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liebe als ich die Frauen verabscheue, glaube ich nur an letzteren meinen wilden Trieb kühlen zu dürfen; doch wenn Sie dies, meine Herren, ergötzt, steht es Ihnen vollkommen frei.« »Das würde mich unendlich erregen,« sagte Bressac, »schon seit einer Stunde spaziert mein Glied im Hintern eines ihrer Lustknaben, dem ich alles erdenkliche Böse antun möchte.« »Mit diesen Worten drückte Bressac dermaßen die Hoden des erst vierzehnjährigen Knaben, daß dieser schreckliche Schreie ausstieß und Tränen vergoß.« »Ueberlassen Sie mir diesen,« sagte D'Esterval, indem er sich Bressac näherte und das Gleiche tat. »Sie haben ihrer so viele, daß es auf einen mehr oder weniger gar nicht ankommt.« »Und was wollen Sie mit ihm tun?« fragte Gernande. »Opfern, ohne Zweifel,« erwiderte Bressac. »Eine recht grausame Szene, wenn Sie wollen,« sagte D'Esterval. »Gut,« meinte Dorothea, »doch müssen Justine und die Gräfin bei dem Opfer unbedingt als Priesterinnen fungieren.« »So bin ich's zufrieden,« entgegnete Herr de Gernande, »wäre aber das nicht eine kleine Marter für meine Frau, ich weiß nicht, ob sie mich dann so gefällig finden würden. Vorwärts, wir brauchen bloß zu ihr hinüber zu gehen.« »Ach Herr,« sagte die weiche Justine, »denken Sie doch[327] an den Zustand der Gräfin.« »Ich gedenke,« sagte Gernande, ihr eine kräftige Ohrfeige versetzend, »dich in den gleichen Zustand zu versetzen, wenn du dich unterstehst zu räsonnieren. Lerne, du prüde Törin,« fuhr der Büffel fort, »daß ich dir erlaube, meine Gedanken zu überbieten, wenn es deine Fantasie erlaubt, daß ich dir aber bei Todesstrafe verbiete, sie jemals abzuschwächen.« »Fliegen wir zu Ihrer Frau, Oheim,« sagte Bressac, »schauen sie mal, ich will das Opfer auf meinen Penis aufgespießt zu ihr bringen.« Der Lüstling beließ tatsächlich sein Glied im Hintern des Jungen und brachte ihn, ohne auch nur einen Moment zu erschlaffen, in das Zimmer seiner Tante, die, weit entfernt, an eine Verlängerung ihrer Qualen zu denken, sich, als die Ruchlosen ankamen, durch einen süßen Schlummer erquickte.
Hüllen wir einen Schleier über diese neuen Orgien, es bleiben uns nur noch zu viele Ruchlosigkeiten zu schildern; der Akt war überaus blutig; Madame de Gernande und Justine mußten den Spielball abgeben; der hübsche kleine Lustknabe starb nach Verlauf von vier Stunden, nachdem er sein ganzes Blut verloren hatte.27
»Wo bin ich,« sagte sich schließlich Justine nach Verlauf einiger Wochen; »welchen Dienst hat mir Bressac erwiesen, als er mich in dieses Haus brachte? Das Scheusal! Er wußte wohl, daß er mein Unglück bewirkte, sonst hätte er sich nicht um mich gekümmert.« So beständig von den Gewissensbissen, im Verbrechen leben zu müssen und der Verzweiflung, ihre Herrin nicht retten zu können, gemartert, siechte das arme Mädchen dahin, erschöpfte ihren Geist im Plänemachen und konnte keine ersinnen, die sie beide so einem Unglück und Leid hätten entziehen können.
