Stromausfall - Page 21

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hört er aus der Diele rufen.

Mit vier Vorhangschals in der Hand und seine Pistole im Hosengürtel trifft er seine Partnerin, die ihren Fuß nur noch leicht auf das Gesicht des Einbrechers drückt.
„Er ist ein Hoteldieb.“
Sie greifen ihm unter die Arme und stellen ihn auf die Füße.
Die Agentin drückt mit ihrer linken Hand den Kopf des Mannes nach unten und Mike fesselt seine Hände auf dem Rücken. Dann klopft er ihn ab. Er hat keine Waffe bei sich und auch keine Papiere.
Mit nach unten gedrücktem Kopf und den Armen auf den Rücken gefesselt, wird er zum Esstisch geführt.
Gamma setzt ihn auf einem Stuhl, mit der Rückenlehne zum Tisch. Der Mann soll sich ungeschützt vorkommen.

„Wie ist Ihr Name?“ fragt Mike mit seiner kräftigen Bassstimme.
Der Gefragte antwortet nicht.
„Ich habe noch nichts gehört.“ sagt Mike zu ihm.
Aber eine Antwort erhielt er immer noch nicht.
„Wenn Sie glauben, Sie können mit uns hier Krimi spielen, dann haben Sie sich gewaltig geirrt. Sie sind hier in einen echten Krimi rein geraten. Und da geht es nicht so lustig zu wie im TV. Also, wie ist ihr Name?“
Wahrscheinlich wurde ihm bewusst, dass er professionell festgenommen ist und sieht die Pistole im Gürtel von Mike.

„Ich bin Dolschak.“

„Sie können also doch sprechen. Und was wollten Sie an der Tür?“

„Ich habe es gesagt. Ich wollte in die Suite und nach Wertsachen suchen.“

„Also ein Hoteldieb. Wer steckt hinter Ihnen?“
Der Dieb antwortet nicht sofort.

Die Agentin kommt und stößt Mike sanft zur Seite.
„Dolschak! Wer steht hinter dir?“ spricht sie ihn laut an.
„Dolschak! Deine Wangen sind noch rot. Erinnerst du dich warum sie so rot sind?“
Dolschak nickt.
„Wenn du nicht antwortest, muss ich mich wieder abstützen.“

Dolschak sagt nichts. Er guckt seitlich an Gamma vorbei in den Raum.

Mike, der sich inzwischen im Schlafzimmer mit dem Tablett beschäftigt hört ein Rumpeln und ein Stöhnen.

Dolschek liegt seitlich auf dem Boden und Gamma hat ihren rechten Fuß auf seiner Wange abgestellt.

Mike verschlägt es die Sprache. Die ist so knallhart und cool. Merda! Die Frau fasziniert mich immer mehr.

„Ich habe keine Hintermänner. Ich arbeite alleine. Dem Hausdetektiv muss ich einen Teil meiner Sachen abgeben.“

„Okay. Und wieso unsere Suite?“

Den Schuh hat er nicht mehr auf seiner Wange.
„Es war ruhig und Suiten sind immer gute Objekte. Allerdings zu selten bewohnt. Also musste ich die Gelegenheit nutzen.“

„Okay“, sagt Gamma, womit ihr Verhör beendet ist.

„Beta, was machen wir mit ihm?“

Der Einbrecher liegt zittern auf dem Boden. Inzwischen ist ihm völlig bewusst, dass es kein Film, sondern wahre Agentenrealität ist.

„Fesseln, Knebeln und ab in den Schrank. Morgen wird ihn einer finden. Dann muss er sich einen guten Grund überlegen.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: „wenn er Glück hat, findet ihn der Hausdetektiv.“

Gamma nimmt eine saubere Stoffserviette vom Beistelltisch und steckt sie ihm in den Mund. Mit einem der Vorhangschals knebelt sie ihn. Mit einem anderen Stück Vorhang fesselt sie seine Beine. „Helfe mir den Burschen in den Schrank zu bringen.“

Beta schleift den Hoteldieb ins Schlafzimmer und setzen ihn auf Boden in einen der großen Schränke.

