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Presse
gelobt werden, so der Anschein. Über die Inhalte der Demonstrationen wurde
praktisch nichts berichtet. In Fotostrecken wurden nach meinem Empfinden
möglichst bizarre Schnappschüsse präsentiert, um die Demonstrationen in ein
seltsames Licht zu rücken.
Wenn Krieg zur Normalität wird
Die „Lockerungspolitik“ nahm langsam Gestalt an. Etwa im Wochenrhythmus wurden
nun Änderungen vorgenommen. Frisöre durften wieder öffnen. Das Verfahren sich
die Haare frisieren zu lassen musste jedoch C-gerecht angepasst werden.
Mundschutz auf beiden Seiten durfte nicht fehlen. Und die Haare mussten
zwingend gewaschen werden, da das RKI über Viren in Haaren fabulierte. Die
Gastronomie „zum hier Essen“ durfte langsam wieder anlaufen. Erst nur im
Außenbereich und eine Woche später auch im Innenbereich. Bizarre Prozeduren
mit dem Mundschutz waren zu beobachten. Da man mit Mundschutz nicht essen
konnte, konnte eine durchgehende Pflicht, ihn im Restaurant zu tragen, nicht
erlassen werden. Doch man sollte am besten mundgeschützt an seinen Platz
gehen, seine Bestellung aufgeben und erst zur Nahrungsaufnahme den Schutz
aufgeben. Außerdem sollte man selbst zum Trinken einer Tasse Kaffee nun in
der Gastronomie ein Formular zur „Kontaktdokumentation“ ausfüllen, auf welchem
Name und Telefonnummer verzeichnet werden mussten. Stifte zum Ausfüllen kamen
bei den Profis natürlich immer frisch aus der Desinfektion. Für den Fall, dass
die die Seuche aufgrund zu freizügiger Gastronomiebesuche wieder aufflammt,
wollten die Gesundheitsämter auf diese Weise die Infektionsketten
nachvollziehen können.
Eines Abends fiel mir auf dem Heimweg vom Geisterbüro auf dem Gehweg eine
gestürzte Person auf, der ich zu Hilfe kam. Es war eine etwa Achtzigjährige
Oma, die unglücklich auf das Gesicht gefallen war und deren Zähne bluteten.
Die tapfere Frau klagte jedoch nicht. Ich blieb einige Minuten bei ihr, bis
sie sich wieder gefangen hatte und um festzustellen, ob sie alleine weiter
nach Hause gehen konnte. Streng genommen hätte ich mich der hilfsbedürftige
Person unter dem geltenden Regelwerk gar nicht ohne weiteres nähern dürfen.
Sie bedankte sich jedoch und ich gab ihr noch den Tipp mit auf den Weg, bis
zum nächsten Tag abzuwarten, um dann eine Schadensaufnahme zu machen und
gegebenenfalls zum Zahnarzt zu gehen. „Ach zum Zahnarzt. Da soll man doch
jetzt gar nicht hin!“ war ihre Reaktion. Auch in der Politik merkte der Herr
Bundesgesundheitsminister plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Die Menschen
trauten sich nicht mehr zu den Ärzten und ins Krankenhaus. Deshalb wurde nun
der Aufruf gestartet, dass sich niemand scheuen sollte einen Arzt aufzusuchen.
Da laut einer Untersuchung auf jeden Arzt in Deutschland ein Toter durch
Kunstfehler zu beklagen ist, war dieser Verzicht auf ärztliche Behandlung im
Lande ja vielleicht nicht nur schlecht, dachte ich mir.
Allmählich steckte mancher Kollege in der Firma den Kopf vorsichtig wieder aus
seinem Bau heraus. Einer überraschte mich mit seinem unangemeldeten auftauchen
im Büro, welches er gar nicht hätte betreten dürfen. Er wollte eine Tasse
Kaffee mit mir trinken und mal unter vier Augen hören, wie es so lief. Ich
bemerkte einen großen Wunsch nach sozialem Austausch an ihm. Sonst tat er sich
jedoch während der Arbeit im virtuellen Raum nicht hervor und sprach dort kein
offenes Wort. Ein anderer Kollege hatte sich mit mir zum Kaffeetrinken in der
Stadt verabredet. Von ihm hörte ich, dass er sich eigentlich gar nicht näher
mit der C-Thematik auseinandergesetzt hatte. Er wiederholte, was ich bereits
zuvor an anderen festgestellt hatte. Er hat seine ganz persönliche Rechnung
aufgemacht: Wie sehr ist mein Alltag und mein Leben beschnitten? Und das
Ergebnis war, dass es noch nicht so schlimm war. Also ließ er alles geschehen
und über sich ergehen. Richtig ernst schien er die Pandemie jedoch auch nicht
zu nehmen.
