Dunkelheit
ich, Seele
taumele
ohne Halt
durch den Raum
Eine Phalanx
weißer Gestalten
erhebt sich
eine Grenze
eine Drohung
hier geht es nicht weiter
Gesichter schweben
im Blau
Augen starren auf mich herab
ein Mund öffnet sich
verzerrter Klang
„Kammerflimmern“
Kammerflimmern. Entsetzt fahre ich in die Höhe. Mein immerwährender Angstgegner. Ich hatte ihn schon fast vergessen.
„Frau Ka, da sind sie ja wieder … was für ein Glück. Bleiben Sie bei uns … halten Sie die Augen offen … reden Sie.“
Hände zerren an meinem Körper. Die Elektroden des EKG-Gerätes saugen sich fest, es schmerzt. Schmerzt um meine Brüste herum, im Rücken, überall. Ein Katheter wird in meine Blase geschoben, der Druck im Körper lässt nach.
„Frau Ka, wie fühlen Sie sich?“
„Angst, ich habe Angst.“
„Aber wovor denn? Sie sind doch wieder bei uns. Ihr Defi* hat Ihnen das Leben gerettet. Haben Sie den Schock gespürt?“
Schock? Nein. Angst, nur Angst. Schmerzt im Herzen. Die Dunkelheit lauert am Rande des blauen Lichtkreises der Intensivstation. Sie greift nach mir, will mich fortziehen, hin zu der Phalanx der weißen Gestalten, die mich dann wieder zurückwerfen. Angst, auf ewig ohne Halt und Orientierung durch den Raum zu trudeln.
„Auu!“
Jemand rammt mir eine Nadel in die Armvene und bringt mich so zurück ins Hier und Jetzt. Die Angst ist weg, ich kann wieder atmen, drifte durch rosa Wolken. Beruhigungsmittel, Elektrolyte, Herzecho, Worte, ganz weit weg.
„Hallo Frau Ka, ich bin Frau Dr. …, wir machen eine Ultraschalluntersuchung Ihres Herzens. Bitt erschrecken sie nicht, es wird jetzt kalt.“
Wieder zieht und zerrt jemand an meinem Körper, bringt ihn offenbar in die richtige Position. Losgelöst von allem lasse es über mich ergehen. Auch die Kälte des Gels, das mir jemand auf die Haut streicht und den Druck des Ultraschallkopfes auf den oberen Rippenbogen. Die Ärztin murmelt eine Weile vor sich hin, dann:
„Frau Ka, hören Sie mich? Sie brauchen keine Angst zu haben, wir kriegen das wieder hin.“
*Mein implantierter Defibrillator/Herzschrittmacher hat, als das Kammerflimmern eintrat, einen Stromstoß abgegeben und so das Herz wieder zum Schlagen gebracht.
Kommentare
Ja, technisch kann man heut viel machen -
Doch gibt es da noch andre Sachen ...
LG Axel
Diese Angst ist kaum zu bewältigen - ich bin sprachlos; was sind dagegen Zipperlein, die so mancher zum abendfüllenden Thema macht. Susanna, Du schaffst das! - Ich dachte in den letzten Tagen oft an Dich und wie es Dir wohl gehen mag. Du schaffst es ... Vielleicht, so hoffe ich, geht es Dir jetzt bereits viel besser.
Liebe Grüße, ich denke an Dich,
Annelie
Ich kenne die ANGST in vielen Variationen und fühle sehr mit Dir, denke ganz lieb an Dich, behalt den MUT, vertrau auf Deine (ganz sicher vorhandene) INNERE STÄRKE, liebe Susanna …
liebe Grüße - Marie
Irre Angst und ich möcht so gern sagen : irre dich Angst!
Lieben Gruß in deine Welt,
Eva
Liebe Susanna, welch eine beängstigende Erfahrung musstest Du machen. Hilflosigkeit und Panik, erleben, regelrecht dabei zusehen und doch danebenstehend. Die Medizin ist weit, das ist gut. Bleib tapfer und schöpfe wieder neuen Mut.
Allerherzlichste Grüße
Soléa
Habt Dank, Ihr Lieben, für Eure tröstenden Worte. Dieses Jahr habe ich das Gefühl, der Liebe Gott unterzieht mich und meine Familie einem Härtetest. Oder ist es meine eigene Seele, die es wissen will?
Die Angst ist unbeschreiblich. Sie verfolgt mich, seit vor ca. neun Jahren ein Herzschrittmacher seinen Dienst aufgab. Damals geriet ich zum ersten Mal "zwischen die Grenzen". Zum Glück akzeptieren die Ärzte diese Angst als einen Teil meines Krankheitsbildes und gehen entsprechend fürsorglich mit mir um. Die Ärzte in der Klinik, Hausarzt und "Hauskardiologe", sowie der Onkologe. Sollte einer meiner Docs diesen Text lesen - herzlichen Dank dafür.
Ich liebe dieses Leben, diese Welt, und ich werde alles daran setzen, noch möglichst lange hier zu bleiben.
Herzliche Grüße und einen schönen Sonntag,
Susanna
Experimentelles, Sonderfälle -
beschreibt es nicht im Mindesten
auch
Zufall und ein Haufen Glück
oder
Trost und Zuversicht
geben hoffentlich alle deine Lieben dir
so sehr...
was ich wünsche mir...
du schreibst noch ganz
viele tolle Sachen hier...
LG Yvonne
Susanna, liebe Susanna...
bin sprachlos und will es wenigstens eine Zeitlang jetzt bleiben.