„Wenn du ein Geräusch von dir gibst, solange wir in der Suite sind, dann werden wir dich unbequemer fesseln. Denke immer daran. Bisher meinten wir es gut mit dir“, sagt Gamma zu ihm und schließt die Schranktüren.

Beide sitze gegenüber der Schrankwand nebeneinander auf dem hellblauen Bett.

„Den Fuß auf das Gesicht eines Überwältigten zu stellen ist nicht die sauberste Art“, bemerkt Beta. Es soll beiläufig klingen.

„Na und. Wir sind nicht im Auftrag einer Behörde oder eines Rechtsstaats im Einsatz. Hier gelten keine Regeln. Wir halten uns an keine Regeln und uns gegenüber hält sich auch keiner an Regeln. Die mich mit dem dünnen Seil an die Kufe eines Hub gebunden hatten, hatten sich auch nicht an die Vorschriften im Luftverkehr gehalten.“ Gamma spricht so ruhig, als würde sie aus einem Kinofilm erzählen und nicht ihr eigenes, eigentlich tot sicheres Erlebnis bei einem missglückten Einsatz. Nur ihrer Gefühlslosigkeit sich selber und anderen gegenüber war es zu verdanken, dass sie den Flug überlebte und bei einer Zwischenlandung den überforderten Piloten niederschlagen konnte. Sie ersparte es ihm, das gleiche Schicksal zu erleben, das für sie vorgesehen war.

„Okay.“ Mehr fällt Beta dazu nicht ein, denn auch ihm kommen Erlebnisse in den Sinn, bei denen seine Gegner keine Regeln kannten.
Ein, zwei Minuten spricht niemand ein Wort.

23.00 Uhr
„In einer Stunde ist alles vorbei. Wir können wirklich nichts mehr tun. Wir sollten die Regeln außer Kraft setzen.“

„Wie? Was meinst du mit außer Kraft setzen?“, fragt Beta erstaunt.

„Zum Beispiel die Regel, dass man im Dienst ist, bis alles erledigt ist oder, dass man keine persönlichen Beziehungen untereinander aufbauen sollte.“

„Mit anderen Worten: du willst mich wieder Mistkerl nennen.“

„Ich bin ja nicht nur hier, um eventuell einen Fehler zu beheben.“
„Peter hat dich hierher geschickt, um bereit zu stehen, falls etwas daneben gegangen wäre und, um mit dem Hubschrauber schnell einen Ort anfliegen zu können.“

„Das war Peters Anweisung. Ich bin aber auch hier, um Rache zu üben. Rache ohne Regeln. Nachdem der Auftrag erledigt ist. Und das ist er jetzt für uns.“

„Du spinnst!“ Beta ist mit seinen Gedanken in einer anderen Welt. Was kann ich bei Überwältigungen für mich erleichtern? Lucia hat es drauf, wahrscheinlich ohne sich darüber den Kopf zerbrochen zu haben. Den Fuß auf das Gesicht zu stellen ist deutlich weniger anstrengend, als sich auf den Rücken des Gegners zu setzen; und mindestens genau so effektiv.
„Lu.“ Beta verschluckte den Rest. „Wie hättest du den Hoteldieb gefesselt, wenn ich nicht da gewesen wäre?“ Noch immer sitzen sie auf der Bettkante. Die Piloten begutachtet ihre Fingernägel. Der Agent lässt seine Augen auf den Schrank gerichtet.

„So wie ich dich gleich fessel.“

„Das war eine ernstgemeinte Frage. Deine Idee ihm den Fuß aufs Gesicht zu stellen hat was, aber wie weiter?“

„Ich hätte ihn wahrscheinlich gebeten, sich seine Hose auszuziehen. Also so weit runter zu ziehen, wie er mit den Armen gekommen wäre. Mit dem Schuh in seinem Gesicht hätte ich die absolute Kontrolle über ihn.“

Beta schüttelt ungläubig den Kopf. „Du bist echt Knallhart. Und die Arme?“

„Ich hätte ihn in sein Haar

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