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Weise einen Altar errichtet. Seine vorgetragene Innovation bestand jedoch darin, dank einer Art wundersamen Brei dauerhaft Steine miteinander verbinden zu können. Da alle wichtigen Entscheidungen von dem Stammesoberhaupt gefällt wurden, bekam Kushiba jetzt den Auftrag bei ihm vorstellig zu werden und dann entsprechende Überzeugungsarbeit zu leisten.
Am nächsten Tag sammelte sie heimlich alle Zutaten zusammen, rührte den wundersamen Brei an und suchte den Obersten ihres Stammes auf. Dieser sah erst überhaupt nicht ein ihr Audienz zu gewähren, wurde dann aber neugierig auf das Mitbringsel.
„Ich hatte heute Nacht einen sonderbaren Traum. Ein Fremder zeigte mir wie man diesen Brei namens Zement hier anrührt und damit Steine aufeinander klebt. Er wies mich an, auf diese Art und Weise Häuser zu bauen, damit wir nicht wieder so schnell von unseren Feinden geschädigt werden können.“
Skeptisch schaute das Stammesoberhaupt zu wie Kushiba zwei Steine mithilfe des sonderbaren Breis zusammenklebte und diese daran anschließend in die Sonne zum Trocknen legte. Bereits nach kurzer Zeit hatte das Ganze eine gewisse Stabilität.
„Das müssen dir die Götter persönlich offenbart haben. Ich werde mich mit den Ältesten beraten und möchte dich deshalb bitten, bis dahin mit niemanden über dieses Wundermittel zu reden.“
Sie versprach es ihrem Gegenüber und ging dann der täglichen Hausarbeit nach.
In dieser Nacht war Kushiba deutlich müder als bei ihren vergangenen heimlichen Ausflügen zum göttlichen Baum. Durch Zufall wurde sie dieses Mal beim Aufbrechen von dem Stammesoberhaupt aus sicherer Distanz beobachtet. Der Mann begann daraufhin neugierig zu werden und beschloss unauffällig die Verfolgung aufzunehmen …
„Was machst du denn hier zu dieser Zeit? Ich werde wohl mal ein ernstes Wort mit deiner Sippe wechseln müssen!“
Kushiba wusste nicht wie ihr geschah und schaute hilfesuchend auf die heiligen Stätte.
„Bitte, geh schnell wieder zurück, denn dieser Ort ist …“
Erst jetzt bemerkte er den Altar und noch bevor eine Antwort von seinem Mund ausgehen konnte, begann der Baum vor ihm zu leuchten. Es konnte sich hier wohl nur um einen Dämon handeln, denn die Götter würden sich, wenn überhaupt, nur Menschen wie ihm offenbaren und erst recht nicht einer einfachen Person aus dem Volk, die darüber hinaus auch noch eine Frau war. Beim Näherkommen verlor das Stammesoberhaupt sichtlich benommen sein Gleichgewicht, stolperte und fiel unglücklich zu Boden. Dadurch schlug er sich den Kopf von der Stirn bis zum Kinn auf. Kushiba eilte herbei und versuchte zu helfen.
„Thor, was soll ich denn jetzt tun!!! Thor, er regt sich nicht mehr!!!“
Dieses Spiel machte ihm mittlerweile richtig viel Spaß. Spürbar gerne hatte er so langsam die Rolle des Gottes Thor verinnerlicht und plante jetzt jene pseudorückständige Gesellschaft Schritt für Schritt zu modernisieren. Das Errichten von Gebäuden aus Stein sollte hier erst der bescheidene Anfang sein. Wahnsinn wie gut Kushiba schauspielerte und jetzt kam da auch noch unerwartet ein weiterer Darsteller ins Bild …
Der Sturz wirkte nicht nur authentisch, auch die Details hatten es in sich. Nur, wie war es eigentlich möglich, diesem Mann auf die Schnelle eine derart echt aussehende Wunde zu schminken, die dann auch noch gut sichtbar über sein gesamtes Gesicht reichte?
Kushiba flehte ihn förmlich an Hilfe zu leisten und ihre Gesten hatten dabei etwas Panisches. Schien der Sturz vielleicht doch nicht geplant gewesen zu sein? Allem Anschein nach waren keine weiteren Rollenspieler oder andere Personen in der Nähe, die in dieser Situation hätten helfen können.
„Hallo Regie, könnt ihr jetzt mal endlich dieses Spiel unterbrechen und den Mann verarzten!?!“
Es folgte keinerlei Reaktion und Thorben wurde daraufhin immer wütender. Alle seine Versuche mit der Regie Kontakt aufzunehmen und parallel dazu Kushiba zu beruhigen misslangen. Schließlich schlug seine Wut in Angst um und er bekam kein Wort mehr über die Lippen. Dieses „Spiel“ wurde anscheinend immer perverser. Die Darsteller sollten wohl aus ihren Rollen heraus die Situation eigenständig bewältigen. Eine Spielunterbrechung, geschweige denn ein Spielabbruch, war im Regelwerk anscheinend nicht vorgesehen. Es ging mutmaßlich um Geld, viel Geld. Tränen flossen an seinen Wangen entlang und Thorben starrte auf die Anzeige des Displays. Ähnlich, wie eine Schlange den Eingang eines Kaninchenbaus fixiert.
Der Raum schien ausschließlich aus Monitoren, Knöpfen und Reglern zu bestehen. Zwei Personen saßen nebeneinander und schauten fassungslos auf das Geschehen vor ihnen. Über den beiden Köpfen befand sich jeweils ein leuchtendes Hologramm mit einer Art Code.
„R18-IIOOI, jetzt hör endlich auf zu träumen. Los, das Experiment droht aus den Fugen zu geraten. Beam sofort das Handy des Jungen und unser Gerät aus dem Baum zurück in die Zentrale! Auch wenn die ganze Arbeit umsonst war, aber wir werden wohl letztendlich neue Protagonisten auswählen müssen …“
R18-IIOOI quittierte die Worte von Q95-IOIOI mit einem zustimmenden Nicken.
„Der arme Junge schien sich doch so gut zu entwickeln. Noch ein paar Wochen und er wäre bestimmt kein Außenseiter mehr gewesen … und dann hätte Thorben mal so nebenbei, dank uns, die Geschichte der Menschheit verändert … Das Unglück mit dem Stammesoberhaupt durfte einfach nicht passieren. Wir haben es so richtig vergeigt …“
Hastig drückte er scheinbar gezielt ausgewählte Knöpfe in einer vorgegebenen Reihenfolge und trieb somit den Energieverbrauch der Anlage bis zum Äußersten.
Ein eisiges Etwas bohrte sich unangekündigt durch ihr Herz und lähmte von dort ausgehend Zentimeter um Zentimeter den gesamten Körper. Das auf dem Boden liegende Stammesoberhaupt, der leuchtende Baum, die funkelnden Sterne … all dies entzog sich jetzt ihrer Wahrnehmung. Erst recht die folgende Szenerie …
Vom nächtlichen Himmel ausgehend, erfasste ein extrem starker Blitz Kushibas Körper und zog ihn in Bruchteilen von Sekunden durch eine schlitzartige Öffnung am Firmament hinfort.
Gerade als Kushiba aus unerklärlichen Gründen erstarrte, fiel Thorben das Handy aus der Hand. Als er sich bücken wollte, wurde sein Körper von einem Lichtstrahl erfasst und mutmaßlich in Luft aufgelöst. Als stummer Zeuge hatte sich der Wandspiegel am Ort des Geschehens das Ereignis reflektierend mit ansehen müssen.
Langsam öffnete er die Augen und schaute sich um. Dieser Raum war äußerst seltsam, denn es gab weder Einrichtungsgegenstände noch Wandschmuck. Keine Fenster, keine Türen. Das Licht fiel von der Decke kommend ein, ohne dass die entsprechende Quelle auch nur andeutungsweise sichtbar gewesen wäre.
„Was ist geschehen?“
Thorben wollte sich doch nur kurz nach dem heruntergefallenen Handy bücken und dann …
Ihm wurde warm, sehr warm.