»O Justine! du wirst noch neue Persönlichkeiten im Schloß einziehen sehen,« sagte ihr eines Tages Frau de Gernande, die endlich einsah, daß das arme Mädchen vertrauenswürdig war. »Wen den?« »Herrn de Verneuil, einen anderen Onkel deines Quälgeistes Bressac, einen Bruder meines Gatten; er kommt regelmäßig zweimal des Jahres mit Frau, Sohn und Tochter her.« »Umso besser,« meinte Justine, »sie werden wenigstens in dieser Zeit Ruhe haben.« »Ruhe? Ach Liebe, ich werde noch tausendmal mehr gequält werden. Diese zwei Reisen bedeuten für mich nur Qualen und Unglück; meine Leiden verdoppeln sich, ein auf's Rad Geflochtener erduldet dann nicht so viel[328] wie ich. Höre Justine, ich will dir entsetzliche Geheimnisse enthüllen, die dich werden erbeben machen.
Herr de Verneuil, meine Liebe, ist noch wüster und ausschweifender, noch verbrecherischer und grausamer als sein Bruder; er ist eine rasende Bestie; die außer ihren Leidenschaften nichts kennt und die – wie ich glaube – die ganze Welt opfern würde, wenn sie das ihren ruchlosen Genüssen dienlich hielte. Verneuil ist jünger wie mein Mann, er zählt fünfundvierzig Jahre, er ist nicht so dick, aber sehniger, viel stärker und hat ein viel abschreckenderes Antlitz, er ist ein Satyr, ja Justine, ein Satyr in jeder Hinsicht. Das Gewisse ist an ihm gigantisch; es scheint, die Natur wollte ihn für das entschädigen, was sie seinem Bruder entzogen hat; dazu ist er unermüdlich, dieser Frevler vermöchte zehn Frauen zu zerreißen. Seine zweiunddreißig Jahre zählende Gattin ist eines der denkbar schönsten Wesen; sie besitzt kastanienbraune Haare, ihre leichte, schmiegsame Taille ist vergleichbar der der Venus; ihre seelen- und gefühlvollen Augen haben einen Ausdruck ohnegleichen; ihr Mund ist vollendet schön, ihr Fleisch fest, voll und bewundernswert weiß; ihre ganze Person ist ein Muster von Anmut und Feinheit; aber gewiß besitzt sie eine robuste Natur, daß sie seit achtzehn Jahren den bizarren und ausschweifenden Launen standhält, deren Opfer sie tagtäglich ist.« – »Ist es möglich, daß es ein barbarischeres Wesen auf Erden gibt als Herrn de Gernande?« – »Du wirst selbst urteilen, Justine; ich möchte, daß du den ganzen Schrecken der Ueberraschung erlebst; lasse mich die Personen, die wir erwarten, weiter schildern: Viktor, der Sohn des Herrn de Verneuil, zählt sechzehn Jahre; er ist das Abbild seiner Mutter; es gibt nichts hübscheres, frischeres, feineres und zierlicheres; nur eine Person wetteifert mit ihm an Schönheit, seine Schwester Cecilie, die etwa vierzehn Jahre alt ist; man könnte sagen, daß die Götter selbst sie bilden wollten, um den Menschen einen möglichst großen Begriff ihrer Macht zu geben; eine niedliche Gestalt, zugleich süße und belebte Gesichtszüge, wundervolle Haare, die schönsten Zähne; sie könnt neben ihrer Mutter für das schönste Wesen auf Erden gelten. Nun, Justine, diese Frau und ihre beiden schönen Kinder sind tagtäglich die Opfer der Grausamkeit dieses Scheusals; Viktor vielleicht weniger, weil das Gift des Beispiels und der Verführung sein Herz nur allzusehr verdorben hat.« – »O Himmel! Sie machen mich erbeben ... ein Vater, der seine Kinder verdirbt! Ach, darf ich über diese Gräuel staunen, die ich so lange darin gelebt habe.« – »Ach, das dürfte alles von dir Gesehene in den Hintergrund drängen,« sagte Frau de Gernande. »Dieser Frevler begnügt sich nicht[329] mit der Blutschande, mit der er sein Familienleben befleckt; ganz andere Frevel.« – »Was tut er denn?« – »Die schönsten Personen beider Geschlechter werden sorgsam aus den reichsten und vornehmsten Klassen ausgesucht und