieder. Das Geld liehen die Domherren sich bei Nikolaus Bardewik, dem Bürgermeister von Lübeck, und verpfändeten dafür einen Teil des Stiftsbesitzes.
(Quelle: Wikipedia)

Gedichtform: