Ob Angst ein guter Ratgeber ist?
OK, sie warnt uns vor Gefahren.
Schlimm nur, wenn man dabei vergisst,
sich Urteilsfähigkeit zu bewahren.
Ein jeder, der in Panik versucht,
Abstand zwischen sich und Bedroher zu bringen,
der ist im Sprachgebrauch "auf der Flucht",
- nur wird ihm das bei Angst nicht gelingen.
Wir sind "zuhause" in unserem Land,
wohin sollten WIR denn noch flüchten?
"Unsere Erde" war zu oft schon verbrannt,
wir waren vernichtet - und wollten vernichten.
Jetzt sehen wir eine Bedrohung in allem,
das unsere Sattheit gefährden könnte,
denn gut hat uns die Idee gefallen,
es dauere nicht nur ein paar Jahrzehnte.
>Siebzig Jahre Frieden!< haben wir stolz verkündet
und uns befriedigt zurückgelehnt.
Nach dem Krieg haben wir uns neu gegründet
und niemals uns nach ihm zurückgesehnt.
Doch nun stürzt uns hier von allen Seiten
aus fernen Ländern die Bedrohung herein,
uns scheint die Kontrolle zu entgleiten,
auch Politiker scheinen keine Hilfe zu sein.
Also klappen wir die Scheuklappen aus
und entwickeln einen Tunnelblick:
>Schickt doch die anderen alle nach Haus,
in ihr eigenes kaputtes Leben zurück!<
Es ist gut, die Augen nicht zu verschließen,
immer neu zu schauen und wachsam zu sein,
aber lasst doch nicht alle anderen büßen
für jene Infizierten mit dem Terrorkeim.
Wenn die Angst uns hilft, genau hinzusehen,
wem wir unser Obdach gewähren,
soll Hand in Hand der Verstand mit ihr gehen
und helfen, die Gräben zu überqueren.
Wir leben nun mal nicht auf einer Insel,
trotz der Bootsflüchtlinge rings um uns her,
wer sich darauf beruft, ist ein Einfaltspinsel,
sieht vor lauter Wald die Bäume nicht mehr.
Die Bedrohung ist da, das ist nicht zu leugnen,
doch hat Überreagieren je was genützt?
Was unterm Strich bleibt, wird die Zukunft zeigen,
die aber gehört dem, der die Ruhe besitzt.
Alles andere spielt nur in die Hände
denen, die es darauf angelegt.
Unsere Welt ist hier noch nicht zu Ende,
darum handeln wir - bloß nicht unüberlegt ...
noé/2016