Mein Vater, der anfänglich so brav alles mitgemacht hatte, was die anderen
taten, war mittlerweile zu einem kleinen Corona-Rebellen geworden. Die Zeit
hatte offenbar an ihm gearbeitet und er rühmte sich jetzt damit, in der
Öffentlichkeit gelegentlich mit anderen Menschen zu streiten, über die er sich
wegen ihrer seltsamen Verhaltensweisen nun sogar lustig machte. Die
„Kontaktdokumentation“ in der Gastronomie lehnte er ab und mied sie daher nun
auch. Nur die Leitmedien konnte er immer noch nicht sein lassen. Er wusste
immer, was der Faschingsprinz von Bayern gerade verkündet hatte, was die
Gesundheitskanzlerin meinte, ja sogar, was der US-Präsident wieder von sich
gegeben hatte.
Erst nach über zwei Monaten bemerkte ich plötzlich etwas Empörung bei meinen
Eltern. Hatten sie wirklich so lange im Gesundheitsschlaf geträumt, dass die
NN draußen im Lande an ihnen vorbei gegangen war? Erst beim Besuch einer
Nachbarstadt scheint ihnen aufgefallen zu sein, dass völlig sinnlose Verfahren
das Alltagsleben der Menschen beherrschten. Die Unsinnigkeiten der Handlungen
Einzelner war lang. Da gab es Menschen mit Mundschutz auf dem Fahrrad;
Menschen die sich nicht zu zweit in den Supermarkt wagten, da es sich nicht
gehörte; Menschen mit Mundschutz hinter dem Steuer ihres Wagens; arme
Grundschüler mit Mundschutz auf dem Weg in die Schule. Die Spielplätze waren
wieder geöffnet. Die Sperrbänder entfernt. Dafür wurden die Regelschilder
aufgestellt: Mindestens 1,5 Meter Abstand zu anderen einhalten. Am Spielplatz.
Das war ein ganz besonderer Ausweis der Realitätsferne der Verordner. Auch der
Straßenverkehr hatte wieder zugenommen. Vielleicht sogar auf ein höheres
Niveau als zuvor, da die öffentlichen Verkehrsmittel nach wie vor verpönt
waren. Die kleinen Vorteile der „Krise“ drohten sich schon wieder zu
verflüchtigen. Aus Rostock wurde von einer Schule berichtet, in der Kinder,
die aktuell „negativ“ getestet worden waren, Privilegien erhalten wie, dass
sie keinen Mundschutz tragen mussten. An Stränden der wiedereröffneten
Nordseeinseln wurden die Menschen gezählt und ab einer Obergrenze keine Leute
mehr zugelassen.
In den Vereinigten Staaten hatte man derweil überraschend ein neues
Dauerbrennerthema als Zwischenspiel eingelegt: Ein ungerechtfertigter Mord
eines Polizisten an einem schwarzen Mitbürger führte zu landesweiten
Aufständen gegen Rassismus. Auch in Deutschland fanden sich die Menschen
zusammen, um gegen Rassismus einzustehen. Interessanterweise waren hier viele
junge Leute anzutreffen, die die Menschenrechte für Minderheiten und andere
Volksgruppen auf der Welt einforderten. Für die eigenen Grundrechte im eigenen
Land hatten sie sich jedoch nicht in dieser großen Zahl angeschlossen.
Ähnlich wie bei den ersten Demonstrationen gegen Grundrechtsbeschränkungen
waren große Mengen an einem Wochenende zusammengekommen, um ein Zeichen gegen
Rassismus zu setzen. Und genauso konnten hierbei die strengen Regelungen für
die Demonstrationen nicht mehr eingehalten werden. Die Politik tadelte zwar
ein wenig, drückte aber im Nachgang größtenteils ein Auge zu, da der Zweck der
Demonstrationen ja ein gerechter und guter war. Auf den Inhalt der
Demonstrationen kam es also an! Das haben auch die Nachdenkseiten erkannt und
thematisierten die Berichterstattung über gute Demos und schlechte Demos. (->
https://www.nachdenkseiten.de/?p=61739)
Fronturlaub
Mittlerweile war der Sommer eingetroffen. Im Juni hatte ich den nächsten
Urlaub mit meinem Lebenspartner eingeplant. Das ursprüngliche Reiseziel im
Ausland war nicht zu erreichen. Zwar einigte man sich auf EU-Ebene darauf, ab
Mitte Juni wieder erste Flüge stattfinden zu lassen. Die praktische